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Politik

Tanker bringt Griechenland in die Bredouille

22. August 2019

Athen wird dem iranischen Tanker "Adrian Darya-1" nicht erlauben, in einen griechischen Hafen einzulaufen. Damit schlägt sich Athen auf die Seite der USA. Doch der Konflikt geht weiter.

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Öltanker Adrian Darya -  Grace 1
Bild: Reuters/J. Nazca

Der internationale Konflikt um den iranischen Tanker "Adrian Darya-1", der sich derzeit auf dem Weg von Gibraltar ins östliche Mittelmeer befindet, geht in die nächste Runde. Nach Spekulationen darüber, ob das Schiff auf den griechischen Hafen Kalamata zusteuert, berichten griechische Medien nun: Die "Adrian Darya-1" darf in keinem griechischen Hafen anlegen. Damit scheint sich Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis in seinem ersten internationalen Konflikt dem Druck der USA zu beugen. Diese halten die Ladung des Öltankers für illegal, mit der Begründung, das iranische Rohöl diene der Finanzierung terroristischer Aktionen. Washington drohte: Wer auch immer dem Tanker die Einfahrt in den Hafen erlaube, unterstütze Terroristen.

Mitsotakis ließ über seinen stellvertretenden Außenminister, Miltiadis Varivitsiotis mitteilen, Griechenland werde dem iranischen Tanker die Fahrt nach Syrien nicht erleichtern. Damit hat sich der neue griechische Premier in einem komplizierten Dreieckskonflikt zwischen Brüssel, Washington und Teheran auf die Seite der USA gestellt. Doch das Problem ist damit nicht aus der Welt.

Mitsotakis unter Druck

Für Ministerpräsident Mitsotakis kommt der Konflikt reichlich ungelegen. Der Harvard-Absolvent ist grundsätzlich bemüht um gute Beziehungen zu den USA. Gerade was die schwierigen Beziehungen mit der Türkei angeht, hofft Athen auf Unterstützung aus Washington - nicht zuletzt auch militärisch. Seit Ankara unter lautem Protest der US-Regierung Abwehrraketen in Moskau bestellt hat, gelten die türkisch-amerikanischen Beziehungen als unterkühlt. Gleichzeitig begrüßt Washington, zum Unmut der Türkei, die Zusammenarbeit zwischen Griechenland, Zypern und Israel bezüglich der Erdgasvorkommen vor der zyprischen Küste. Für Athen sind diese nicht nur von hoher wirtschaftlicher Bedeutung. Mitsotakis hofft zudem, dass der Erdgasdeal den Aufwärtstrend in den griechisch-amerikanischen Beziehungen weiter beflügelt.

Parlamentswahl in Griechenland 2019 Kyriakos Mitsotakis und Alexis Tsipras
Mit Kyriakos Mitsotakis (r.) regiert ein USA-freundlicher Ministerpräsident Griechenland (mit Amtsvorgänger Alexis Tsipras) Bild: picture-alliance/dpa/Eurokinissi

Die "Causa Adrian Darya-1" drohte Mitsotakis hier einen Strich durch die Rechnung ziehen. Eigentlich lief es gut für ihn - bislang. Gerade in den USA begrüßte man, dass die Ära Tsipras mit den Juliwahlen endete. Zwar verlief die Zusammenarbeit mit dem sozialistischen Ministerpräsidenten besser als erwartet, doch die USA bevorzugen eindeutig  den konservativen Regierungschef und seinem neo-liberalen Wirtschaftsprogramm. In Washington hofft man auf eine stabile Zusammenarbeit, ohne die ideologischen Vorbehalte eines Alexis Tsipras gegenüber den Vereinigten Staaten. Das Weiße Haus dürfte die Loyalität der neuen griechischen Regierung zu schätzen wissen. Immerhin erklärte Athen öffentlich, die guten Beziehungen zu den Vereinigten Staaten nicht aufs Spiel setzen zu wollen.

Droht jetzt ein Konflikt mit Brüssel?

Alles schön und gut, wäre da nicht Brüssel und eine europäische Entscheidung, die "Adrian Darya-1" passieren zu lassen. Und nun stellt sich gerade der griechische Ministerpräsident gegen den Staatenbund? Im Wahlkampf hatte Mitsotakis den Griechen Steuererleichterungen versprochen, von denen er einige bereits gesetzlich umgesetzt hat. Um seine Versprechen zu halten, will er außerdem mit Brüssel die griechische Schuldenfrage neu verhandeln und die Auflagen der Rückzahlung günstiger gestalten. Dazu aber muss er das Vertrauen seiner europäischen Amtskollegen gewinnen. Ob seine loyale Geste gegenüber Washington hier auf Freude stößt, ist fraglich.

Doch es dreht sich hier nicht allein um Fragen der Loyalität. Griechenland besitzt die größte Handelsflotte der Welt. Das Reedereiwesen ist ein milliardenschwerer Industriezweig. Schiffe unter griechischer Flagge befinden sich auch im persischen Golf. Nach der Entscheidung Athens, den iranischen Tanker die Einfahrt in den griechischen Hafen zu verweigern, könnte es zu Vergeltungsmaßnahmen kommen. Nachdem Griechenland seit dem letzten Sommer komplett auf iranisches Öl verzichtet, gelten die Beziehungen zwischen Athen und Teheran ohnehin als angespannt. Eine Eskalation im Persischen Golf würde sicherlich nicht folgenlos bleiben und das derzeitige Dilemma der westlichen Staaten im Umgang mit dem Iran verschärfen.

Washingtons einseitige Eskalationspolitik

Den USA allerdings dürfte eine Verschärfung des Konfliktes zwischen dem Iran und Griechenland zugute kommen. Sollten griechische Schiffe durch den Iran unter Druck gesetzt, bedroht oder gar angegriffen werden, könnte Europa wohl kaum an einer Deeskalationspolitik mit Teheran festhalten. Was im Sinne von US-Präsident Donald Trump wäre. Immerhin hatte er einseitig den Atomdeal mit dem Iran aufgekündigt und verfolgt seitdem eine harte Sanktionspolitik. Sollten ernsthafte Probleme zwischen Teheran und Europa entstehen, würde Brüssel sich wohl gezwungen sehen, der Eskalationspolitik des US-Präsidenten zu folgen.

Für Europa ist die Krise um den iranischen Öltanker ein herber Rückschlag in den Annäherungen der letzten Jahre zwischen dem Westen und Teheran. Dass sich jetzt gerade Griechenland auf die Seite der USA schlägt, ist ein weiterer Schritt in Richtung Konfrontation mit dem Iran. 

Porträt eines Mannes mit braunen Haaren und Bart
Florian Schmitz Reporter mit Schwerpunkt Griechenland
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