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KonflikteJemen

Angriffe auf Israel: Huthis im Jemen lassen Muskeln spielen

6. November 2023

Die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz schießt mit Raketen auf Israel - bisher ohne Erfolg. Könnten die schiitischen Rebellen die Lage in Nahost trotzdem noch weiter destabilisieren?

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Huthi Rebellen in Militäruniform sitzen vor palästinensischen Flaggen
Mitglieder von Huthi-nahen Gruppen im Jemen zeigen gern öffentlich ihre Solidarität mit den PalästinensernBild: Mohammed Huwais/AFP

Aus militärischer Sicht ist keiner der jüngsten Angriffe der jemenitischen Huthi-Miliz gegen Israel geglückt.

Seit Beginn des jüngsten Konflikts im Gazastreifen nach den Anschlägen der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober hat das israelische Raketenabwehrsystem drei Huthi-Luftangriffe mit Raketen und Drohnen abgefangen. Sie waren auf Eilat, Israels südlichste Stadt, gerichtet. Für die jemenitische Rebellengruppe, die Teil der vom Iran unterstützten "Achse des Widerstands" ist und sich gegen Israel und die Vereinigten Staaten stellt, ist der Erfolg der Angriffe jedoch nicht entscheidend.

"Die jüngsten Huthi-Angriffe stellen nur eine symbolische Bedrohung für Israel dar", sagt Matthew Hedges, Jemen- und Nahost-Experte in London, im DW-Gespräch.

Farea al-Muslimi, Forschungsstipendiat für den Nahen Osten und Nordafrika bei Chatham House, einer in London ansässigen Denkfabrik, stimmt dem zu. "Dieser Krieg ist eine einmalige Gelegenheit für die Huthi-Gruppe, ihrer lokalen Bevölkerung ihre pro-palästinensische, anti-israelische und anti-amerikanische Position zu demonstrieren." Al-Muslimi weist zudem darauf hin, dass die Huthi-Angriffe ein geringes Risiko darstellten. "Israel wird wahrscheinlich nicht mit einer substanziellen neuen Kriegsfront konfrontiert."

Der Jemen befindet sich seit neun Jahren in einem Bürgerkrieg der begann, als die Huthi die jemenitische Regierung stürzten und die Kontrolle über die Hauptstadt Sanaa übernahmen. Das Land hat inzwischen eine zersplitterte politische Landschaft und eine desolate Infrastruktur. Der Konflikt, der weithin als Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran angesehen wird, hat nach Angaben der Vereinten Nationen zu einer der schlimmsten humanitären Krisen der Welt geführt.

Ein Mann und sechs Kinder in einem jemenitischen Flüchtlingslager vor einem Zelt des UNHCR
Mehr als 4,4 Millionen Menschen sind laut UN-Flüchtlingshilfe durch die Gewalt im Jemen innerhalb des Landes vertrieben worden.Bild: Xinhua/picture alliance

Die Huthis und die "palästinensische Befreiungssache"

"Die Huthis wollen die jemenitische Öffentlichkeit für die palästinensische Befreiungssache einschwören", so der Nahost-Experte Hedges. "Das regionale Signal besteht darin, Unsicherheit und Instabilität in der gesamten Region zu schüren. Die Huthis wollen sich von arabischen Regierungen abheben, die die Beziehungen zu Israel normalisiert haben, wie die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain oder wie Saudi-Arabien, die das versucht haben", so Hedges.

Die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain normalisierten ihre Beziehungen zu Israel im Jahr 2020 im Rahmen des von den Vereinigten Staaten vermittelten Abraham-Abkommens. Auch Israel und Saudi-Arabien schienen auf einem ähnlichen Kurs zu sein, doch die Gespräche sind ins Stocken geraten - eine Folge des jüngsten Israel-Hamas-Konflikts.

Viele im Nahen Osten haben sich über Israel empört wegen der anhaltenden Bombardierung des Gazastreifens, insbesondere über die Bombardierung eines Krankenhausgeländes, für die Israel von seinen Gegnern verantwortlich gemacht wird, und bei der nach Angaben der Hamas hunderte Menschen ums Leben kamen. Israel bestreitet jedoch, das Gelände oder die Klinik selbst bombardiert zu haben.

Protestzug im Jemens Hauptstadt Sanaa aus der Luft fotografiert
Unterstützer der Huthi-Miliz in Sanaa demonstrierten am 7. Oktober, dem Tag der Hamas-Terrorangriffe auf Israel, ihre Solidarität mit den Palästinensern.Bild: Khaled Abdullah/REUTERS

Hedges sagt, dass die Huthis durch die Luftangriffe auf Israel "Druck auf andere Gemeinschaften in der Region ausüben wollen, damit sie sich einem panislamischen Narrativ anschließen". Laut diesem gelten die israelischen Angriffe allen Muslimen, daher müssten alle Muslime Israel angreifen.

Infrastruktur und Waffen

Trotz der hohen Investitionen des Irans in ballistische Raketen und Drohnen für die Huthis seit 2015 ist Hedges überzeugt, dass diese "nicht über die gleiche Lieferkette wie andere Iran-nahe Milizen verfügen, wie etwa die Hisbollah im Libanon". Ihre langfristigen Fähigkeiten seien ziemlich begrenzt, um solche Operationen durchzuführen.

Dennoch ist er weiterhin besorgt über die Kriegsfähigkeit der Huthi: "Sie haben damit begonnen, unbemannte U-Boot-Raketen einzusetzen, was das Spektrum potenzieller Bedrohungen gegen Israel und den Westen vervielfachen kann."

Fabian Hinz hat sich am International Institute for Strategic Studies in London auf Verteidigungs- und Militäranalysen spezialisiert. Er schreibt in einer aktuellen Analyse auf der Website des Instituts, dass er im September bei der Parade der Huthis in Sanaa zum neunten Jahrestag ihrer Übernahme der Stadt "mehrere bisher unbekannte Typen ballistischer Raketen und Marschflugkörper iranischer Herkunft" gesehen habe. "Mit iranischer Hilfe ist es den Huthis gelungen, in bemerkenswert kurzer Zeit eine Reihe präzisionsgelenkter Raketen, ballistischer Raketen, Landangriffs-Marschflugkörper und die Fähigkeiten zur Schiffsabwehr aufzubauen", so Hinz.

Dieses Arsenal umfasse auch eine Raketenversion vom Typ Tankeel, die bisher noch nicht zum Arsenal der Huthis gehört habe, so Hintz. Wären diese Raketen einsatzbereit, könnten die Huthis Schiffe im Roten Meer und in Teilen des Golfs von Aden angreifen, ebenso wie mit iranischen Raketen des Typs Fateh, die eine angegebene Reichweite von 400 Kilometern besäßen, erklärt der Militärexperte. Es bleibe aber unklar, inwieweit die Raketen einsatzbereit seien, betont Hinz.

Eine Adaption aus dem Englischen von Sabine Faber.

Jennifer Holleis
Jennifer Holleis Redakteurin und Analystin mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika.