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KonflikteMosambik

Islamisten sorgen im Norden von Mosambik für Panik

Antonio Cascais
20. März 2024

Nach Monaten relativer Ruhe erlebt Mosambiks Provinz Cabo Delgado eine neue Welle dschihadistischer Gewalt. Das liegt vor allem an der immer engeren internationalen Vernetzung von Islamisten in ganz Afrika.

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Eine Frau mit schmerzerfülltem Gesichtsausdruck ist im Bildvordergrund vor einer Gruppe Männer und Frauen zu sehen, die sich vor behelfsmäßigen Behausungen aufhalten
In Cabo Delgado wurden in den vergangenen sieben Jahren rund 540.000 Menschen vertrieben: Chimoio im Februar 2022Bild: Bernardo Jequete/DW

Seit Anfang 2024 erleben die Menschen im nordmosambikanischen Cabo Delgado eine neue Welle der Gewalt. In mehreren Küstenorten kam es zu Kämpfen zwischen Dschihadisten und Sicherheitskräften. In der Folge flohen zwischen Anfang Februar und Anfang März rund 100.000 Menschen aus ihrer Heimat, darunter mehr als 61.000 Kinder, wie die Internationale Organisation für Migration der Vereinten Nationen angibt.

Der Konflikt in der nördlichsten Provinz Mosambiks schwelt bereits im siebten Jahr. Immer wieder berichten Augenzeugen von Enthauptungen und Entführungen, denen auch Kinder zum Opfer fallen. Insgesamt wurden seit Beginn des bewaffneten Konflikts 2017 rund 780.000 Menschen vertrieben.

Ein ähnliches Bild im Osten der Demokratischen Republik Kongo, wo rund sieben Millionen Menschen auf der Flucht sind: Hier kämpft die kongolesische Armee mit ihren Verbündeten vor allem gegen die Rebellengruppe M23, auch Kämpfer der islamistischen Miliz ADF verübten Angriffe mit zahlreichen Toten. Laut UN-Angaben sind im Verlauf eines Monats mindestens 250.000 Menschen vor den Auseinandersetzungen geflohen.

Islamisten überqueren Grenzen

"Was hat der Krieg im Osten der Demokratischen Republik Kongo mit den dschihadistischen Umtrieben in Cabo Delgado zu tun?", fragt  Fernando Cardoso, Ökonom und Experte in Internationalen Beziehungen an der Autonomen Universität Lissabon - und liefert die Antwort gleich mit: "Islamistische Kämpfer wandern scheinbar ungehindert zwischen beiden Kriegsschauplätzen hin und her: Wenn sie im Osten der Demokratischen Republik Kongo unter Druck der kongolesischen oder ugandischen Regierungstruppen geraten, weichen sie einfach nach Cabo Delgado aus - und umgekehrt."

Afrikaexperte Cardoso bezieht sich vor allem auf Angehörige von bewaffneten Gruppen, die seit Jahrzehnten im Osten der Demokratischen Republik Kongo aktiv sind, wie die aus Uganda stammenden "Vereinigten Demokratischen Kräfte" (ADF).

"Nicht wenige dieser schwerbewaffneten dschihadistischen Kämpfer, die die ostkongolesischen Provinzen Ituri und Nordkivu unsicher machen, sind in den vergangenen Monaten in die nordmosambikanische Provinz Cabo Delgado ausgewichen. Dort verfolgen sie ihre politischen Ziele nach einem vom "Islamischen Staat" (IS) vorgegebenen Drehbuch." Der IS verfolge das Ziel, ein Kalifat entlang der gesamten ostafrikanischen Swahili-Küste zu gründen.

Auf einer Straße sind viele Passanten, bepackte Autos und LKW sowie ein Militärfahrzeug zu sehen
Die mosambikanischen Sicherheitskräfte kontrollieren nur die wichtigsten Distrikthauptstädte und Straßen in der Provinz Cabo DelgadoBild: Delfim Anacleto

Weite Teile der Provinz Cabo Delgado sind ungeschützt

Fernando Cardosos These: Islamistische Terrorgruppen in Afrika sind immer besser vernetzt und können so immer leichter auf Vorstöße der Sicherheitskräfte reagieren. Besonders abgelegene Gebiete wie Nordmosambik seien schwerbewaffneten Dschihadisten schutzlos ausgesetzt.

Die mosambikanische Sicherheitsexpertin Egna Sidumo teilt diese Ansicht: "Nach Cabo Delgado strömen immer mehr Kämpfer unterschiedlicher Nationalitäten, hauptsächlich Kongolesen, Ugander und Tansanier, aber auch Kenianer und Südafrikaner", sagt Sidumo, die an der norwegischen Universität Bergen zur Konfliktlösung in Cabo Delgado forscht, im DW-Interview.

Es gebe nur eine Lösung: Die Sicherheitskräfte müssten ebenfalls verstärkt international zusammenarbeiten. Doch das geschehe bislang nur in sehr unzureichendem Maße. 

"Wenn sie unter Druck gesetzt werden, ziehen sich islamistische Kämpfer mit ihren Waffen aus dem Kongo ins benachbarte Tansania zurück. Und von dort ist es nicht mehr weit bis nach Mosambik."

Das Land müsse jetzt begreifen, dass nationale Lösungen für das Problem des Dschihadismus nicht mehr ausreichten. Der Kampf gegen den Islamismus müsse vielmehr den afrikanischen Kontinent als Ganzes im Blick haben, so Sidumo.

Die kongolesische Perspektive

Auch der kongolesische Investigativjournalist Fiston Mahamba weiß von Verbindungen zwischen beiden Kampfschauplätzen. "Es sind schon mehrmals Kämpfer aus dem Ostkongo in Mosambik festgenommen worden", sagt Mahamba der DW. "Und es gibt gesicherte Erkenntnisse darüber, dass es vor allem Mitglieder der ugandischen ADF sind, die die sogenannten ‘Shabaabs‘ in Mosambik ausgebildet haben." So werden die islamistischen Kämpfer in Mosambik genannt.

Andererseits seien aber auch schon mosambikanische Dschihadisten im Kongo gefasst worden, so Mahamba, der an der Sorbonne forscht und Mitgründer des kongolesischen Faktencheck-Portals "Congo Check" ist, im DW-Interview. Die verschiedenen Dschihadistischen Gruppen in den unterschiedlichen Regionen des Kontinents hätten ihre Kontakte in letzter Zeit erheblich intensiviert.

Mehrere bewaffnete Soldaten laufen bei einer gemeinsamen Aktion eine unbefestigte Straße entlang
Soldaten der Demokratischen Republik Kongo und Ugandas 2021 bei einer Operation gegen die islamistischen Rebellen der ADFBild: Alain Uaykani/Xinhua/picture alliance

Mahamba hat vor allem die Einnahmequellen der islamistischen Organisationen im Kongo untersucht. "Sie finanzieren sich vor allem durch Schmuggel von Drogen und Waffen, aber auch durch Entführungen. Im Ostkongo überfallen sie regelmäßig Dörfer und rauben zum Beispiel die Ernten von Kakaobauern."

Zudem würden ausländische Organisationen mit Verbindungen zum IS Geld schicken, sagt Mahamba: "Regelmäßig kommen Emissäre aus dem Nahen Osten mit Koffern voller Geld, etwa aus Syrien oder Irak." Dieses im Kongo erprobte System solle jetzt nach und nach auf die Nachbarländer der Region, vor allem auf Nordmosambik, übertragen werden.

"Der Einfluss der islamistischen Terroristen im Ostkongo auf die mosambikanischen 'Shabaabs' ist unübersehbar", resümiert Mahamba. Für ihn zeigt sich das gerade auch in der Sprache: "Die meisten Propaganda-Videos, die von den ‘Shabaabs‘ in Cabo Delgado veröffentlicht werden, werden auf Kisuaheli verfasst und eingesprochen."

Mahambe erkennt hier Dialekte, wie sie in Uganda und im Ostkongo, aber auch in Tansania gesprochen werden." Allein das deute darauf hin, dass der Einfluss dieser Länder auf den Dschihadismus in Cabo Delgado sehr groß ist, und dass zumindest ein Teil der Hintermänner aus Tansania, Uganda oder dem Ostkongo stammten.

Mitarbeit: Nádia Issufo

Dschihadistische Gewalt in Mosambik eskaliert