Royaler Teppich
2. Juli 2011Es waren einmal Fürst Albert II. und seine Charlene. Umjubelt von ihren Untertanen feierten sie in Monaco ihre Hochzeit. Und auch ein junger Deutscher durfte an ihrem Traum teilhaben: der Designer Jan Kath. Er legte der Braut den roten Teppich zu Füßen. Einen? Ach was: Gleich sieben Teppiche rollte er aus in dem Land, das für großen Reichtum und Eleganz steht.
Die Straßen Monacos sind der Laufsteg der Reichen und Schönen. Edel müssen daher auch die roten Teppiche sein - und nicht einfach ein Stück gewebte Wolle. "Rote Teppiche sind bis jetzt bei jedem Event einfach abgeschnittene Meterware. Wir haben hier versucht, etwas Neues zu produzieren", erklärt Kath. "Wir haben die Teppiche farblich abgestimmt auf die Flagge von Monaco. Die ist rot und weiß."
Royale Füße weich umschmeichelt
Gewebt wurde der Teppich aus einem edlen Woll-Seiden-Gemisch und am Rande bestickt mit einer weißen Bordüre aus hochwertiger Seide. Ein Fest für royale Füße. Der Teppich ist ein Hochzeitsgeschenk des monegassischen Teppichhändlers Kamyar Moghadam, ein Freund der Fürstenfamilie - und ein Freund Jan Kaths. So kam der Kontakt zustande.
Der 38-jährige Kath gilt als einer der renommiertesten Teppich-Designer der Welt. Seine handgeknüpften Werke liegen in arabischen Palästen, Luxus-Modehäusern und Promivillen wie denen von US-Schauspieler Bruce Willis oder Medienmogul Rupert Murdoch. Die Designs sind mehrfach preisgekrönt.
Und Kaths Weg schien früh vorgezeichnet: Sein Großvater und sein Vater handelten mit Orient-Teppichen. Doch erst will er damit nichts zu tun haben. Stattdessen packt Kath seinen Rucksack, reist um die Welt - und landet schließlich in Nepal bei einem Teppichhändler. Später übernimmt er die Produktion und macht sich selbstständig. Heute will Kath traditionelle Handwerkskunst mit zeitgenössischem Design verbinden.
Vom Bergbau inspiriert
Die Unternehmenszentrale wirkt dagegen weniger glamourös. Ihr Sitz ist in Bochum, mitten im Ruhrgebiet, in einer alten Maschinenhalle. Die raue Industriearchitektur der Umgebung inspiriert Kath: "Wenn man ganz genau hinschaut, kann man die Strukturen eigentlich eins zu eins übernehmen und daraus Textilien produzieren. Das ist eigentlich das, was ich tue - und ich bin dankbar, dass ich in dieser Gegend leben darf."
Klassische Muster sehen bei Kath so aus, als ob die Teppiche Jahrhunderte alt wären. Gerne spielt er mit dem "Reiz des Fehlerhaften", kreiert Teppiche, die von Säure oder Mäusen angefressen scheinen. Bei der royalen Hochzeit muss jedoch alles perfekt sein: "Wir benutzen zwar eine ähnliche Bordüre, die auch sonst in unserem Programm öfter auftaucht und normalerweise oft angefressen scheint, aber in diesem Fall ist sie komplett gerade und sauber ausgearbeitet."
Von der Haustür bis zur Kirche
Zwei Tage lang dauerte es, die sieben Teppiche in Monaco zu verlegen. Kath überwachte jeden Schritt des aufwendigen Projekts. Herzstück ist ein 103 Meter langer Teppich. "Ein wirklich irre langes Stück", erzählt Kath stolz. "Soweit ich weiß, wurde noch nie ein so langer roter Teppich produziert." Auf dem Prunkstück schritt die neue monegassische Fürstin Charlene von ihrer Haustür bis in die Kirche.
"Eine Idee ist auch, die angereisten Königshäuser aus aller Welt - ja, ich will nicht sagen eifersüchtig zu machen - aber denen mal zu zeigen, was möglich ist." Für Kath war der Auftrag aus Monaco auch eine logistische Herausforderung: Nur acht Wochen hatte er Zeit für die Produktion. Deshalb wurden die Teppiche in Thailand semi-industriell gefertigt. In traditioneller Handarbeit geknüpft, hätte die Herstellung mindestens drei Jahre gedauert.
Nach der Hochzeit die Zerstörung
Weltweit verarbeiten mehr als 1.500 Teppichknüpfer Wolle aus dem tibetischen Hochland, chinesische Seide und Brennnesselfasern. Die fertige Ware trägt das Fairtrade-Label "Step". Das bedeutet: gerechte Arbeitsbedingungen und Löhne, keine Kinderarbeit, umweltverträgliche Herstellung. Bis zu 2.500 Euro kann ein Quadratmeter Teppich kosten.
Der Preis des monegassischen Hochzeitsteppichs dürfte weit darüber liegen, bleibt aber geheim - schließlich ist er ein Geschenk. Eines, das Kath die eine oder andere schlaflose Nacht bereitet hat: "Ich bin in den letzten sechs Wochen drei Mal nach Bangkok geflogen, um auch wirklich sicher zu gehen, dass alles gut funktioniert."
Nachdem der Stress vorbei war, hieß es für Kath feiern - als offizieller Gast der Hochzeitsfeier. Und der Teppich? Für den ist nun nach der Hochzeit Schluss: Kaths Werk wird in 300 Stücke zerteilt, vom Hochzeitspaar signiert, eingerahmt und versteigert - für einen guten Zweck und ein Happy End auch für andere.
Autorin: Monika Griebeler
Redaktion: Thomas Kohlmann