Nahostkonflikt: Die internationale Kritik an Israel nimmt zu
4. November 2023Seit dem Terrorangriff am 7. Oktober, bei dem die palästinensische Hamas in Israel mehr als 1400 Menschen ermordet hat, geht Israel gegen die militanten Islamisten vor. Nach eigenen Angaben hat die israelische Armee mehrere hundert Stellungen der Hamas aus der Luft angegriffen. Seit einigen Tagen läuft eine Bodenoffensive. Insgesamt sollen dabei nach Hamas-Angaben mehr als 9000 Palästinenser, hauptsächlich Zivilisten, getötet worden sein.
Die Hamas kontrolliert den Gazastreifen seit 2007 und gilt vor allem westlichen, aber auch einigen arabischen Staaten als Terrororganisation.
Während aus Europa und Nordamerika allenfalls moderate Kritik am Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen kommt, halten sich andere Regierungen - nicht nur aus der muslimischen Welt - weniger zurück. Einige haben Konsequenzen für die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel angekündigt oder bereits vollzogen.
Jordanien: Keine israelischer Botschafter bis Ende des "Kriegs"
Jordanien galt lange als wichtiger Vermittler zwischen Israel und Palästinensern. Am Mittwoch hat das Nachbarland als Reaktion auf "den israelischen Krieg gegen den Gazastreifen" seinen Botschafter aus Israel abberufen. Auch Israels Botschafter in Amman, der zurzeit nicht dort weilt, dürfe erst zurückkehren, wenn der Krieg und die "noch nie dagewesene humanitäre Katastrophe" im Gazastreifen beendet seien. Jordanien und Ägypten waren bis 2020 die einzigen arabischen Länder, die überhaupt diplomatische Beziehungen mit Israel unterhielten.
Bahrain: Verwirrung um Beziehungen zu Israel
Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate waren 2020 die ersten Golfstaaten, die diplomatische Beziehungen mit Israel aufnahmen. An diesem Donnerstag teilte das Parlament in Manama mit, dass es seinen Botschafter aus Israel abberufen habe und der israelische Botschafter Bahrain verlassen habe. Außerdem werde das Königreich die wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel einstellen.
Israel dementierte diese Mitteilungen umgehend, die Beziehungen zu Bahrain seien unverändert. Das dortige Außenministerium äußerte sich nicht.
Türkei: Israel zieht Diplomaten aus Ankara ab
Nachdem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sich zunächst vergeblich als Vermittler zwischen der Hamas und Israel angeboten hatte, schlug er sich auf die Seite der Palästinenser. Die Hamas bezeichnete er als Freiheitskämpfer, Israel als Kriegsverbrecher. Daraufhin zog Israel sämtliche Diplomaten aus Ankara ab.
Doch nicht nur im Nahen Osten wenden sich Staaten gegen Israel. In Lateinamerika schlägt vor allem Bolivien einen eindeutigen Kurs ein.
Bolivien: diplomatische Beziehungen zu Israel abgebrochen
Nachdem Boliviens Regierung zunächst zur "Deeskalation der Gewalt" aufgerufen hatte, ohne die Terroranschläge der Hamas auf Israel zu verurteilen, hat sie mittlerweile die diplomatischen Beziehungen zu Israel abgebrochen. Ex-Präsident Evo Morales, Vorsitzender der Regierungspartei MAS, ging dies nicht weit genug. Er forderte die bolivianische Regierung am Mittwoch auf, Israel zu einem "terroristischen Staat" zu erklären und "eine Klage beim Internationalen Strafgerichtshof" gegen die israelische Regierung einzureichen. Israel beschuldigte die Regierung des Andenlands, "vor dem Terrorismus zu kapitulieren".
Chile: größte palästinensische Gemeinschaft in Südamerika
Chile verurteilte den Terrorangriff der Hamas von Anfang an, rief aber auch dazu auf, "eine Eskalation zu vermeiden, die der Zivilbevölkerung weiteren Schaden und weiteres Leid zufügen würde". Diese Woche bezeichnete die Regierung die israelischen Bombardements als "kollektive Bestrafung der palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza" und rief seinen Botschafter in Israel zu Konsultationen nach Chile zurück. Mit einer halben Million Mitgliedern ist die palästinensische Gemeinde in Chile die größte Südamerikas.
Kolumbien: Ende der Wirtschaftsbeziehungen mit Israel?
In einer ersten Erklärung des Außenministeriums hatte auch die kolumbianische Regierung "den Terrorismus und die Angriffe auf Zivilisten in Israel" verurteilt. Dann wiederum bestand Präsident Gustavo Petro wiederholt in öffentlichen Erklärungen auf der "vollen Anerkennung des palästinensischen Staates" und traf sich mit dem "Botschafter Palästinas in Kolumbien". Kolumbien hatte "Palästina" 2018 als Staat anerkannt. Spätestens mit seinem Vergleich der israelischen Rhetorik mit der der Nazis hatte Präsident Petro eine heftige Kontroverse ausgelöst.
Israel drohte daraufhin damit, alle Exporte von Sicherheitstechnologien nach Kolumbien auszusetzen, mit denen es das südamerikanische Land im Kampf gegen bewaffnete Gruppen unterstützt. Auch Petro drohte, die Handelsbeziehungen mit Israel auszusetzen und rief seinen Botschafter in Israel zu Konsultationen zurück.