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International Crisis Group: "Südsudan braucht schärfere Sanktionen"

Katrin Matthaei, Asumpta Lattus15. Juni 2014

Im Südsudan wollen die Kontrahenten eine Übergangsregierung einrichten. Für eine dauerhafte Lösung des Konflikts ist aber weiterer Druck nötig, sagt Casie Copeland von der International Crisis Group im DW-Interview.

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Riek Machar und Salva Kiir
Bild: Ashraf Shalzy/AFP/Getty Images

DW: Südsudans Präsident Salva Kiir und sein Kontrahent, der Rebellenführer und frühere Vize-Präsident Riek Machar, haben sich am vergangenen Montag geeinigt, in den kommenden 60 Tagen eine Übergangsregierung auszuhandeln. Wie optimistisch sind Sie, dass das klappt?

Casie Copeland: Beide Seiten haben zugestimmt, nachdem die ostafrikanische Entwicklungsorganisation (IGAD), die in dem Konflikt vermittelt, enormen Druck ausgeübt hatte. Alles hängt nun von zwei Fragen ab. Erstens: Kann die IGAD diesen hohen Druck auf die beiden Parteien aufrechterhalten? Und zweitens: Wie groß ist der Wille beider Parteien, das unterzeichnete Abkommen auch einzuhalten?

Was sind die größten Hindernisse?

Die Regierung ist natürlich der Meinung, dass sie gewählt und damit die rechtmäßige Regierung ist. Sie glaubt, dass die politischen Gegner sie stürzen und die Macht gewaltsam an sich reißen wollen. Die Regierung fühlt sich in keinster Weise dazu verpflichtet, eine wie auch immer geartete Vereinbarung für den Übergang zu respektieren. Sie von dieser Position abzubringen, ist sehr schwierig. Die Rebellen unter Riek Machar glauben, dass sie die Nuer, die zweitgrößte ethnische Gruppe im Südsudan, vor gewaltsamen Übergriffen des Staates schützen müssen. Sie trauen der Regierung nicht und wollen ihre Waffen nicht niederlegen, weil sie fürchten, dass die Regierung ihr Verhalten nicht ändert. Diese beiden festgefahrenen Positionen zu überwinden, ist sehr schwierig.

Vor der Einigung vom Montagabend hatte ein hochrangiger IGAD-Vertreter gesagt, beide Parteien seien entschlossen, den Konflikt militärisch auszutragen. Hat er sich getäuscht?

Seit der Krieg am 15. Dezember 2013 ausbrach, haben die Konfliktparteien drei Abkommen unterzeichnet - und sie alle fast sofort wieder gebrochen. Dass die Kontrahenten eine Übereinkunft unterschreiben, bedeutet also nicht unbedingt, dass sie auch eine friedliche Lösung wollen. Ob beide Seiten diese neue Übereinkunft respektieren, wird sich in den kommenden 60 Tagen zeigen.

Kann es denn überhaupt noch eine politische Lösung im Südsudan geben?

Das soll die geplante Übergangsregierung ja ausloten. Wie sie genau aussehen soll, bleibt allerdings sehr vage: Unklar ist, aus welchen Mitgliedern sie sich zusammensetzt und welches Mandat sie hat. Unklar ist auch, wie lange sie überhaupt arbeiten soll. Ist sie kurzfristig angelegt, um Wahlen zu organisieren? Oder langfristig, um den Staatsaufbau fundamental zu ändern, etwa die längst überfällige Verfassungsänderung? Daran wird man messen können, wie ernst es der Übergangsregierung und den Konfliktparteien mit einer politischen Einigung ist.

Casie Copeland Foto: International Crisis Group
Casie Copeland von der International Crisis GroupBild: International Crisis Group

Die ostafrikanische Entwicklungsorganisation IGAD hat erstmals mit Strafmaßnahmen gedroht, falls die Konfliktparteien das Abkommen zur Übergangsregierung missachten. Nehmen die Kontrahenten das überhaupt ernst?

Beide Konfliktparteien wollen die Vermittler der IGAD auf ihre Seite ziehen. Und beide fürchten jegliche Art von Sanktionen: militärische, wirtschaftliche oder andere, die die IGAD verhängen könnte. Dass beide Kontrahenten das Abkommen unterschrieben haben, zeigt, wie wichtig sie die Rolle der IGAD einschätzen und wie wenig sie Opfer der angedrohten Strafmaßnahmen werden wollen.

Bislang haben sich Europäische Union und USA mit scharfen Sanktionen zurückgehalten. Müssten sie jetzt nicht mehr Druck auf die Konfliktparteien aufbauen?

Die Sanktionen, die die USA vor etwa zwei Monaten verhängt haben, hatten nicht die gewünschte Wirkung. Das ist ein häufig beobachtetes Phänomen: Die Androhung hat eine stärkere Wirkung als die tatsächliche Verhängung. Man muss also die Optionen auf dem Tisch behalten und parallel dazu weitere Optionen ausloten, zum Beispiel ein Waffenembargo oder die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen. Möglich wäre auch eine treuhänderische Verwaltung der für den Südsudan sehr wichtigen Einnahmen aus den Ölexporten. Herkömmliche Sanktionen reichen nicht mehr aus, um diesen Konflikt maßgeblich zu beeinflussen.

Casie Copeland ist Südsudan-Expertin im Nairobi-Büro der politischen Denkfabrik International Crisis Group.

Das Interview führten Katrin Matthaei und Asumpta Lattus.