Forderungen nach Olympia-Bann und Sportverbot für Israel
20. Februar 2024Wegen des Krieges zwischen Israel und der Hamas sind die Rufe nach einem Ausschluss Israels von internationalen Sportwettbewerben in den vergangenen Wochen immer lauter geworden - vor allem aus dem linken politischen Lager. Eine Petition, die große Unterstützung findet, ein Brief an das Europäische Parlament und der Vergleich mit Russlands Angriff auf die Ukraine erhöhen den Druck auf die großen Sportverbände.
Linkes Netzwerk fordert Ausschluss
Die "Bewegung für Demokratie in Europa 2025" (DiEM25) fordert den Ausschluss Israels aus dem Sport. DiEM25, zu dessen bekanntesten Köpfen der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis zählt, ist ein linkes, europaweites Netzwerk, das sich laut eigenen Angaben gegen die Macht der Oligarchen in Europa und für eine echte Demokratie einsetzt. In einer Petition hat DiEM25 bis zum 19. Februar über 70.000 Unterschriften für einen Ausschluss Israels erhalten. "Der Zweck der Petition ist es, die israelische Regierung auch von sportlicher Seite unter Druck zu setzen", erklärt Katarina Pijetlovic, eine der Mitorganisatorinnen der Petition, gegenüber der DW.
Auch aus der Politik kommen entsprechende Forderungen - auch hier aus dem linken politischen Spektrum. So forderten der linke, irische Europaabgeordnete Chris McManus und mehrere andere Parlamentarier in einem Brief an den Fußball-Weltverband (FIFA), die Europäische Fußball-Union (UEFA) und "alle anderen zuständigen Gremien" auf, entschiedene Maßnahmen zu ergreifen.
Die zwölf Mitglieder des Westasiatischen Fußballverbands (WAFF), der vom jordanischen Prinzen und Fußballverbandschef Prinz Ali bin Al Hussein angeführt wird, hatten zuvor ein ähnliches Schreiben verfasst. Außerdem forderten 300 palästinensische Sportvereine das IOC auf, Israel von den Olympischen Spielen auszuschließen.
Angesichts der im Juli beginnenden Olympischen Spiele in Paris und der Tatsache, dass Israels männliche Fußballspieler sich im März in den Playoffs für die Fußball-Europameisterschaft im Juni in Deutschland qualifizieren könnten, stehen die Sportverantwortlichen unter Druck, bald eine Entscheidung zu treffen. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin räumte ein, dass sein Verband "immer mehr Fragen" erhalte, aber "noch keine endgültige Position" habe.
Vergleich mit Russlands Angriff auf Ukraine
Besonders angesichts der hohen Opferzahlen in der Zivilbevölkerung Gazas wünschen sich die Israel-Kritiker und pro-palästinensischen Interessenvertreter eine Reaktion der großen Sportverbände. Allerdings, so Katarina Pijetlovic von DiE25, gebe es bislang "keine Maßnahmen, keine Verurteilung durch die FIFA, die UEFA, das IOC oder sonst jemanden".
Die Juristin und Expertin für Sportrecht vergleicht das Vorgehen Israels mit dem Russlands, das nach dem Einmarsch in die Ukraine 2022 weitgehend vom internationalen Sport ausgeschlossen wurde. "Ich denke, dass die internationale Reaktion auf diese [russische] Aggression sehr, sehr anders war als das, was wir jetzt sehen", sagt sie.
Für das Internationale Olympische Komitee (IOC) sind die Suspendierung Russlands und ein möglicher Ausschluss Israels wegen des Nahost-Krieges allerdings nicht miteinander vergleichbar. "Die russische Invasion in der Ukraine ist eine einzigartige Situation und kann nicht mit anderen Kriegen oder Konflikten in der Welt verglichen werden, denn die vom IOC ergriffenen Maßnahmen und Empfehlungen waren eine Folge der Invasion der Ukraine durch die russische Armee während der Olympischen und Paralympischen Winterspiele Peking 2022", antwortete das IOC schriftlich auf DW-Anfrage. "Dies war ein Verstoß gegen den Olympischen Frieden, der zu diesem Zeitpunkt in Kraft war, und ein Verstoß gegen die Olympische Charta."
Gleiches gelte für die Aufnahme der regionalen, ukrainischen Sportverbände Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischja in das Nationale Olympische Komitee Russlands (ROC), weil dabei die territoriale Integrität des ukrainischen olympischen Komitees missachtet wurde. Allerdings öffnete das IOC die Tür für russische Sportlerinnen und Sportler zuletzt wieder weit, als es Russen und Belarussen als neutrale Athleten zuließ.
Friedliche Koexistenz?
Die Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten bewertete das IOC dagegen anders: "Im Einklang mit der Olympischen Charta leben das israelische und das palästinensische Nationale Olympische Komitee seit mehreren Jahrzehnten in friedlicher Koexistenz", hieß es. Das IOC stehe mit beiden NOKs in Kontakt, um ihre Athleten so gut zu unterstützen, wie es uns in der aktuellen Situation möglich sei.
Dass diese vom IOC proklamierte "friedliche Koexistenz" weiterhin Bestand hat, darf allerdings bezweifelt werden. Seit dem Angriff der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas am 7. Oktober, bei dem 1160 Israelis getötet und rund 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden, hat es durch die militärische Antwort Israels auf palästinensischer Seite mehr als 28.900 Todesopfer gegeben. Diese Zahl beruht auf Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen.
Bei den Bombardements in Gaza wurde auch das Büro des Palästinensischen Olympischen Komitees zerstört. Im Al-Yarmouk-Fußballstadion in Gaza-Stadt wurden nach Angaben der gemeinnützigen Menschenrechtsorganisation Euro-Mediterranean Human Rights Monitor Hunderte von Palästinensern festgehalten und interniert, darunter viele Frauen.
"Dieser eklatante und skandalöse Verstoß gegen alle Abkommen reiht sich ein in eine lange Reihe von Verstößen gegen den palästinensischen Sport, einschließlich der Tötung und Verhaftung von Spielern", erklärte der Palästinensische Fußballverband. Er forderte das IOC und die FIFA auf, die Verbrechen gegen den palästinensischen Sport und die Athleten zu untersuchen. Es seien Taten, die "die internationalen Sportinstitutionen nicht tolerieren, verschweigen und ignorieren können".
DOSB gegen Ausschluss Israels
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) ist gegen den Ausschluss israelischer Sportlerinnen und Sportler und hat dazu Ende Januar bereits Stellung bezogen. Damals reagierte der Verband auf Medienberichte, die behaupteten, die israelische Mannschaft solle von der U20-WM im Eishockey in Bulgarien ausgeschlossen werden. Es war keine Sanktion der Veranstalter gegen Israel, sondern Sicherheitsbedenken spielten eine Rolle.
In einem Interview mit dem Norddeutschen Rundfunk erklärte der DOSB-Vorstandsvorsitzende Torsten Burmester damals, der DOSB akzeptiere keine Boykotte gegen israelische Sportlerinnen und Sportler. Das israelische Team wurde schließlich vom Eishockey-Weltverband IIHF doch für das Juniorenturnier zugelassen und alle Partien verliefen ohne Zwischenfälle.
Die große Frage ist, ob das angesichts der Situation im Nahen Osten auch bei den olympischen Wettbewerben in Paris so sein kann.
Der Text wurde teilweise aus dem Englischen adaptiert.