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Politik

Zank um den Zeugen Bolton

30. Januar 2020

Seit Enthüllungen aus einem Manuskript von John Bolton öffentlich geworden sind, steht der frühere Sicherheitsberater im Mittelpunkt des Impeachment-Verfahrens. Ihn nicht zu befragen wäre absurd, meint Carla Bleiker.

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USA Sicherheitsberater John Bolton
John Bolton, der ehemalige Nationale Sicherheitsberater des US-PräsidentenBild: Getty Images/AFP/D. Leal-Olivas

Donald Trump hat eine klare Botschaft an seine Republikaner: "Denkt dran", schrieb er am Mittwoch auf Twitter, "die Zeugen-Entscheidung ist Sache des Repräsentantenhauses, nicht des Senats. Lasst euch nicht von den Demokraten reinlegen!" Was der US-Präsident damit sagen will (vermutlich, bei ihm weiß man ja nie so genau): Die Republikaner sollen im Senat in jedem Fall dagegen stimmen, im Amtsenthebungsverfahren noch weitere Zeugen anzuhören.

Trumps Argument, das auch seine Anwälte im Verfahren und republikanische Senatoren in Interviews wiedergeben: Das Repräsentantenhaus hatte genug Zeit, Zeugen zu vernehmen. Wenn die Demokraten jetzt immer noch offene "Wunsch-Zeugen" auf ihrer Liste hätten, dann hätten sie ihren Job eben nicht gut genug gemacht. Pech - aber nicht das Problem des Senats.

Nur Zirkus, kein fairer Prozess

Die Demokraten haben seit Beginn des Prozesses im Senat darauf hingewiesen, wie absurd dieses Argument ist. Ein Verfahren ohne Anhörung von Zeugen und ohne die Zulassung von zusätzlichen Beweismitteln sei ein Zirkus, aber kein fairer Prozess, sagte der demokratische Abgeordnete Adam Schiff in seiner Eröffnungsrede vor dem Senat. Das wisse jeder US-Amerikaner, der schon mal einen Gerichtsprozess verfolgt habe.

Hinzu kommt, dass diverse der Zeugen, auf deren Aussage vor dem Senat die Demokraten pochen, auch schon während der Ermittlung des Repräsentantenhauses vorgeladen waren. Aber das Weiße Haus schob den Befragungen einen Riegel vor. Die republikanische Regierung verbot also erst Zeugen wie John Bolton (zu ihm gleich mehr) die Aussage, und sagt nun, die Demokraten hätten besagte Zeugen eben früher vernehmen sollen - jetzt sei das nicht mehr angebracht. Willkommen im ganz alltäglichen Washington-Wahnsinn!

John Bolton, möglicher Kronzeuge

Im Zentrum der Zeugen-Zankerei steht Bolton, der ehemalige Nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten. Die Demokraten luden ihn als Zeugen schon während der Untersuchung des Repräsentantenhauses Ende 2019 vor. Aber Bolton folgte den Anweisungen der Trump-Regierung, die jegliche Kooperation aktueller und früherer Regierungsmitarbeiter unterbinden wollte. Er war bei vielen Treffen von Trump dabei, in denen die Ukraine diskutiert wurde. Weil er aus erster Hand über den Inhalt dieser Gespräche berichten könnte, galt er den Demokraten als besonders wertvoller Zeuge.

Jetzt ist Bolton zur Aussage bereit. Aber um im Senatsverfahren überhaupt Zeugen zu hören, müsste die Mehrheit der Senatoren dafür stimmen. Die Demokraten müssten also mindestens vier republikanische Senatoren überzeugen, dass das eine gute Idee wäre. Die entsprechenden Bemühungen wurden jetzt noch einmal verstärkt. Denn am Wochenende gelangten Ausschnitte aus einem neuen Buch Boltons an die Öffentlichkeit, dass im März veröffentlicht werden soll.

Darin schreibt der frühere Sicherheitsberater, Trump habe ihm im August gesagt, er (Trump) wolle die fast 400 Millionen Dollar Militärhilfe für die Ukraine so lange zurückhalten, bis Kiew Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden einleite. Dieses "Quid-pro-quo" ist der Dreh- und Angelpunkt des Amtsenthebungsverfahrens; der Präsident und seine Verteidiger bestreiten vehement, dass es je dazu kam.

Für die Demokraten gilt: Jetzt erst Recht! Bolton soll vor dem Senat aussagen und allen Anwesenden und der Weltöffentlichkeit verkünden, dass Präsident Trump sein Amt missbraucht hat.

Donald Trump und John Bolton
John Bolton war ein enger Vertrauter des Präsidenten. Im September 2019 feuerte Trump seinen SicherheitsberaterBild: picture-alliance/abaca/O. Douliery

Ein gefährliches Manuskript

Das Weiße Haus tut indes alles, um zu verhindern, dass Boltons Wissen öffentlich wird. Wenn frühere oder aktuelle enge Mitarbeiter des Präsidenten ein Buch schreiben, müssen sie es dem Weißen Haus vor der Veröffentlichung vorlegen. So soll sichergestellt werden, dass keine Staatsgeheimnisse an die Öffentlichkeit dringen. Die Trump-Regierung nutzt dies jetzt schamlos aus.

Das Manuskript enthalte "erhebliche Mengen an geheimen Informationen" und könne so leider nicht veröffentlicht werden, heißt es laut der Nachrichtenagentur Reuters in einem Brief der Direktorin für "Records, access and information security management" des Weißen Hauses an Boltons Anwalt. "Das Manuskript wird weiter durchgesehen, damit wir Ihrem Klienten bestmöglich dabei helfen können, die geheimen Informationen zu identifizieren. Wir werden unser Bestes tun, um sicherzustellen, dass Ihr Klient seine Geschichte so erzählen kann, dass die nationale Sicherheit der USA geschützt wird." Scheinheiliger geht es kaum noch.

Ein wünschenswerter Präzedenzfall

Die Republikaner tun alles, damit Boltons Aussagen nicht öffentlich werden - sei es in Buchform, oder mündlich vor dem Senat. Am Mittwoch sagte Trumps Anwalt Patrick Philbin während der Verhandlung, die Senatoren würden ja nicht allein darüber abstimmen müssen, ob sie Boltons Aussage hören wollten. Ein "Ja" zur Zeugenbefragung würde viele weitere Aussagen nach sich ziehen, das Verfahren würde so auf Monate in die Länge gezogen werden. Das schaffe einen gefährlichen Präzedenzfall!

Kolumne Kolumnistenbild Clara Bleiker
Carla Bleiker ist Korrespondentin in Washington

Den Präzedenzfall, dass in einem Gerichtsprozess Zeugen gehört werden, deren Aussage entscheidend für den Ausgang des Verfahrens sein könnte? Oder dass sich die Jury - beziehungsweise die Senatoren - möglicherweise etwas länger als geplant mit dem Fall auseinandersetzen muss, anstatt alles schnellstmöglich, zack zack abzuwickeln? Klar, das muss natürlich auf jeden Fall vermieden werden.

Auch die Demokraten haben keinerlei Verständnis für diese Argumentation. Schiff sagte am Mittwoch vor dem Senat, die Frage nach Präsident Trumps Motiv für das Zurückhalten der Militärhilfe für die Ukraine könne ganz einfach geklärt werden. "Laden Sie die Person vor, die mit [dem Präsidenten] darüber gesprochen hat", so Schiff. "Warten Sie nicht auf das Buch, um Ihre Antwort zu bekommen."

Ob Boltons Buch je erscheinen wird, steht derzeit in den Sternen. Aber ob er und andere als Zeugen vorgeladen werden, sollte sich noch diese Woche klären.

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker