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Israel: Evakuierung durch die Lufthansa

Insa Wrede mit Agenturen
12. Oktober 2023

Die Lufthansa hat mit Evakuierungsflügen aus Israel begonnen. Andere Länder setzen auf Militärmaschinen. Der Weg über die Luft ist aber nicht der einzige, um das Land zu verlassen.

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 Angehörige und Freunde liegen sich nach der Landung eines Evakuierungsfluges am Flughafen Frankfurt in den Armen.
Einige Hundert ausreisewillige Deutsche können per Sonderflug mit der Lufthansa ausreisenBild: Boris Roessler/picture alliance/dpa

Die Lufthansa hat damit begonnen, Deutsche aus dem von der islamistischen Hamas angegriffenen Israel nach Deutschland zu bringen. Ein erster Sonderflug aus Tel Aviv landete am frühen Donnerstagabend in Frankfurt. An Bord waren 370 deutsche Staatsangehörige. Eine zweite Maschine landete in München. Weitere Flüge im Auftrag des deutschen Außenministeriums sollten folgen. Auf eine Ausreise aus Israel können diejenigen hoffen, die sich in die Vorsorgeliste für Kriseninformationen (Elefand) eingetragen haben.

Auch die deutsche Fluggesellschaft Condor teilte am Donnerstag mit, dass sie in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt für Sonntag zwei Airbus-Sonderflüge mit einer Kapazität von insgesamt knapp 500 Passagieren zur Evakuierung deutscher Staatsbürger aus der jordanischen Stadt Akaba nahe der israelischen Grenze plant.

Norwegen hatte einen Evakuierungsflug durch die norwegische Fluggesellschaft Norwegian Air von Oslo nach Tel Aviv geplant, diesen Flug dann aber abgesagt, weil es keinen Versicherungsschutz gebe. Mit Verweis auf Sicherheitsbedenken hatte auch die niederländische KLM am Mittwochabend kurzfristig einen Rückholflug storniert. Die Niederlande schicken daher ein Militärflugzeug nach Israel.

Andere Länder wie die Schweiz, Rumänien oder Italien hätten ihre Staatsbürger bereits mit Sondermaschinen ausgeflogen, heißt es beim Sender MDR am Mittwochabend. Auch Polen, Österreich, Spanien und Ungarn würden eine Evakuierung ihrer Bürger aus Israel vorbereiten, in der Regel mit militärischen Transportflugzeugen.

Bundeswehr "steht bereit" 

Die Bundeswehr ist nach den Worten von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) grundsätzlich darauf vorbereitet, sich an der Evakuierung von Menschen aus Israel zu beteiligen. "Wir stehen jederzeit bereit zu tun, was zu tun ist", sagt Pistorius in Berlin. Die Organisation der Evakuierungen liege aber in den Händen des Auswärtigen Amtes. 

"Angesichts der Situation, dass wir viel, viel mehr Menschen herausholen müssen, können wir nicht eine Militärmaschine schicken", gibt die Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im ZDF am Dienstagabend zu verstehen. Sie führt Kapazitätsgründe an. Zu den schon vorgenommenen Evakuierungen, die ebenfalls nicht mit der Bundeswehrmaschinen gemacht wurden, erklärt Baerbock, es sei in dem Moment "am effizientesten" gewesen, "die Ticketverbindung direkt dann zu buchen [und] bei anderen Airlines mitzufliegen".

Sehen Sie hier das ganze Interview mit Annalena Baerbock 

Unklare Sicherheitslage für Flüge der Lufthansa

Durchgeführt werden die Sonderflüge mit Pilotinnen und Piloten, die sich freiwillig gemeldet haben. "Keiner kann genau sagen, wie die Sicherheitslage derzeit genau ist", sagt Lars Frontini, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit. Sie sei unübersichtlich. "Das ist eines der Hauptprobleme, wenn es um Flüge über Krisengebiete geht", so Frontini gegenüber der DW. Die Lufthansa habe aber recht gute Kontakte zur Bundeswehr und anderen Geheimdiensten. Außerdem habe sie viel Erfahrung, insbesondere mit Israel.

Der Ben Gurion-Flughafen bei Tel Aviv sei zwar durch das Raketenabwehrsystem Iron Dome geschützt. "Die Frage ist da, inwieweit vertraut man der Technik", gibt Frontini zu Bedenken. Auch ein Eindringen von Terroristen auf den Flughafen ließe sich nicht völlig ausschließen. Zudem kämen viele Raketen nicht über eine Höhe von 8000 Metern, aber "in Krisengebieten, wo vieles geheim gehalten wird, ist es schwierig auszuschließen, dass bestimmt Waffen nicht im Einsatz sind", so Frontini.  

Menschen im Gazastreifen hoffen auf Hilfe durch die UN

"Die Lufthansa ergreift bei solchen Spezialflügen mehrere Maßnahmen, um auf kurzfristige Änderungen schneller und besser reagieren zu können." Beispielsweise würde Sicherheitspersonal, Techniker oder Menschen, die das Flugzeug abfertigen können, mitgeschickt. Das kann relevant sein, da unter Umständen auch Bodenpersonal zum Reservistendienst eingezogen worden ist. Zusätzlich würden die Maschinen in solchen Situationen unter Umständen mit extra viel Treibstoff losfliegen." Im Vergleich zu zivilen Flugzeugen hätten die des Militärs auch nicht unbedingt andere Möglichkeiten, so Frontini. "Die haben auch keine Abwehrsysteme an Bord."

Hotline überlastet

Kurz nach der Freischaltung einer Hotline für die Buchung der Sonderflüge gab es große Probleme. Die Hotline sei nicht erreichbar, berichteten mehrere deutsche Staatsangehörige der Süddeutschen Zeitung. Auch gebe es keine Warteschleife, sondern nur ein Besetztzeichen. Auch in sozialen Medien gab es entsprechende Beschwerden.

Alternativen zu Sonderflügen

Auch wenn einige Fluggesellschaften ihre Verbindungen nach Israel eingestellt haben, es gibt immer noch kommerzielle Flüge vom internationalen Flughafen Ben Gurion. Mehrere Fluggesellschaften, darunter vor allem die israelische Fluglinie El Al, fliegen weiterhin Ziele in Europa an. El Al baue sein Flugangebot sogar aus. So empfiehlt das Auswärtige Amt Ausreisewilligen, sich mit ihrem Reiseveranstalter oder auch einer anderen Fluggesellschaft in Verbindung zu setzen und regelmäßig die Angebote zu prüfen.

Eine Ausreise ist zudem auch über den Landweg über Jordanien möglich. Das Auswärtige Amt empfiehlt Deutschen auch diesen Weg zu prüfen. Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, sagte in einem RTL-Interview, die Botschaft habe etwa 100 Deutschen geholfen, in vier Bussen in die jordanische Hauptstadt Amman zu kommen. Die allermeisten der Ausreisewilligen hätten bereits einen Anschlussflug aus Amman gebucht.

Ebenso kann Israel auf dem Wasserweg verlassen werden. Zwischen israelischen und europäischen Mittelmeerhäfen gibt es Fährverbindungen. Die deutsche Botschaft in Israel verweist auf eine private Reederei, von der die Strecke zwischen Haifa im Norden Israels und Zypern bedient wird.

Zahl der betroffenen Deutschen

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte am Mittwoch, auf der Krisenliste der deutschen Botschaft in Israel hätten sich rund 5000 Menschen eingetragen. Er konnte aber nicht sagen, ob all diese Menschen ausreisen wollten. Insgesamt gibt es mehr als 100.000 Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit oder Doppelstaatler in Israel. Im Gazastreifen haben nach früheren Schätzungen 300 bis 400 Menschen einen deutschen Pass.

Nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock haben bereits Tausende Deutsche das Land verlassen. Darunter seien auch 17 Schulklassen, sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch bei der Regierungsbefragung im Bundestag. Die Schulklassen seien auf unterschiedlichen Wegen zuerst aus Israel gebracht worden, da es keine Direktverbindungen gegeben habe.

iw/hb (dpa, afp, rtr)

Insa Wrede, DW-Mitarbeiterin
Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion