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Ifo-Index: "Deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle"

25. September 2023

Das wichtige Konjunkturbarometer fällt den fünften Monat in Folge, aber der Rückgang ist minimal und der Pessimismus für die kommenden Monate nimmt leicht ab. Zentrale Belastungsfaktoren bestehen allerdings weiter.

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Deutschland Berlin | Bauarbeiter | Deutsche Wirtschaft
Bild: Monika Skolimowska/dpa/picture alliance

Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im September kaum noch verschlechtert. Das Ifo-Geschäftsklima sank zum Vormonat nur noch minimal um 0,1 Punkte auf 85,7 Zähler und damit das fünfte Mal in Folge, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Fachleute hatten mit einem stärkeren Rückgang auf 85,2 Punkte gerechnet. Die Unternehmen waren mit den laufenden Geschäften zwar unzufriedener, bewerteten ihre Aussichten allerdings weniger skeptisch als zuletzt. "Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest im Gespräch mit der DW. Es gäbe auch nicht das eine vorherrschende Problem, sondern eine Kombination aus vielen verschiedenen Ursachen für die schlechte wirtschaftliche Entwicklung.  

Ende 2022 und Anfang 2023 ist Europas größte Volkswirtschaft zwei Quartale in Folge geschrumpft, ehe sie im Frühjahr stagnierte. Auch für das laufende Gesamtjahr rechnen viele Fachleute mit einem Schrumpfen. "Das Bruttoinlandsprodukt dürfte im dritten Quartal gesunken sein", sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe mit Blick auf den Sommer. "Die Industrie kämpft mit sinkenden Aufträgen aus dem In- und Ausland, die weltweit gestiegenen Zinsen zeigen ihre Wirkung." Dies dämpfe die Nachfrage nach deutschen Waren.

Containerschiff im Hamburger Hafen, Hamburg
Einer der Gründe für die Wirtschaftsschwäche: Schwächelnde deutsche Exporte Bild: Rupert Oberhäuser/picture alliance

Dienstleistungssektor schwach, Baubranche leidet

Im Dienstleistungssektor war das Geschäftsklima zum sechsten Mal in Folge rückläufig, im Handel ging es leicht bergauf. "Dies war auf weniger pessimistische Erwartungen zurückzuführen", erklärte Fuest. Die Händler seien jedoch weniger zufrieden mit den laufenden Geschäften. "Das Sorgenkind bleibt die Bauwirtschaft", ergänzte Wohlrabe. Im Bauhauptgewerbe sei der Geschäftsklimaindikator auf den niedrigsten Wert seit Januar 2009 gefallen. "Die Branche bleibt im Krisenmodus."

"Eine Trendwende ist dies sicherlich noch nicht, allenfalls ist der Sturzflug bei der Unternehmensstimmung abgebremst worden", so die Einschätzung von DekaBank-Chefvolkswirt Ulrich Kater.

Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner sieht trotz der vergleichsweise guten Ifo-Daten noch keinen Grund für Euphorie: "Eine Trendwende ist noch nicht erreicht", erklärte der FDP-Chef bei der Kurnachrichtenplattform X, ehemals Twitter. Die Initiativen der Regierung, um die Wachstumskräfte der Wirtschaft nachhaltig zu stärken, Betriebe zu entlasten und von Bürokratie zu befreien, müssten jetzt schnell umgesetzt werden.

Ein tiefer Einbruch der Wirtschaft insgesamt sei nicht zu erwarten, sagte Chefökonom Jörg Zeuner von Union Investment. "Das Schlimmste könnte also demnächst hinter uns liegen."

Schlechte Stimmung am Standort Deutschland

"Ist damit der Tiefpunkt schon erreicht? Man wünscht es sich, glaubt es aber noch nicht so recht", sagt Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und zählt weitere Belastungsfaktoren für eine Erholung der Wirtschaft auf. "Mit einer veritablen Krise am Bau und den ungewissen Folgen der Grünen Transformation etwa im Automobilsektor haben wir noch einige konjunkturelle und strukturelle Baustellen. Hilfreich wäre es, wenn bald Klarheit über den Kurs der Geldpolitik käme. Vor allem über die Frage, wann mit einer Lockerung der fest angezogenen Zinsschraube zu rechnen ist. Bis es soweit ist, bestehen weitere Abwärtsrisiken."

Auch für seinen Kollegen Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe, ist noch keine Verbesserung der Gesamtlage in Sicht. "Die Stimmung bleibt mies, sie hat sich zu einem Dauerzustand entwickelt." Damit blieben die Wachstumshoffnungen für die nächsten Monate begraben, so Krüger. "Die Wirtschaft befindet sich in einem Stagnationsumfeld mit klarem Hang zur Rezession. Problematisch ist, dass Treiber für eine nachhaltige Stimmungsumkehr zurzeit nicht erkennbar sind. Auch wegen hoher Energiepreise werden Unternehmen die Standortfrage noch lauter stellen."

Verliert Deutschland seinen Standortvorteil?

tko/ hb (rtr, dpa)