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IPCC: Lösungen gegen die Klimakatastrophe

Stuart Braun
4. April 2022

Bis 2030 müssen wir die CO2-Emissionen weltweit halbieren. Nur wie? Der jüngste UN-Klimabericht liefert Lösungsvorschläge, wie wir eine Klimakatastrophe noch verhindern könnten. 

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Ein großer qualmender Schornstein
Eine drastische Reduktion der fossilen Brennstoffe ist laut IPCC jetzt unumgänglichBild: blickwinkel/S. Ziese/dpa/picture alliance

Der letzte Teil des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarates (IPCC) zur globalen Erwärmung, der sich mit der Eindämmung des Klimawandels befasst, hat eine klare Botschaft: Das Zeitfenster, in dem die Erwärmung unter 1,5 Grad Celsius gehalten und katastrophale Klimaauswirkungen wie zunehmende Waldbrände und Überschwemmungen begrenzt werden können, hat sich stark verkleinert.

Aufbauend auf frühere UN-Berichte zum Klimawandel, liefert die neueste Ausgabe des IPCC konkrete Lösungsvorschläge. An erster Stelle steht ein vorgezogener Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen, die seit 1850 für zwei Drittel der Kohlenstoffemissionen verantwortlich sind, und die gleichzeitige Elektrifizierung des globalen Energiesystems hauptsächlich basierend auf Wind- und Sonnenenergie. Die Kosten für erneuerbare Energien seien seit 2010 um bis zu 85 Prozent gesunken, heißt es in dem Bericht.

"Es gibt kein Patentrezept zur Lösung des Klimaproblems, aber die Ursache ist klar: die fossilen Brennstoffe", betont Nikki Reich, Direktorin des Energie- und Klimaprogramms am Zentrum für Internationales Umweltrecht (CIEL) in Washington D.C..

Der IPCC fordert Regierungen auf "sofortige und tiefgreifende Emissionssenkungen in allen Sektoren" umzusetzen und den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 zu halbieren (im Vergleich zu 2019).

Aktivisten hatten gehofft, dass der Bericht die Förderung von Technologien zur Abscheidung von Kohlendioxid (CRD) ablehnen würde, um ein Ausufern des Kohlenstoffbudgets zu verhindern. Obwohl sie noch nicht in großem Maßstab erprobt worden ist, bleibt die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) als Option erhalten.

Indien: Der hohe Preis der günstigen Kohle

In dem etwa 3000 Seiten umfassenden Bericht wird zudem der Schutz der Artenvielfalt und Wälder gefordert. Wichtige CO2 Senken sollen erhalten bleiben, die Gebäudeeffizienz verbessert und der Verkehr elektrifiziert werden. All dies helfe dabei, den Klimawandel einzudämmen. Eine Aufstockung der Klimafinanzierung und ein gerechter Übergang für ärmere Länder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen wird ebenfalls eingefordert.

Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen

Kein Land liegt derzeit im Zeitplan, die Pariser Klimaziele zu erreichen, die eine Begrenzung der Erderwärmung auf unter 2 Grad Celsius - und idealerweise unter 1,5 Grad Celsius vorsehen.

Die Ziele in den aktuellen Nationalen Klimaplänen (NDCs) entsprechen einer Erwärmung von etwa 3,2 Grad in diesem Jahrhundert, wahrscheinlich sogar mehr. Extreme Wetterlagen und Eisschmelze in der Arktis sind bereits jetzt spürbar, obwohl die Erwärmung seit der vorindustriellen Zeit nur etwa 1,1 Grad beträgt.

Die Erwärmung kann nur auf 1,5 Grad begrenzt werden, wenn die Emissionen ab 2025 nicht weiter ansteigen, so der Bericht. Außerdem müssen die CO2-Emissionen bis Anfang der 2050er Jahre weltweit auf Null gesenkt werden.

Der jüngste IPCC-Bericht soll den Regierungen als Rechtfertigung für die Festlegung der notwendigen Emissionsreduktionsziele dienen. In den zweiunddreißig Jahren seit dem ersten IPCC-Klimabericht sind die Emissionen nach Angaben der Klimabehörde um 54 Prozent gestiegen.

Riesige abgeholzte Fläche, daneben intakter grüner Regenwald
Um den Klimawandel einzudämmen, muss die Abholzung von Wäldern beendet werdenBild: Fernando Souza/ZUMA Press/picture alliance

"Dieser jüngste IPCC-Bericht macht den politischen Entscheidungsträgern einmal mehr klar, dass der jetzige globale Emissionskurs alarmierend daneben liegt", so Rachel Cleetus, politische Direktorin und leitende Ökonomin für das Klima- und Energieprogramm der Union of Concerned Scientists mit Sitz in Washington, D.C..

"Die Untätigkeit der Politik ist direkt für die bereits bestehende Klimakrise verantwortlich und hat auch die Ziele des Pariser Abkommens in große Gefahr gebracht", fügt sie hinzu.

"Wir brauchen dringend einen schnelleren Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen", sagt Linda Schneider, Referentin für Internationale Klimapolitik bei der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin. 100 Prozent Wind- und Solarenergie in Kombination mit der Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und den im Bericht genannten Maßnahmen auf der Nachfrageseite - wie emissionsarme vegetarische Ernährung und die Drosselung des Konsums im globalen Norden - müssten Teil der staatlichen Klimaschutzpolitik werden.

Negative Emissionen als Irrweg?

Einige der geforderten Eindämmungsmaßnahmen berücksichtigen negative Emissions-Technologien wie CCS und Bioenergie mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (BECCS) - bei denen Bäume Kraftwerke speisen, deren Emissionen theoretisch zu einem späteren Zeitpunkt aufgefangen werden.

Diese Praxis wird vom IPCC und von der EU als kohlenstoffneutral angesehen, da die Bäume, die die Bioenergieanlagen speisen, als nachhaltig gelten - auch wenn für die erforderlichen Pflanzungen große Wald- und Agrarflächen verloren gehen.

Windturbinen ragen durch die Wolkendecke
Erneuerbare Technologien sind vorhanden, müssen aber massiv ausgebaut werdenBild: Guillaume Souvant/AFP/Getty Images

Die Technologie zur Kohlenstoffabscheidung befindet sich jedoch noch im Pilotstadium und sei "keine Lösung für die reale Welt", unterstreicht Schneider. "Die zentrale Klimaschutzstrategie des Berichts – der rasche Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen - wird oft durch Verweise auf technische Lösungen verwässert, die die fossile Brennstoffindustrie am Leben erhalten sollen."

Die Abhängigkeit von CDR-Technologien birgt auch die Gefahr einer vorübergehenden "Überschreitung" der Erwärmungsgrenze von 1,5 Grad. Nämlich dann, wenn CDR als Vorwand genutzt wird, um sofortige Emissionssenkungen zu verschieben.

Aber für eine Umkehr mittels CDR-Technologien könnte es bereits zu spät sein, wenn irreversible "Kipppunkte" ausgelöst werden, erklärt Schneider. Dazu gehört unter anderem das Auftauen von Permafrostgebieten, die massive Kohlenstoffsenken sind.

"Um Worst-Case-Szenarien und unkontrollierbare Auswirkungen zu vermeiden, darf das Versprechen negativer Emissionen zu einem späteren Zeitpunkt nicht als Ausrede dienen, um Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz und des Einsatzes erneuerbarer Energien zu verzögern", sagt Taylor Dimsdale, Direktor für Risiko und Widerstandsfähigkeit beim globalen Klima-Thinktank E3G.

"Es ist völlig unklar, ob wir jemals zu 1,5 Grad zurückkehren können, wenn dieser Wert erst überschritten ist. Außerdem können Rückkopplungen und Kipppunkte bereits vor dieser Marke auftreten," warnt Schneider.

Der Milliarden-Bäume-Plan

Die positiven Nebeneffekte der Eindämmung

Für Alexandre Köberle, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Grantham Institute, Imperial College London, und einer der Hauptautoren der jüngsten IPCC-Veröffentlichung, müssen die in dem Bericht berechneten Kosten für die Eindämmung des Klimawandels "die Auswirkungen berücksichtigen, die wir vermeiden würden, wenn wir den Klimawandel bekämpfen."

Die Kosten der Abschwächung werden in dem Bericht erneut am globalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) gemessen - ein Maß, das, wie Priyadarshi Shukla, Ko-Vorsitzende der IPCC-Arbeitsgruppe III, einräumt, "die wirtschaftlichen Vorteile reduzierter Anpassungskosten oder vermiedener Klimaauswirkungen" nicht berücksichtigt. Nichtsdestotrotz würde das BIP im Jahr 2050 nur wenige Prozentpunkte niedriger sein, wenn wir die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Erwärmung auf 2 Grad zu begrenzen, so Shukla.

Köberle bezeichnet das BIP als "furchtbare Messgröße", die es Politikern erschwert, die Öffentlichkeit von den Vorteilen einer vollständigen Energiewende zu überzeugen. Auch die "Nebeneffekte" von Klimaschutzmaßnahmen wie die Verringerung der Luftverschmutzung und die Verbesserung der Gesundheit der Atemwege werden nicht berücksichtigt, so Köberle, ebenso wenig wie die Energiesouveränität und die reduzierte Abhängigkeit von externen Energielieferanten - insbesondere in einer Zeit, in der Europa versucht, seine Abhängigkeit von russischem Gas und Öl zu verringern.

Dieser Artikel wurde aus dem englischen adaptiert.

DW Autor l Kommentatorenfoto Stuart Braun
Stuart Braun Australischer DW-Journalist und Buchautor.