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Islam in Schulbüchern

15. September 2011

Schulbücher europäischer Länder zeichnen ein undifferenziertes Bild des Islams. Eine neue Studie zeigt: Seine unterschiedlichen Ausprägungen werden ebenso wenig wahrgenommen wie seine Modernisierungsbemühungen.

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Moschee (Foto: dpa)
Kein Klischee, sondern Realität: moderner Moschee-Bau in IstanbulBild: picture-alliance/ dpa

Schulbücher europäischer Länder halten heute immer noch an vereinfachten Darstellungen des Islam fest. Das ist ein Ergebnis einer Studie über das Islambild in europäischen Ländern, die das deutsche Auswärtige Amt am Donnerstag (15.09.2011) in Berlin vorgestellt hat. So heißt es zum Beispiel in einem spanischen Schulbuch von 2006, dass der Koran nicht nur die Grundlage für die islamische Religion darstellt. Er sei auch ausschlaggebend für richterliche Entscheidungen in muslimischen Ländern. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit: Für Saudi Arabien oder für Mauretanien stimmt diese Aussage, nicht jedoch für die Türkei und Tunesien.

Susanne Kröhnert-Othmann und Susanne Kamp (Foto: DW)
Die Autorinnen der Studie fanden ein undifferenziertes Islam-BildBild: DW

In den untersuchten Geschichts- und Politiklehrbücher aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien und England werde in der Darstellung des Islam – im Gegensatz zu den christlichen Religionen - viel zu wenig differenziert. "Zwischen dem Islam als Religion und dem kulturellen und politischen Leben in den verschiedenen muslimischen Gesellschaften wird ebenso wenig unterschieden wie zwischen den verschiedenen, vielfältigen Ausprägungen des Islam", erklärt die Leiterin der Studie, Susanne Kröhnert-Othmann. Eine jeweils andere Bedeutung habe der Islam für den Alltag der Muslime in Malaysia, in Bosnien, im Sudan oder in den USA. Dazu kommt: Obwohl die Mehrheit der Muslime außerhalb des Nahen Ostens und Nordafrikas lebt, werde der Islam meistens nur mit diesen beiden Regionen gleichgesetzt, sagt die Mitarbeiterin der Studie Susanne Kamp."

Konfrontation und Stillstand

In ihrer Analyse bilanziert die Forschergruppe, dass in den von ihr untersuchten Geschichts- und Politiklehrbänden der Islam nicht nur als ein außereuropäisches Phänomen erscheine, sondern auch als ein vormodernes. Die muslimische Welt werde so dargestellt, als verharre sie in "kulturellem Stillstand". In einem der untersuchten Schulbücher fand sich etwa die Beschreibung, der Islam sei eine patriarchalische Religion von Bauern und Hirten, die sich nur schwer an die Moderne anpassen ließen.

Normalerweise werde in europäischen Schulbüchern die Blütezeit des Islam im Mittelalter dargestellt, die Reformbewegungen des Islam seit dem 19. Jahrhundert fehlten völlig. Die nächste Erwähnung finde dann erst im Zusammenhang mit dem islamistischen Terror statt.

Schulwissen prägt das Bild der Gesellschaft

Die vorliegende Studie hat das deutsche Außenministerium in Auftrag gegeben, weil es wissen wollte, welches Islambild europäische Schulbücher vermitteln. Damit beauftragt wurde das Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig. Diese weltweit einzigartige Institution verfügt über die umfangreichste Schulbuch-Sammlung, die häufig auch von ausländischen Wissenschaftlern konsultiert wird. Seine Aufgabe sieht das Georg-Eckert-Institut vor allem darin, auf Vorurteile und überholte Ansichten in Schulbüchern hinzuweisen.

Simone Lässig (Foto: dw)
Leitet ein anerkanntes Institut: Simone LässigBild: DW

Das sei insofern eine wichtige Aufgabe, sagt die Leiterin des Instituts, Simone Lässig, als in Schulbüchern vom Staat definiert werde, welches Wissen wichtig sei. Dieses Wissen, das Kindern und Jugendlichen mit der Autorität des Staates vermittelt werde, präge in entscheidender Weise das Bild von Heranwachsenden für bestimmte Sachverhalte, Kulturen und auch Religionen wie eben den Islam. Letztendlich präge aber das Bild, das in den Schulbüchern vermittelt wird, auch das kulturelle Gedächtnis der Gesellschaft auf Jahrzehnte hinaus. "Daher", sagt Lässig, "ist es keine unerhebliche Frage, ob Schulbücher Vorurteile und Stereotype konstruieren und fortschreiben oder ob sie vielmehr die Wertschätzung und die Anerkennung kultureller Vielfalt fördern."

Welches Islambild sollte vermittelt werden?

Die Autoren der Studie empfehlen, ein differenzierteres Bild des Islams darzustellen. Dazu gehörten die Vielfalt des muslimischen philosophischen Denkens, die religiösen und laizistischen Reformbewegungen als auch die Verschiedenartigkeit der muslimischen Welt über den arabischen Raum hinaus. Und im Kapitel "Migration" der Schulbücher dürften muslimische Einwanderer nicht länger als "Sondergruppe" präsentiert werden, deren mitgebrachte Traditionen die Integration in die europäische Gesellschaft verhindern würden.

Autor: Panagiotis Kouparanis
Redaktion: Sabine Faber