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Indien: Online-Hass gegen Frauen

Jochen Lohmann
8. März 2021

Manira Chaudhary arbeitet seit einem Jahr im Studio Delhi der Deutschen Welle. Sie äußert sich zu politischen Themen - und wird dafür im Netz bedroht.

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Indien, Delhi | Dreh Manira Chaudhary DW-Korrespondentin
Bild: Sharique Ahmad/DW

Frauen - besonders Journalistinnen und Politikerinnen -, die sich öffentlich äußern, sind nicht überall gern gesehen. Diese Erfahrung musste auch Manira Chaudhary machen. Sie arbeitet seit sechs Jahren als Journalistin, seit einem Jahr ist sie Korrespondentin der Deutschen Welle im Studio Delhi. Über ihren Twitter-Account sind ihre Beiträge leicht im Netz zu finden. Doch als Frau, die öffentlich zu politischen Themen Stellung bezieht, erntet sie auch viel Hass, wie sie berichtet.

Damit ist sie nicht allein: Laut einer Studie der "International Women‘s Media Foundation" gaben 70 Prozent der befragten Journalistinnen an, online Hass oder Bedrohungen erfahren zu haben. Rund ein Drittel der Frauen hat überlegt, daraufhin ihren Beruf zu wechseln. Deutsche Welle: Welche Erfahrungen haben Sie im Internet mit Beleidigungen machen müssen?

Manira Chaudhary: Menschen, die mit meinen Berichten nicht einverstanden waren, haben mich unablässig online belästigt. Dabei habe ich es noch leichter als viele andere Journalistinnen, die täglich online beschimpft werden. Viele erhalten Todesdrohungen und explizite Vergewaltigungsdrohungen, nur weil sie ihre Meinung sagen. Und die Angriffe beschränken sich nicht nur auf die Online-Welt. Es gibt auch Journalistinnen, die während ihrer Arbeit körperlich angegriffen und sexuell belästigt wurden.

DW-Korrespondentin Manira Chaudhary - mit Corona-Schutzmaske - spricht mit einem Mann auf der Straße in Delhi
DW-Korrespondentin Manira Chaudhary bei der ArbeitBild: Sharique Ahmad/DW

Fühlen Sie sich in Ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt aufgrund der Hass-Äußerungen im Netz?

Früher habe ich tatsächlich mal - aus Angst, online bedroht zu werden - meine Gedanken und Meinungen zensiert. Andere Journalistinnen tun das auch. Ja, ich finde, wenn Journalistinnen online eingeschüchtert werden, ist das ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Die Strafverfolgungsbehörden sollten so sensibilisiert und gestärkt werden, dass sie diese Bedrohungen erkennen und Maßnahmen ergreifen können. Außerdem sollten die Redaktionen dafür verantwortlich sein, dass Journalistinnen auch unterwegs sicher ihrer Arbeit nachgehen können.

Welche Vorsichtsmaßnahmen treffen Sie, wenn Sie Ihrer Arbeit nachgehen? 

Wenn ich als Journalistin unterwegs bin, wird mir immer wieder bewusst gemacht, dass ich eine Frau bin. Wenn ich beispielsweise aus abgelegenen Gebieten berichte, dann muss ich zusehen, dass ich mich ausschließlich an sicheren Orten aufhalte und auch unterwegs sicher bin. Oft habe ich eine Dose Pfefferspray dabei. Und ich teile ständig meinen aktuellen Standort über mein Smartphone, damit meine Freunde über meinen Aufenthaltsort Bescheid wissen.

Journalistinnen im Fokus von Online-Gewalt

Gewalt gegen Frauen - wie ist die Situation in Indien?

Gewalt ist etwas, das Frauen in allen Ländern, Kulturen und jeden Alters auf unterschiedliche Weise im Laufe ihres Lebens erfahren. Indien jedoch gilt als eines der gefährlichsten Länder der Welt für Frauen. Jeden Tag werden Vorfälle von sexueller Gewalt gemeldet, von Belästigungen bis hin zu Vergewaltigungen. Nach Angaben des indischen Amts für Nationale Verbrechensstatistik (NCRB - National Crime Records Bureau) sind Straftaten gegen Frauen von 2018 bis 2019 um 7,3 Prozent gestiegen. Durchschnittlich 87 Fälle von Vergewaltigung werden täglich gemeldet. Und es gibt genügend Beweise dafür, dass viele solcher Übergriffe, ob sexuell oder körperlich, von Männern ausgehen, die den Frauen bekannt sind oder mit ihnen verwandt sind. Solche Verbrechen werden in der Regel auf die patriarchalische Einstellung der Gesellschaft zurückgeführt.

Das Interview führte Jochen Lohmann.

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