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Irland: Ja-Wort für die Homo-Ehe?

Gavan Reilly / cr22. Mai 2015

Die Iren entscheiden, ob die Homo-Ehe eingeführt werden soll. Laut Umfragen ist eine Mehrheit dafür. Doch die Volksabstimmung könnte anders ausgehen als erwartet, berichtet Gavan Reilly aus Dublin.

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Irland Referendum zur Homo-Ehe Homo-Paar mit Kindern
Bild: Getty Images/AFP/P. Faith

Von außen betrachtet wirkt Irland sehr konservativ: 84 Prozent der Bevölkerung ist katholisch; der öffentlich-rechtliche Rundfunk sendet zweimal am Tag das Angelusläuten; laut Verfassung ist Gott die Quelle jeglicher Macht; konservative Parteien regieren das Land seit 1923; und Parlamentssitzungen beginnen immer mit einem Gebet.

Große öffentliche Zustimmung

Aber wie so oft in Irland zeigen die Tatsachen nicht das ganze Bild. Eine Serie von Missbrauchsskandalen hat das öffentliche Vertrauen in die Katholische Kirche schwer erschüttert. Inzwischen lehnen viele Iren Teile der kirchlichen Lehre offen ab. Ehescheidungen oder Verhütung sind schon lange nicht mehr verboten. Und Umfragen zeigen, dass die meisten Wähler dafür sind, die strengen Gesetze gegen Abtreibung zu lockern.

Schon seit 2011 ist die eingetragene Lebenspartnerschaft für Lesben und Schwule möglich. Am Freitag entscheidet die Bevölkerung darüber, ob die Homo-Ehe legalisiert und damit der Ehe zwischen Mann und Frau rechtlich vollständig gleichgestellt werden soll. Stimmen die Iren mit "Ja", wäre Irland das erste Land, das die Homo-Ehe per Volksentscheid einführt. Alle großen Parteien sind dafür. Unter den Gegnern findet sich nur eine Handvoll unabhängiger Politiker.

"Eine irische Hochzeit ist eine Party, die oft drei Tage dauert", scherzte Vizepremierministerin Joan Burton nach einer Veranstaltung der Befürworter in Dublin. "Die Menschen haben sich an die Tatsache gewöhnt, dass ihre Freunde, Cousins oder ihre Kinder schwul oder lesbisch sein können."

Veränderter Fokus der Gegner

Nur wenige sind anderer Meinung. In der Debatte vor dem Referendum ging es kaum um Homosexualität an sich – und viele der Gegner haben grundsätzlich auch kein Problem damit, homosexuelle Paare rechtlich anzuerkennen. Das Hauptargument der "Nein-Sager" war ursprünglich, dass gleichgeschlechtliche Ehen den speziellen Status der Ehe zwischen Mann und Frau verwässern könnten.

"Ich glaube wirklich nicht, dass meine heterosexuellen Freunde am 23. Mai aufwachen, sich anschauen und sagen: 'Oh, Liebling, ich fühle mich heute viel weniger mit dir verheiratet'.“, sagt Senator David Norris. Norris erzielte vor knapp 25 Jahren einen historischen Sieg vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Richter urteilten damals, dass Irland einvernehmlichen Sex zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern erlauben muss. Seit 1993 ist Homosexualität keine Straftat mehr in Irland. "Wir wollen in einer realen Welt mit echten Menschen leben", sagt Norris.

Plakate für und gegen die Homo-Ehe in irland
Ein Klima der Toleranz, aber eine Wahlurne voller Neinstimmen? Der Ausgang der Abstimmung ist völlig offenBild: Getty Images/AFP/P. Faith

Mittlerweile haben die Gegner der Homo-Ehe ein anderes Hauptargument: Würden homosexuelle Paare rechtlich anerkannt, müssten sie auch die gleichen Möglichkeiten zur künstlichen Befruchtung oder zur Leihmutterschaft in Anspruch nehmen dürfen. Für Kinder mit gleichgeschlechtlichen Eltern bedeutet das, dass mindestens ein Elternteil außerhalb der Familie lebt. Das beraube die Kinder ihrer Rechte. "Wir werden aufgefordert, für einen Betrug zu stimmen", sagt Keith Mills, Sprecher der Gruppe "Anliegen der Mütter und Väter".

Mills selbst ist homosexuell. Und er ist der Meinung, dass es fundamentale Unterschiede zwischen homosexuellen und heterosexuellen Partnerschaften gibt. "Ich habe persönlich beide Erfahrungen gemacht und ich glaube, dass die Beziehung, die ein Mann mit einer Frau eingeht, in erster Linie darauf ausgerichtet ist, eine Familie zu gründen. Bei gleichgeschlechtlichen Beziehungen ist das nicht der Fall."

Führen die Umfragen in die Irre?

Auch die Befürworter präsentieren sich als Vorkämpfer für Familienwerte. Das irische Recht erlaubt homosexuellen Paaren die Adoption von Kindern. Leihmutterschaft ist überhaupt nicht reguliert. Somit gibt es in Irland bereits viele Schwule und Lesben, die Kinder aufziehen, ein "Nein" würde daran nichts ändern. Ein "Ja" hingegen sei die öffentliche Anerkennung, dass nicht-traditionelle und traditionelle Familien sowohl gesellschaftlich als auch rechtlich gleichberechtigt sind, argumentieren die Befürworter. Außerdem, so heißt es im "Ja-Lager", seien Debatten, in denen es um Kinder gehe, nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver, um die Wähler von der entscheidenden Frage abzulenken: Nämlich ob es in Irland um die Liebe oder um das Geschlecht zweier Menschen geht.

Lange Zeit schien klar, wie die Iren diese Frage beantworten: Laut Umfragen Ende des letzten Jahres waren fast 80 Prozent für die Homo-Ehe. Aber je länger die Debatte geführt wurde, desto unsicherer wurden die Wähler. Mittlerweile würden laut Umfragen nur noch 53 Prozent sicher mit "Ja" stimmen. Viele Befürworter fürchten, dass sich am Ende sogar noch die Gegner durchsetzen könnten. Denn aus Sorge, als homophob abgestempelt zu werden, könnten sich viele Menschen in Umfragen zwar als Befürworter ausgeben, beim Referendum aber mit "Nein" stimmen.

"Es gibt ein starkes Gruppendenken in den Medien und innerhalb der politischen Elite", sagt Senator Jim Walsh, der aus der liberalen Partei "Fianna Fáil" ausgetreten ist, um gegen die Homo-Ehe zu kämpfen. "Ich kenne viele Politiker in allen Parteien, die Nein stimmen werden. Sie sagen das nur nicht offen.“ Wenn das Ergebnis der Volksabstimmung am Samstag vorliegt, wird sich zeigen, ob Walsh recht hat.