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Politik

Iran und Russland: Ziemlich beste Freunde

12. November 2022

Durch die Unterstützung beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat sich Teheran politisch und militärisch eng an Moskau gebunden. Fraglich ist, ob das dem Mullah-Regime langfristig nützen wird.

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Flagge Iran Russland
Bild: Leonid Altman/Zoonar/picture alliance

Die iranisch-russischen Beziehungen sind seit Jahren eng. Nun sollen sie noch enger werden, erklärte der iranische Präsident Ebrahim Raisi, als er Mitte der Woche den Sekretär des russischen Sicherheitsrats Nikolai Patruschew empfing. Zwar habe sein Land eine ablehnende Haltung zum Krieg gegen die Ukraine. Dieser sei "besorgniserregend", erklärte Raisi. Zugleich aber würden Teheran und Moskau ihre Beziehungen auf eine "strategische" Ebene heben. Denn dies sei "die entschiedenste Antwort auf die Sanktions- und Destabilisierungspolitik der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten." Raisis Gast Patruschew selbst steht auf den Sanktionslisten der EU und der USA.

Auch General Ali Schamchani, Chef des obersten nationalen Sicherheitsrats Irans, pries die iranisch-russische Partnerschaft und präzisierte deren Ziele. So wolle man die Zusammenarbeit in den Bereichen Energie, Verkehr, Landwirtschaft, Handel, Banken und Umwelt verbessern und die Kapazitäten multilateraler Organisationen nutzen. Zu ihnen zählte er auch die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO). Seit 2022 ist der Iran ordentliches Mitglied der SCO.

Iran Teheran | Ali Shamkhani und Nikolai Partuschew
General Ali Schamchani (l.), Chef des Nationalen Sicherheitsrats Irans, mit seinem russischen Amtskollegen Nikolai Partuschew Bild: Tasnim

Als kompliziert bezeichnet Politikwissenschaftler Ali Fathollah-Nejad das Verhältnis zwischen Moskau und Teheran. Beide Länder stünden in Rivalität zu den Vereinigten Staaten. "Das vereint sie." Allerdings habe sich Russland in der Vergangenheit auch als äußerst opportunistischer Akteur erwiesen.

So habe sich Moskau im Zuge des Atomkonfliktsvor dem Angriffskrieg auf  die Ukraine immer gegen Sanktionen gegen Iran gewandt. Doch im UN-Sicherheitsrat habe es dann dafür gestimmt, sagte Fathollah-Nejad Mitte der Woche auf einer Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung. "Denn Moskau wollte keinen Wegfall der Sanktionen auf iranische Energie, um Konkurrenz für seine eigenen Energielieferungen zu haben. Daher das entsprechende Abstimmungsverhalten im UN-Sicherheitsrat." Nun aber setze Moskau auf einen starken, von den Sanktionen möglichst befreiten Iran. 

Wirtschaftliche Zusammenarbeit mit begrenztem Nutzen

Geändert haben sich diese Denkmuster im Kreml nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Seitdem steht auch Russland selbst unter westlichen Sanktionen. Der Export von russischem Gas und Öl ist nicht ohne Weiteres möglich. Moskau sucht deswegen Schulterschluss mit alten Verbündeten.

Unmittelbar vor dem Besuch des russischen Präsident Wladimir Putin in Teheran im Juli 2022 unterzeichnete der russische Energiekonzern Gazprom mit dem iranischen Ölunternehmen NIOC einen rund 40 Milliarden US-Dollar schweren Kooperationsvertrag. Gazprom unterstützt NIOC bei der Erschließung von zwei Gas- und sechs Ölfeldern. Nun seien weitere Großaufträge im Zusammenhang mit dem Bau von Pipelines zwischen dem Iran und Russland im Gespräch, hieß es diese Woche im Umfeld von Patruschew in Teheran.

Eine Analyse der Carnegie Stiftung lässt allerdings offen, ob die Zusammenarbeit wirklich den von beiden Ländern erhofften Nutzen bringen wird. Selbst wenn die Wachstumsprognosen realisiert würden, stellten die Geschäfte zwischen beiden Ländern nicht einmal ein Prozent des gesamten russischen Außenhandels dar.

Das iranische Atomkraftwerk Buschehr
Eine Rechnung über 500 Millionen Dollar steht für den Bau des AKW Buschehr immer noch offenBild: ABEDIN TAHERKENAREH/epa/dap/picture alliance

Ohnehin dürfte der Iran aus russischer Sicht ein ökonomisch schwieriger Partner sein. Infolge internationaler Sanktionen ist das Land mit seinem hohen Haushaltsdefizit international nicht uneingeschränkt zahlungsfähig. Teheran konnte bis heute eine 500 Millionen Dollar-Rechnung von Russland für den Bau des Atommeilers in Buschehr am Persischen Golf nicht zahlen. Das Kernkraftwerk ging schon 2011 ans Netz.

Wirtschaft im Dienst der Politik?

Darum ist fraglich, ob sich das Engagement Russlands ökonomisch rentieren wird. "Sollte es Moskau darum gehen, seinen politischen Einfluss im Iran zu vergrößern, mag dieses Vorgehen gerechtfertigt sein", so die Carnegie-Stiftung. "Aber es wird sicherlich nicht dazu beitragen, die russische Wirtschaft in einer Zeit der Sanktionen zu retten."

Kurzfristige Resultate könne die Zusammenarbeit hingegen im politisch-militärischen Bereich bringen, glaubt Politologe Fathollah-Nejad. Allerdings schaffe sich Iran zugleich auch neue Probleme. "Die Russen sehen den Iran nicht zuletzt als ein Instrument, um dem Westen Kopfzerbrechen zu bereiten." Deswegen wolle Moskau mit allen Mitteln ein neues Atomabkommen zwischen dem Iran und dem Westen verhindern. "Das würde Russland Nachteile bringen."

Iran Präsident Ebrahim Raisi trifft den russischen Präsident Wladimir Putin in Teheran
Russlands Präsident Putin (l.) mit seinem Amtskollegen Raisi im Juli 2022 Bild: Sergei Sovostyanov/AFP

Russische Falle?

Erst vor wenigen Tagen hatte Teheran eingestanden, Drohnen an Russland verkauft zu haben, wenngleich, wie es hieß, nur eine "begrenzte" Anzahl und Monate vor Beginn des Krieges. Die Rechtfertigung deutet an, dass Iran nicht daran gelegen ist, sich auf die unkontrollierte Konfrontation zum Westen einzulassen. Allerdings, sagt Fathollah-Nejad, habe Moskau Teheran offenbar in eine Falle laufen lassen. "Der Iran gilt nun als Akteur im russischen Krieg gegen die Ukraine."

Die ziemlich beste Freundschaft habe nämlich einen hohen politischen Preis, sagt Politikwissenschaftler Markus Keim von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik im DW-Interview. "Beide Länder haben mit Blick auf den Krieg in der Ukraine gelogen. Das hat Konsequenzen. Das ohnehin begrenzte Vertrauensverhältnis der westlichen Staaten in beide Länder ist stärker beschädigt. Das wirkt sich natürlich auf die mögliche Zusammenarbeit in der Zukunft aus."

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika