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PolitikAsien

Iran: Ahmadresa Dschalali in der Todeszelle

6. Juni 2022

Eine deutsche Bundestagsabgeordnete und viele Menschenrechtler fordern nachdrücklich, sich für Ahmadresa Dschalali einzusetzen. Dem schwedisch-iranischen Arzt droht im Iran die Vollstreckung der Todesstrafe.

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Iran Akademiker Dr. Ahmadreza Djalali zum Tode verurteilt
Der iranisch-schwedische Mediziner Ahmadresa Dschalili Bild: privat

Ahmadresa Dschalali lebt weiter im Ungewissen. Seine für den 21. Mai vorgesehene Hinrichtung wurde nicht vollstreckt. Aber er sitzt weiter in Haft und muss jederzeit damit rechnen, dass das gegen ihn ausgesprochene Todesurteil vollzogen wird. Bereits im November 2020 hieß es, seine Hinrichtung stehe unmittelbar bevor.

Dschalali war im 26. April 2016 während einer Geschäftsreise im Iran in Teheran willkürlich verhaftet worden. Die Behörden beschuldigten ihn der Spionage und Zusammenarbeit mit Israel. Grundlage der Anschuldigung war ein Brief seiner Frau, der entsprechende Beweise enthalte, so die Behörden. Im Oktober 2017 wurde Dschalali nach einem laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International grob unfairen Verfahren vom Teheraner Revolutionsgericht zum Tode verurteilt. Dschalalis Geständnis wurde Amnesty zufolge durch Folter erpresst. Ende 2018 bestätigte der Oberste Gerichtshof das Todesurteil.

"Menschenverachtendes Urteil"

Das gegen Dschalali verhängte Todesurteil sei "menschenverachtend und durch nichts zu rechtfertigen", sagt Renata Alt, FDP-Abgeordnete im Deutschen Bundestag und Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. "Gravierende Menschenrechtsverletzungen wie die Todesstrafe gegen Ahmadresa Dschalali gehören im Iran leider zum traurigen Alltag", so Alt im DW-Interview.

Renata Alt I Politikerin (FDP)
FDP-Politikern Renata Alt: "Alle Gesprächskanäle mit dem Iran nutzen." Bild: Felix Zahn/photothek/picture alliance

Wie in vergleichbaren Fällen gehe es sicher auch im Fall Dschalali darum, Zugeständnisse oder Freilassungen von inhaftierten Iranern im Ausland zu erpressen, sagt Dieter Karg, Iran-Experte bei Amnesty International. Offenbar soll er gegen Hamid Nouri ausgetauscht werden, einen 2019 in Schweden verhafteten ehemaligen Staatsbeamten. Nouri muss sich in Schweden wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung an den iranischen Gefängnismassakern von 1988 verantworten. Damals waren bis zu zehntausend politische Gefangenen hingerichtet worden, die meisten durch den Galgen. Das Urteil im Prozess gegen Nouri wird Mitte Juli erwartet.

Der Iran bestreitet einen Zusammenhang zwischen den Fällen von Dschalali und Nouri. So erklärte ein Sprecher des iranischen Außenministeriums Anfang Mai auf der wöchentlichen Pressekonferenz: "Wenn es eine Verbindung gibt, dann ist es Schweden, das (die beiden Fälle) in Verbindung bringen will." Der Sprecher der iranischen Justiz, Sabihollah Chodajan, erklärte kurz danach: "Herr Dschalali war bereits zwei Jahre vor der Verhaftung von Hamid Nouri in Haft, und in seinem Fall wurde ein rechtskräftiges Urteil gefällt. Die Frage des Austauschs steht nicht zur Debatte, und die Justiz wird auf der Grundlage des ergangenen Urteils handeln."

Iran wollte Gefangene austauschen

Amnesty International weist demgegenüber in einem Bericht zum Fall Dschalali darauf hin, dass iranische Staatsmedien selbst es waren, die den Bezug zu Nouri wenige Tage vor der angedrohten Vollstreckung des Todesurteils herstellten. So zitiert die iranische Agentur ISNA in einem Artikel vom 4. Mai, also wenige Tage vor der angekündigten, dann aber aufgeschobenen Hinrichtung, einige namentlich nicht genannte politische Experten. Die seien der Ansicht, mit der Vollstreckung des Urteils gegen Dschalali würde die iranische Regierung nicht nur einen bindenden Gerichtsbeschluss umsetzen, sondern auch Schweden daran hindern, gegen weitere iranische Staatsbürger wie im Fall von Hamid Nouri vorzugehen.

Amnesty sieht diesen und andere Artikel als weiteren Beweis, "dass die iranischen Behörden das Leben von Ahmadresa Dschalali als Druckmittel einsetzen, um die Justiz in Schweden zu beeinflussen und die schwedischen Behörden zur Freilassung von Hamid Nouri zu zwingen".

Belgien Brüssel Protest für Freilassung von Ahmadreza Dschalali
Demonstration zur Freilassung von Dschalili vor der iranischen Botschaft in Brüssel 2017Bild: Imago/Zumapress

Hinweise, dass es den iranischen Behörden um einen Gefangenenaustausch geht, hatten sich bereits nach der Ankündigung der Hinrichtung Dschalalis im Dezember 2020 ergeben. Der damalige iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif erklärte öffentlich die Bereitschaft, sich auf einen Gefangenenaustausch einzulassen. "Es liegen mehrere Vorschläge des Iran auf dem Tisch", so Sarif. "Ich habe einen globalen Austausch von iranischen Gefangenen vorgeschlagen. Es gibt iranische Gefangene, die sich illegal in Europa aufhalten. Sie alle können zu ihren Familien zurückkehren, und der Iran ist bereit, dies zu erwidern. Wir können das morgen tun. Wir können es sogar heute tun."

Einsatz für Dschalali "darf nicht nachlassen"

Welche Schritte wären möglich, um das Todesurteil gegen Ahmadresa Dschalali aufzuheben und ihn aus der Haft zu holen? Die Bundestagsabgeordnete Renata Alt fordert die "bedingungslose Freilassung aus humanitären Gründen". Jegliche Gesprächskanäle, auch die im Kontext der Wiener Atomverhandlungen, seien zu nutzen, sagt sie.

Die Vereinten Nationen haben sich bereits mehrfach für die Freilassung ausgesprochen und das Verfahren als unfair kritisiert. Auch die Europäische Union hat schon dementsprechende Erklärungen abgegeben, und auch die schwedische Regierung ist in Teheran vorstellig geworden. Auch Amnesty engagiert sich für Dschalali. "Man kann kaum mehr machen", sagt Dieter Karg. "Aber man darf eben nicht nachlassen. Die Proteste und Forderungen nach Freilassung Dschalalis müssen weitergehen."

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika