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PolitikIran

Iran verschärft gewaltsame Unterdrückung der Frauen

Omid Barin
30. April 2024

Gemäß einer Anordnung des iranischen Führers Ayatollah Ali Chamenei weitet die "Sittenpolizei" ihre Patrouillen aus. Frauen, die sich weigern, ein Kopftuch zu tragen, berichten von Belästigungen und Verhaftungen.

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Iran | Iranische Frauen ohne Kopftuch
Frauen im Iran ohne KopftuchBild: Vahid Salemi/AP Photo/picture alliance

Die iranischen Behörden verstärken ihre Straßenpatrouillen, um Frauen zu unterdrücken, die sich weigern, die strenge islamische Kleiderordnung einzuhalten.

Der geistliche Führer des Landes, Ayatollah Ali Chamenei, gibt dabei Rückendeckung für eine neue Kampagne mit dem Namen "Nour" (auf Deutsch: das Licht). Dabei sucht die iranische "Sittenpolizei" bei den sogenannten "Anleitungspatrouillen" nach Frauen, die sich weigern, das Kopftuch zu tragen.

Eine 25-jährige Studentin, beschrieb im Gespräch mit der DW, wie sie am 20. April auf dem Weg zur Universität in den Straßen von Teheran angesprochen wurde, weil sie kein Kopftuch trug. Sie sei von Dutzenden Polizeibeamtinnen umringt worden, die von ihr verlangten, ihr Haar zu bedecken. Als sie sich wehrte, seien diese schnell gewalttätig geworden, rissen ihr einige Haare aus und belästigten sie verbal, während sie sie in einen Polizeiwagen zerrten.

Deutschland | Protest Rapper Toomaj Salehi
Protestaktion in der deutschen Hauptstadt Berlin am 28.04.2024Bild: Ebrahim Noroozi/AP Photo/picture alliance

"Ich rief laut, dass meine Kleiderordnung meine eigene Sache ist. Sobald ich das sagte, begannen die Beleidigungen und die Gewalt", sagte die junge Frau, die anonym bleiben wollte. Die Beamtinnen beschimpften sie als Prostituierte und sagten ihr, sie müsse die Gesetze des Iran respektieren, die sich aus den islamischen Geboten ergeben.

#Mahsaamini

"In diesem Moment wusste ich nicht ganz, was geschah", sagt sie, "ich wusste nur, dass sie mich schlugen. Später sah ich, dass ich an mehreren Stellen meines Körpers Prellungen hatte". Sie habe an die Bewegung "Frauen, Leben, Freiheit" gedacht, so die Studentin weiter. "Ich erinnerte mich an Jina Mahsa Amini und andere Frauen, die ihr Leben während des Frauenaufstands für Leben und die Freiheit geopfert hatten. Und ich sagte mir, dass ich stark sein müsse."

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Die Massenbewegung für mehr Frauenrechte begann im September 2022, als die 22-jährige Jina Mahsa Amini im Polizeigewahrsam starb. Sie war von der Sittenpolizei in Teheran festgenommen worden, weil sie einen Hidschab angeblich nicht korrekt getragen hatte. Nach dem Tod Aminis kam es zu den größten Demonstrationen, die der Iran seit Jahrzehnten erlebt hatte. Tausende von Menschen gingen in iranischen Städten auf die Straße, um für die Rechte der Frauen zu demonstrieren. Die Behörden unterdrückten die Proteste mit Gewalt.

Dabei starb auch die 16-jährige Aktivistin Nika Shakarami. Sie war kurz nach dem Tod von Amini festgenommen worden. Die iranischen Behörden behaupteten, sie habe in der Haft Selbstmord begangen. Laut Recherchen von CNN und BBC liegen aber jetzt deutliche Hinweise vor, dass sie von iranischen Sicherheitskräften misshandelt und dann umgebracht wurde. Eine UN-Untersuchungsmission schätzt, dass insgesamt 551 Demonstrierende getötet wurden.

Die Studentin berichtete weiter, dass sie in Polizeigewahrsam genommen worden sei. Dort seien mindestens fünf weitere Frauen festgehalten worden, weil sie kein Kopftuch trugen. Nach einigen Stunden kam sie wieder frei, musste sich aber schriftlich verpflichten, "die islamischen Bekleidungsvorschriften zu befolgen", um eine weitere Strafverfolgung zu vermeiden.

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Erneutes hartes Durchgreifen

In den letzten Wochen kursierten in den sozialen Medien im Iran viele ähnliche Berichte über exzessive Gewalt gegen Frauen. Viele Frauen haben dort ihre Erfahrungen mit Polizeigewalt, Verhaftungen und Geldstrafen gepostet. Das Parlament und der Wächterrat, beide gesetzgebende Organe, beraten derzeit über Gesetzesentwürfe, die ein hartes Durchgreifen gegen Frauen ermöglichen sollen, die sich der "obligatorischen Kopftuchpflicht" in der Öffentlichkeit widersetzen.

Die neue Welle der Einschüchterung startete nach der Festrede von Ayatollah Ali Chamenei zum Zuckerfest am 10. April, dem Feiertag, der den Fastenmonat Ramadan beendet. Dabei betonte Chamenei die Notwendigkeit der Kopftuchpflicht und ordnete Maßnahmen gegen "religiöse Normbrecher" an. Nach dieser Rede verstärkte die Sittenpolizei ihre Straßenkontrollen.

Mahtab Mahboub, eine in Deutschland lebende iranische Frauenrechtsaktivistin, erklärte gegenüber DW, dass die verstärkte Unterdrückung der Frauenrechte zeitgleich mit den zunehmenden Spannungen mit Israel kein Zufall sei.

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"Die Frage der Sicherheit der Islamischen Republik steht im Mittelpunkt der Politik: die äußere Sicherheit durch Angriffe auf den 'Feind' und die innere Sicherheit durch die Kontrolle der Körper von Frauen und der Minderheit mit anderen Geschlechtsidentitäten", sagte sie. Frauen und Demonstranten würden "als potenzielle Agenten der Rebellion" angesehen, die "das obligatorische Wertesystem" der Islamischen Republik infrage stellen können.

Osman Mozayan, ein Rechtsanwalt in Teheran, sagte gegenüber DW, dass in den letzten Tagen viele unrechtmäßige Verhaftungen stattgefunden hätten. "In einigen Fällen wurden die Bankkonten von Frauen gesperrt oder ihre Autos beschlagnahmt. Einige Studenten wurden am Zugang zur Universität gehindert. Einige durften nicht zur Arbeit fahren. Ihr gesellschaftliches Leben wurde zerrissen."

Forderung nach Veränderungen

Viele sind der Meinung, dass die landesweiten Proteste mit dem Slogan "Frauen, Leben, Freiheit" die größte Herausforderung seit der Gründung der Islamischen Republik im Jahr 1979 im Lande darstellen. Das Regime war jedoch nie bereit, auf die Forderungen der Demonstrierenden einzugehen, insbesondere nicht auf die Abschaffung der Kopftuchpflicht. Die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi, die derzeit im Teheraner Evin-Gefängnis in Haft sitzt, bezeichnete die jüngste Zunahme der Gewalt gegen Frauen und Jugendliche als ein Zeichen der "Verzweiflung" der Islamischen Republik.

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Eine Gruppe von Müttern, die ihre Kinder während der Proteste zu "Frauen, Leben, Freiheit" verloren haben, veröffentlichte kürzlich eine Erklärung, in der sie die "brutale und anhaltende Unterdrückung durch dieses frauenfeindliche Regime" verurteilten. Darin heißt es: "Wir Frauen lassen uns nicht als Bürgerinnen zweiter Klasse betrachten, über die die patriarchalische Regierung und Gesellschaft entscheiden wollen."

Eine Journalistin in Teheran, die mit DW unter dem Pseudonym "Rojina" sprach, kann trotz des jüngsten Anstiegs der Gewalt keine Veränderung auf den Straßen erkennen: "Jeden Tag sieht man viele Frauen ohne Kopftuch in der Öffentlichkeit. Sie haben akzeptiert, dass Freiheit ihren Preis hat. Und sie sind entschlossen, nicht in das Leben vor der Bewegung 'Frauen, Leben, Freiheit' zurückzukehren."

Die Frauenaktivistin Mahboub steht in Kontakt mit vielen Frauen im Iran. Sie sagte, die Bewegung "Frauen, Leben, Freiheit" habe "den Frauen das verlorene Selbstvertrauen zurückgegeben und die gesamte Gesellschaft daran erinnert, dass die Freiheit der Frauen und die der am stärksten marginalisierten Gruppierungen das Maß für alle Freiheiten der Gesellschaft ist". "Einige Frauen, die immer noch ohne Hi­dschab das Haus verlassen, fordern mutig ihre verlorene Würde zurück. Sie bestehen darauf, dass niemand das Recht hat, über ihre Körper zu entscheiden", sagt sie. "Mein Körper gehört mir."

Aus dem Englischen adaptiert von Dang Yuan.