Island schreibt doch nicht Geschichte
27. September 2021Im neuen isländischen Parlament sind die Frauen doch nicht in der Mehrheit. Eine Nachzählung habe ergeben, dass der Anteil der Frauen unter 50 Prozent liege, teilte die Wahlkommission in Reykjavik am Sonntagabend mit. Demnach verloren drei Frauen die ihnen ursprünglich zugeschriebenen Mandate. Vorher war die Wahlkommission davon ausgegangen, dass 33 der 63 Sitze im Althing von Frauen besetzt werden.
In keinem Land Europas liegt der Frauenanteil im Parlament über 50 Prozent. Am nächsten kommt dem bisher noch Schweden mit 47 Prozent. Island gilt seit langem als Vorreiter bei den Frauenrechten. Seit zwölf Jahren führt der Inselstaat im Nordatlantik die Rangliste des Weltwirtschaftsforums in Sachen Gleichberechtigung an.
"Komplizierte" Regierungsbildung
Welche Koalition letztlich aus der Parlamentswahl hervorgehen wird, ist noch unklar. Das regierende Links-Rechts-Bündnis konnte bei der Abstimmung zwar ihre Mehrheit verteidigen - die drei Regierungsparteien kamen auf 37 der 63 Sitze im Parlament. Die beiden konservativen Koalitionspartner könnten jedoch versuchen, eine Regierung ohne die Linksgrünen von Ministerpräsidentin Katrin Jakobsdottir zu bilden.
Stärkste Kraft wurde mit über 24 Prozent und 16 Sitzen die konservative Unabhängigkeitspartei. Parteichef, Finanzminister und Ex-Ministerpräsident Bjarni Benediktsson hofft, Katrin Jakobsdottir abzulösen. Sie selbst meinte, es werde wohl "kompliziert", eine neue Regierung zu bilden.
In den vergangenen Jahren war Island von politischen Skandalen und Instabilität geprägt. 2008 wurde das Land von der Finanzkrise schwer getroffen: Die isländische Währung stürzte ab, die Inflation schoss in die Höhe. Mit Unterstützung des Internationalen Währungsfonds (IWF) gelang es Island schließlich, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen - vor allem dank des Tourismus.
2016 erschütterte ein Skandal rund um die "Panama Papers" die isländische Politik. Durch die Veröffentlichung der Dokumente wurde bekannt, dass 600 Isländer in dubiose Steuerpraktiken verwickelt waren - darunter auch der damalige Regierungschef Bjarni Benediktsson.
wa/qu (afp)