"An Beethoven kommt keiner vorbei"
9. September 2013Auf dem Bonner Münsterplatz erhebt sich das 1845 eingeweihte Beethovendenkmal von Ernst Hähnel, eines der ältesten Standbilder des Komponisten - und ständig umringt von Touristen. Denn ebenso wie das Geburtshaus in der Bonngasse gehört das Denkmal zu den Wahrzeichen der Stadt, die ein Muss für jeden Besucher sind. Dabei interessierte die Stadt sich zunächst nur wenig für den Komponisten: Franz Liszt musste tief in die Tasche greifen, um das Denkmal anlässlich von Beethovens 75. Geburtstag in Bonn aufzustellen. Dessen Einweihung wurde mit einem dreitägigen Musikfest gefeiert; damit war das Beethovenfest geboren.
Langsame Entwicklung
Nach der Abreise Liszts verschwand der Festivalgedanke für ein Vierteljahrhundert in der Schublade: erst 1871 gab es die zweite Auflage des Beethovenfestes. Auch danach tat man sich schwer mit einer halbwegs regelmäßigen Austragung des Festivals - trotz zunehmenden Interesses an Beethoven und seiner Musik. Erst ab 1931 fand das Beethovenfest jährlich statt. Nach der kriegsbedingten Zwangspause startete es wieder ab 1947 im Zweijahresrhythmus mit wechselndem Schwerpunkt zwischen Sinfonik und Kammermusik. Mit der 1959 eingeweihten neuen Beethovenhalle erhielt das Festival eine seiner bis heute wichtigsten Spielstätten, zu denen später noch der Kammermusiksaal beim Beethovenhaus dazu kam. Als 1970 der 200. Geburtstag von Bonns großem Sohn gefeiert wurde, hatte sich das Beethovenfest bereits einen weit über die Landesgrenzen hinausgehenden Namen gemacht.
Finanzen kontra Festival
Für die damalige Bundeshauptstadt Bonn war das Beethovenfest durchaus ein musikalisches Aushängeschild. Nicht nur zahllose renommierte Solisten, Dirigenten und Orchester traten hier auf, auch das Publikum zeichnete sich durch Internationalität aus; Viele des hier ansässigen Konsulats- oder Botschaftspersonals nutzten gerne das Festivalangebot. In finanzieller Hinsicht profitierte das Beethovenfest jedoch nur bedingt vom Hauptstadtstatus: ab 1974 fand es aus Einsparungsgründen nur noch alle drei Jahre statt. Und kaum hatte sich die Politik nach der Wende 1990 in Richtung Berlin verabschiedet, dachten die Bonner Stadtväter angesichts mangelnder Subventionen und wachsender Haushaltslöcher sogar laut über eine Einstellung des Musikfestivals nach. Dagegen wehrte sich eine Bürgerinitiative, die ab 1995 die feste Etablierung des Beethovenfestes und seine jährliche Veranstaltung zum Ziel hatte.
Wandel von Form und Inhalt
Aus dem ursprünglich dreitägigen Musikfest hat sich bis heute ein Festival von vier Wochen Dauer entwickelt, das rund 60 Konzerte beinhaltet; dazu kommen noch Tanzauftritte, Ausstellungen, Workshops oder Lesungen. Die Spielstätten haben sich mittlerweile auf die ganze Innenstadt und das Bonner Umland ausgeweitet. Inhaltlich bilden Beethovens Werke zwar nach wie vor den Mittelpunkt des Festivals, doch werden sie zunehmend mit der Musik der Gegenwart in spannungsvolle Beziehung gesetzt. Neue Akzente setzte Ilona Schmiel, seit 2004 Intendantin des Beethovenfestes, sowohl in der künstlerischen Arbeit als auch in der Nachwuchsförderung. Unter anderem rief sie das "Junge Beethovenfest" ins Leben, und seit 2001 veranstaltet das Fest in Zusammenarbeit mit der Deutschen Welle den Orchestercampus, in dem junge Musiker unter einem alljährlich wechselnden Landesschwerpunkt auftreten.
Was kommt - und was bleibt?
Schmiels Nachfolgerin Nike Wagner, Urenkelin des Komponisten Richard Wagner, ist ebenfalls eine erfolgreiche Festspielleiterin und hat dem Kunstfest Weimar zu internationalem Ansehen verholfen. Unter einem Themenschwerpunkt setzt sie starke künstlerischen Akzente und hat das Beethovenfest nach dem Motto Beethovens weiter entwickelt: "Wahre Kunst ist eigensinnig und lässt sich nicht in schmeichelnde Formen zwängen."