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Syrien-Verhandlungen mit Teheran am Tisch

Spencer Kimball / ch30. Oktober 2015

Zum ersten Mal seit dem Atomabkommen sitzen iranische und amerikanische Unterhändler an einem Tisch. Das allein ist ein Erfolg. Doch die Aussichten auf ein Ende des syrischen Bürgerkriegs bleiben wohl gering.

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Österreich vor Syrien-Konferenz in Wien Gruppenbild mit Lawrow und Kerry (Foto: AFP)
Bild: Getty Images/AFP/B. Smialowski

Nach mehr als vier Jahren Bürgerkrieg in Syrien mit 250.000 Toten und Millionen von Flüchtlingen werden an diesem Freitag (30.10.2015) in Wien erstmals alle wichtigen Akteure (anders als auf dem Artikelbild, das die Vierer-Runde der Außenminister Russlands, der USA, Saudi-Arabiens und der Türkei bei ihrem gestrigen Treffen zeigt) zusammen an einem Verhandlungstisch sitzen und über Wege zum Frieden sprechen. Um die Verhandlungen möglich zu machen, haben die Vereinigten Staaten zugestimmt, dass der Iran mit am Tisch sitzt, und Teheran hat sich einverstanden erklärt zu verhandeln. Ägypten, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, der Irak, der Libanon, Russland, Saudi-Arabien und die Türkei wollen ebenfalls teilnehmen.

"Das ist ein eindeutiges Zeichen, dass das Atomabkommen den Weltmächten und dem Iran Felder der Zusammenarbeit eröffnet, um die regionale Krise zu bewältigen", sagt Seyed Hossein Mousavian, der Irans Botschafter in Deutschland war - und später Sprecher der Atomverhandlungen mit der Europäischen Union.

Zuvor hatte Washington schon zweimal eine Rolle des Iran bei den Syrien-Verhandlungen abgelehnt. Doch weil sich der Konflikt ohne Aussicht auf ein Ende hinzieht, mussten die USA einsehen, dass es eine wirkliche Lösung nicht ohne den Iran geben kann, so die Einschätzung des Iran-Experten Saied Golkar vom Chicago Council on Global Affairs. "Im Moment merkt jeder, dass die Situation nicht besser wird", sagt Golkar der Deutschen Welle. "Es wird praktisch mit jedem Tag schlimmer, und sie merken, dass der Iran das einzige Land in der Region ist, das Assad hilft, zu überleben. Man kann den Iran nicht übergehen."

iranische Offiziere getötet in Syrien (Foto: mashreghnews.ir)
Drei der in Syrien getöteten Kommandanten der RevolutionsgardeBild: mashreghnews.ir

Entspannung beim Thema Syrien unwahrscheinlich

Für Teheran häufen sich die Kosten der Militärintervention. In diesem Monat wurden drei Kommandanten der Iranischen Revolutionsgarde in Syrien getötet, darunter zwei Generäle. "Ständig bringen sie die Leichen von Kommandanten heim", sagt Golkar. "Sie spüren den Preis der Intervention. Sie wird im Iran immer unbeliebter. Deswegen ist die iranische Regierung an den Verhandlungstisch mit den Amerikanern gekommen."

Zweifellos haben sich die Beziehungen zwischen den USA und dem Iran in letzter Zeit entspannt. Diese Entspannung gipfelte im Sommer im Atomabkommen. Es sieht eine schrittweise Aufhebung der Sanktionen im Gegenzug für eine Reduzierung des iranischen Atomprogramms vor. Nach Einschätzung von Majid Rafizadeh, einem Iran- und Syrien-Experten von der Harvard-Universität, wird sich die Kompromissbereitschaft bei den Atomverhandlungen aber wohl nicht auf den Syrien-Konflikt übertragen.

"In Syrien liegen die geopolitischen und strategischen Ziele zu weit auseinander. Die Gräben zwischen beiden Seiten sind zu tief, um sie zu überbrücken", so Rafizadeh im DW-Gespräch. "Außerdem gibt es so viele Akteure neben dem Iran und den USA: regionale und globale staatliche Akteure sowie mehr als tausend nichtstaatliche Akteure, die in den Konflikt verwickelt sind."

Verhandlungsrunde (Foto: Reuters/R. Homavandi)
Im August fanden in Teheran hochrangige Verhandlungen mit syrischen Vertretern stattBild: Reuters/R. Homavandi

Mögliche Öffnung

Der Iran und Russland haben Präsident Baschar al-Assad lange als die einzige Autorität in Syrien betrachtet, die für Stabilität sorgen könne. Dafür unterstützten sie ihn sogar durch direktes militärisches Eingreifen. Im Gegensatz dazu galt Assad für die USA und ihre europäischen und sunnitischen Verbündeten lange als Quelle von Gewalt und Instabilität. Washington hat jedoch seine Position abgemildert. Bereits im März gestand US-Außenminister John Kerry ein, die USA würden wohl als Teil eines Machtübergangs in Syrien mit dem Assad-Regime reden müssen.

Golkar meint, es gebe Pragmatiker in Teheran unter der Führung von Präsident Hassan Ruhani, die für eine politische Lösung des syrischen Bürgerkrieges einträten und dafür sogar bereit seien, eine Zukunft ohne Assad im Präsidentenpalast in Erwägung zu ziehen. Doch sie befänden sich in einem Machtkampf mit Hardlinern in der Revolutionsgarde, die Assad weiterhin unterstützten und an eine militärische Lösung glaubten.

Der oberste geistliche Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, versuche, ein Interessengleichgewicht zwischen beiden Lagern herzustellen, so Golkar. Doch Außenminister Mohammed Dschawad Sarifs geplante Teilnahme an den Wiener Verhandlungen müsse von Chamenei abgesegnet worden sein. Dies zeige, dass das geistliche Oberhaupt immerhin bereit sei, eine diplomatische Lösung in Betracht zu ziehen.

"Sie sind bereit, Assad fallenzulassen, wenn eine Lösung die Alawiten und Schiiten einschließt und die iranischen Interessen in der Region befriedigt werden", sagt Golkar. "Wenn alle diese Länder eine Einigung erzielen, die die Alawiten an der Macht lässt, könnte der Iran über eine Zukunft Syriens ohne Assad reden, aber nicht über eine ohne das Assad-Regime."