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Politik

Iran verletzt Atomabkommen noch nicht

27. Juni 2019

Sie war von Teheran für diesen Donnerstag angekündigt worden: die Überschreitung der durch den Atomdeal erlaubten Uran-Höchstmenge. Doch der Iran scheint noch ein Treffen mit den verbliebenen Vertragspartnern abzuwarten.

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Ein Techniker bei der Arbeit in der Uran-Aufbereitungsanlage im iranischen Isfahan  (Foto: picture-alliance/dpa/AP Photo/V. Salemi)
Ein Techniker bei der Arbeit in der Uran-Aufbereitungsanlage im iranischen Isfahan Bild: picture-alliance/dpa/AP Photo/V. Salemi

Entgegen den eigenen Ankündigungen wird der Iran die zulässige Menge niedrig angereicherten Urans an diesem Donnerstag nicht überschreiten. "Sie werden es heute nicht überschreiten", sagte ein Diplomat am Sitz der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien. Er wollte namentlich nicht genannt werden. Als Stichtag hatte die iranische Atomorganisation eigentlich diesen Donnerstag angekündigt. Die Überschreitung der im Wiener Atomabkommen von 2015 festgelegten Obergrenze von 300 Kilogramm an niedrig angereichertem Uran hätte erstmals gegen einen der zentralen Punkte des Deals verstoßen.

"Wall Street Journal": Vielleicht am Wochenende

Das "Wall Street Journal" schrieb unter Berufung auf europäische Diplomaten, dass die Überschreitung eventuell am Wochenende möglich wäre. Vieles spricht dafür, dass der Iran das Ergebnis eines für Freitag geplanten Treffens mit den verbliebenen Partnern des Abkommens in Wien abwarten will. Vizeaußenminister Abbas Araghchi ist bereits in Wien eingetroffen. Die Spitzendiplomaten aus Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland wollen unter Vorsitz der deutschen EU-Spitzendiplomatin Helga Schmid mit dem Iran beraten, ob der Deal trotz des enormen Widerstands aus den USA gerettet werden kann.

Die EU-Diplomatin Helga Schmid will in Wien mit den verbliebenen Unterzeichnerstaaten des Atomabkommens sprechen (Foto:picture-alliance/dpa/telam/G. Luciana)
Die EU-Diplomatin Helga Schmid will in Wien mit den verbliebenen Unterzeichnerstaaten des Atomabkommens sprechenBild: picture-alliance/dpa/telam/G. Luciana

Zentraler Punkt der Beratungen dürfte die Enttäuschung Teherans über die wirtschaftlichen Beziehungen und fehlende Umsetzung von Zusagen sein. Der Iran hatte mit dem Deal auf einen Aufschwung gehofft. Durch das Ausscheiden der USA aus dem Abkommen und neue US-Sanktionen schrecken viele Firmen aber vor Geschäften mit Teheran zurück, weil sie dann keine Geschäfte mit den Vereinigten Staaten mehr machen können. Über eine von Deutschland, Großbritannien und Frankreich im Januar gegründete Gesellschaft namens Instex sollte der Zahlungsverkehr bei Iran-Geschäften abgewickelt werden können. Bisher ist aber keine einzige Transaktion über das System erfolgt.

Höhere Uran-Anreicherung als nächste Stufe

Die USA haben die bislang schärfsten Sanktionen gegen den Iran verhängt. Besonders betroffen ist die Ölwirtschaft, die Haupteinnahmequelle des Irans. Die USA sind Anfang Mai 2018 einseitig aus dem internationalen Abkommen ausgeschieden. Der Grund: Aus Sicht von Präsident Donald Trump hindert der Deal den Iran nicht am Bau einer Atombombe. Außerdem bemängelt er, dass das Raketenprogramm des Landes nicht Teil der Vereinbarung ist. Der Iran bestreitet immer wieder, Atomwaffen bauen zu wollen. Der Iran hat als Druckmittel für den 7. Juli eine mögliche weitere Verletzung der Auflagen des Abkommens angekündigt. Dann will er sein Uran höher als die erlaubten 3,67 Prozent anreichern. Das könnte das faktische Ende des Wiener Abkommens bedeuten, weil die niedrige Uran-Anreicherung - sie reicht etwa für den Betrieb von Atomkraftwerken - der Kern des Deals war, um ein iranisches Atomwaffenprogramm zu verhindern. Für derlei Waffen ist nämlich eine Anreicherung von rund 90 Prozent erforderlich. 

Irans Präsident Hassan Rohani sieht etwaige Verletzungen des Abkommens als angemessen an. Er argumentiert, der Iran habe sich seit 2015 an alle Auflagen des Deals gehalten, die Gegenseite jedoch nicht. Besonders die für den Iran vorteilhaften wirtschaftlichen Aspekte des Abkommens, die durch die Aufhebung der Sanktionen ermöglicht werden sollten, wurden nicht erfüllt. Daher ist es laut Rohani legitim, dass auch der Iran seine Verpflichtungen zurückstuft.

Rohani hält sich Hintertürchen offen

Rohani hat jedoch eine diplomatische Hintertür offen gehalten. Der Iran sei flexibel, so der Präsident. Teheran werde nichts unternehmen, was "nicht rückgängig" gemacht werden könne. Sollten die fünf Staaten das Wiener Abkommen nicht vertragsgerecht umsetzen, werde auch der Iran seine Verpflichtungen schrittweise aufgeben. "Falls aber doch, werden wir voll und ganz wieder zum Deal zurückkehren", erklärte der Kleriker. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hatte der Islamischen Republik seit Beginn der beispiellos strengen Überwachung des iranischen Atomprogramms Anfang 2016 vielfach die Einhaltung aller Auflagen bescheinigt.

sti/rb (afp, dpa)