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Zweite Runde

Sabine Ripperger23. April 2007

Drei Millionen Muslime leben in Deutschland, von denen viele nicht ausreichend in die deutsche Gesellschaft integriert sind. Deshalb hat die deutsche Regierung mit der Islamkonferenz einen Rahmen für Dialog geschaffen.

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Symbolbild Islamkonferenz
Bild: Fotomontage/AP/DW
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble am Rednerpult, Quelle: AP
Initiator der Islamkonferenz Bundesinnenminister Wolfgang SchäubleBild: AP

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble bezeichnete den Islam erst vor kurzem auf einer Konferenz zu den Themen Migration und Integration "als eine große Herausforderung." Deshalb messe er dem Dialog mit den Muslimen große Bedeutung bei: "Wir haben diese Islamkonferenz, die auf längere Sicht angelegt ist. Das ist keine einmalige Veranstaltung, sondern ein Dialog-Prozess von mindestens drei Jahren."

An der Islamkonferenz nehmen je 15 Vertreter der Muslime sowie aus der Politik teil. In ständigen Arbeitsgruppen werden Themen wie das Verhältnis von Staat und Religion, die Stellung der Frau im Islam oder der Islamunterricht an den Schulen behandelt. Im September 2006 hatte Schäuble zur ersten Deutschen Islamkonferenz in Berlin eingeladen.

Neuer Dachverband

Im Vorfeld der zweiten Islamkonferenz haben erst vor wenigen Wochen mehrere islamische Verbände einen Koordinierungsrat der Muslime gegründet, der die Zusammenarbeit mit der deutschen Seite erleichtern soll. Ihm gehören der Zentralrat der Muslime in Deutschland, der Islamrat, die Türkisch-Islamische Anstalt für Religion und der Verband Islamischer Kulturvereine in Deutschland an. Der Koordinierungsrat vertritt jedoch schätzungsweise nur 15 Prozent der in Deutschland lebenden Muslime.

Zunächst stieß die Gründung des muslimischen Dachverbandes bei Politik und Kirchen auf positive Resonanz. Schließlich hatte man von deutscher Seite doch in der Vergangenheit immer wieder einen zentralen Ansprechpartner der Muslime für Themen wie Religionsunterricht, Moscheen-Bau, islamische Friedhöfe oder Imam-Ausbildung gefordert.

Islamunterricht an Schulen?

Durch die Schaffung des Koordinierungsrats als zentrale Organisation der Muslime hoffen die Initiatoren nun, als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt zu werden, wie es zum Beispiel die zentral organisierten christlichen Kirchen sind. Dann könnte der Rat beispielsweise die Länder in die Pflicht nehmen, flächendeckend Islamunterricht in Schulen anzubieten. Derzeit gibt es in mehreren Bundesländern Pilotprojekte für islamischen Religionsunterricht, die aber verfassungsrechtlich noch auf sehr unsicheren Beinen stehen.

Was kann, was soll?

Nach Einschätzung von Bundesinnenminister Schäuble kann der Koordinierungsrat jedoch nicht für alle Muslime in Deutschland sprechen. Er warnte deshalb vor überzogenen Erwartungen. Dass der neue Koordinierungsrat als größte organisierte muslimische Interessenvertretung automatisch zum Hauptansprechpartner werden könnte, bereitet vor allem Kritikern Sorgen, auch deshalb, weil im Islamrat die Organisation Milli Görüs vertreten ist, die lange vom Verfassungsschutz beobachtet wurde.

Zweifellos sind die vier muslimischen Verbände mit der Gründung des muslimischen Koordinierungsrates staatlichen Wünschen entgegengekommen. Welche Einflussmöglichkeiten der Koordinierungsrat haben wird, wird wesentlich von ihm selbst und seiner Integrationsfähigkeit abhängen. Nur wenn sich die Mehrheit der Muslime mit ihm identifizieren kann, wird er sich wohl auf Dauer bewähren.

Zwischenergebnisse

Islamwissenschaftler Mathias Rohe von der Universität Erlangen sieht im Dialog zwischen Staat und muslimischen Organisationen auch eine große Chance: "Dass wir versuchen, neu auszuloten, welches unser unerlässlicher gemeinsamer Grundkonsens ist, welches die Normen und Werte sind, die wir einheitlich haben müssen, damit die freiheitliche Ordnung weiter bestehen kann und wie viel Pluralität wünschenswert und vielleicht sogar notwendig ist, um uns gemeinsam auf einer möglichst breiten Basis voranzubringen."

Kurz vor der zweiten Islamkonferenz dämpfte auch der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, die damit verbundenen Erwartungen: "'Man sollte nicht sehr viel erwarten von der zweiten Islamkonferenz. Sie wird ein Zwischenergebnis darstellen. Diese Diskussion wird mehrere Jahre dauern. Ob dann am Ende ein Appell rauskommt oder ein Konsenspapier wissen wir nicht, aber das ist das Ziel dieser Konferenz."