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Islamisches Recht als Unrecht

Katajun Amirpur13. Februar 2009

Am 14.Februar 1989 wurde über Salman Rushdie eine Fatwa verhängt, der Autor tauchte ab und lebt seither versteckt. Aber er ist nicht der einzige Intellektuelle, der bedroht ist, sagt unsere Autorin Katajun Amirpur.

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Foto der Autorin: Katajun Amirpur
Unsere Kolumnistin, die Islamwissenschaftlerin Katajun AmirpurBild: DW

Vor zwanzig Jahren erklärte der iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini in einem Rechtsgutachten - einer Fatwa - dass der Schriftsteller Salman Rushdie vom Glauben abgefallen sei. Sein Buch "Die Satanischen Verse" belege, Rushdie sei kein Muslim mehr. Zwar sagen die meisten islamischen Rechtsschulen und Rechtsgelehrten,

der Abfall vom Glauben – die Apostasie - dürfe nur im Jenseits von Gott gerichtet werden. Doch einige wenige meinen, die Gläubigen sollten dies besser selbst in die Hand nehmen. Das Schicksal Rushdies ist bekannt.

Ausschaltung politischer Gegner

Weit weniger bekannt ist, dass das Mittel des so genannten Takfir, des "zum Ketzer erklären", seither häufig eingesetzt wurde, um politische Gegner auszuschalten, oder auch um eine politische Botschaft zu formulieren: Die Botschaft, dass nicht alles ungestraft gesagt werden darf. 1992 wurde der kritische ägyptische Journalist Farag Foda von der Kanzel herab zum Apostaten erklärt. Wenige Tage später war er tot.

Zwangsscheidung

Aufsehen hat auch der Fall des ägyptischen Literaturwissenschaftlers Nasr Hamid Abu Zayd erregt. Abu Zayd war zwangsweise geschieden worden, weil er angeblich vom Glauben abgefallen sei. Das islamische Recht aber verbietet die Ehe zwischen einer Muslimin und einem Nicht-Muslim. Dagegen steht das Gesetzbuch des Staates Ägypten. Es richtet nicht über den Abfall vom Glauben, man kann dafür also nicht strafrechtlich verfolgt werden. Dennoch hatten Abu Zayds Gegner über die Zwangsscheidung einen Weg gefunden, ihn für vogelfrei erklären zu lassen. Der so höchst gefährdete Literaturwissenschaftler lebt deshalb seit 1995 im Exil im niederländischen Leiden.

Vernunftfeindliche Haltung

Dabei betrachtet sich Abu Zayd auch weiterhin durchaus als einen gläubigen Muslim. Freilich, er hatte sich Feinde gemacht. Denn er hatte geschrieben, die angeblich säkulare Regierung Ägyptens und die islamistische Opposition bedienten sich beide gleichermaßen einer vernunftfeindlichen Interpretation des Korans. Somit seien sie sich ähnlicher als sie Glauben machen wollten. Adressat dieser Kritik war weniger der so genannte fundamentalistische Islam, sondern sein angeblicher Gegenpol, der "Staatsislam" – also der Islam, der von der Regierung über die Medien im ganzen Land verbreitet wird. Das war zuviel. Abu Zayd wurde mundtot gemacht. Und so wirkt er heute zwar immer noch als ein international anerkannter Literaturwissenschaftler. Aber das Land, in dem er als "public intellectual" so wichtig war, musste er verlassen.

Verstoß gegen Dogmen

Schon Rushdie war aus politischen Gründen zum Ketzer erklärt worden: Ayatollah Khomeini wollte die Meinungsführerschaft in der islamischen Welt und sich selbst zum Kämpfer gegen die westliche Welt stilisieren. Und im Fall Abu Zayd stellte sich die Regierung taub gegenüber Kritik.

Die Reihe der Beispiele für diese Instrumentalisierung ließe sich beliebig verlängern: Vor einigen Jahren sah sich der iranische Theologe Hassan Yussefi Eshkevari dem Apostasievorwurf ausgesetzt, weil er erklärt hatte, das Kopftuch zähle nicht zu den unumstößlichen Glaubensdogmen des Islam.

Und so bleibt es in der islamischen Welt ein probates Mittel der Politik, den politischen Gegner zum Apostaten zu erklären. Das war im islamischen Mittelalter nicht anders und wird es auch weiterhin dort bleiben, wo gute Argumente fehlen, um die Positionen des Gegners zu entkräften.