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Ignatius: US-Strategie gescheitert

Gero Schließ17. Oktober 2014

Auch verstärkte Luftschläge der USA konnten den Vormarsch des IS nicht aufhalten. David Ignatius von der Washington Post sieht die bisherige US-Strategie im Interview mit der Deutschen Welle skeptisch.

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Kämpfe um Kobane 16.10.2014
Bild: Reuters/Kai Pfaffenbach

Deutsche Welle: Präsident Obama sieht sich angesichts der ungebrochenen militärischen Dynamik des Islamischen Staates wachsendem Druck ausgesetzt, das US-Engagement auszuweiten. Kann seine Strategie eines begrenzten Einsatzes überhaupt noch gelingen?

Davis Ignatius: So wie es jetzt aussieht, muss man sagen, dass die Strategie gescheitert ist. Die IS-Feinde sind in Irak und in Syrien auf dem Vormarsch. Zusätzlicher Druck ist notwendig. Der Präsident hat Empfehlungen bekommen, die Feuerkraft im Irak zu erhöhen - mit mehr Apache-Hubschraubern und Kampfjets. So schwierig die Lage im Irak ist, das größere Problem ist Syrien. Dort gibt es keine Bodentruppen, die den IS besiegen könnten. Ich war vor zwei Wochen in Syrien mit der Opposition dort. Das ist ein chaotischer Haufen, der nicht in der Lage ist, diesen Krieg zu gewinnen. Die USA und ihre Alliierten bringt das in eine schwierige Situation. Es gibt keine schlagkräftigen Verbündeten am Boden. Und wir wollen nicht unsere eigenen Truppen dort einsetzen.

Sollte sich Präsident Obama für eine militärische Eskalation entscheiden, würde dies das amerikanische Militärengagement auf Dauer nicht unumkehrbar machen?

Obamas größte Furcht ist, dass er in eine Falle läuft. Dass er in den gleichen fatalen Einsatz hineinstolpert wie 2003, als die USA im Irak einmarschierten und immer mehr Truppen dorthin verlegten. Mit dem Ergebnis, dass das Chaos immer größer wurde. Obama fürchtet das. Grundsätzlich wird in Kampfeinsätzen, die begrenzt beginnen, der Druck immer größer, mehr Soldaten einzusetzen. Wir kennen das aus Vietnam, Irak und Afghanistan. Es ist geradezu schmerzhaft, Präsident Obama dabei zuzusehen, wie er eine neue Seite in der amerikanischen Geschichte aufschlagen will, um diese Art von Interventionen zu beenden. Um dann durch die grausame Logik der Situation gezwungen zu sein, genau das Gegenteil von dem zu tun, was er eigentlich wollte.

Glauben Sie, dass die amerikanischen Verbündeten mehr tun sollten und was genau erwarten Sie von Deutschland?

In erster Linie ist Europa vom Aufstieg des Islamischen Staates bedroht. Tausende Europäer machen ihren Weg durch die Lager in Syrien und lernen dort, auch Ziele in Europa zu treffen. Das ist einer der Gründe, warum die internationale Koalition so schnell zustande gekommen ist. Deutschland sollte den unmittelbar betroffenen Ländern wie Saudi Arabien, Irak, Ägypten, Jordanien und Türkei genau das gleiche sagen wie die USA: Das hier bedroht vor allem euch! Wir helfen euch, wo wir können, aber ihr müsst diesen Kampf selber kämpfen. Ich weiß nicht, ob Deutschland sich an den Luftschlägen beteiligen sollte. Aber ich weiß aus eigener Anschauung in Afghanistan, dass die deutschen Spezialeinheiten absolute Spitze sind. Sehr gut ausgebildet, technisch bestens ausgerüstet und mit hoher Sensibilität für ihr kulturelles Umfeld. Wenn wir darüber reden, welches Land die syrische Opposition oder die Sunni-Milizen trainiert, sollte Deutschland mit dabei sein.

David Ignatius Journalist Washington Post & Experte für Sicherheitspolitik
David Ignatius ist Journalist und Experte für SicherheitspolitikBild: DW/S. Czimmek

Denken Sie, dass Obamas Ziel, die Terrormiliz des Islamischen Staates zu schwächen und am Ende zu zerstören, immer noch realistisch ist?

Der Teil seines Versprechens, bei dem es um eine Schwächung und ein Zurückdrängen geht, ist realistisch. Die USA können eine Menge machen, selbst nur mit Luftschlägen. Gemeinsam mit den Luftwaffen unserer Verbündeten könnte man die Dynamik von IS brechen oder zumindest verlangsamen. Wenn es um die letztendliche Zerstörung geht, ist Präsident Obama klargeworden, dass dies viele Jahre dauern könnte. Dahinter steht die Geschichte der arabischen Welt, sich zu modernisieren. Von unserer europäischen Geschichte wissen wir, dass es Hunderte von Jahren gedauert hat, in die Moderne zu gelangen. Das war ein langer und gewalttätiger Weg. Hier könnte es noch Jahrzehnte dauern.

David Ignatius schreibt für die Washington Post und ist einer der profiliertesten Journalisten der USA. Zur Zeit beschäftigt ihn besonders die Lage im Nahen und Mittleren Osten.