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Politik

Israels Premier Netanjahu muss vor Gericht

21. November 2019

Die oberste Staatsanwaltschaft des Landes hat Anklage gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erhoben. Ihm werden Bestechlichkeit, Betrug und Veruntreuung vorgeworfen. Zurücktreten muss er dennoch erstmal nicht.

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Israel | Benjamin Netanjahu
Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Scharit

Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit teilte mit, die Anklage gegen den Premierminister laute auf Betrug und Untreue sowie Bestechlichkeit. Niemand stehe über dem Gesetz, auch der Ministerpräsident nicht, sagte Mandelblit. Für Bestechung drohen bis zu zehn Jahre Haft, für Betrug und Veruntreuung bis zu drei Jahre. Der rechtskonservative Benjamin Netanjahu ist der erste amtierende Regierungschef des Landes, der unter Anklage steht. 

Anklage in mehreren Fällen

Am schwersten wiegen die Vorwürfe gegen den langjährigen Regierungschef in der sogenannten Besek-Affäre: Es geht um den Verdacht, dass Netanjahu als Kommunikationsminister dem Unternehmen Besek rechtliche Begünstigungen gewährt habe. Im Gegenzug soll ein zum Konzern gehörendes Medium positiv über ihn berichtet haben. Netanjahu gab das Ministeramt, das er neben dem Posten des Premierministers inne hatte, 2017 ab.

Zudem geht es um Vorwürfe, Netanjahu und seine Familie hätten in den Jahren 2007 bis 2016 von zwei Geschäftsleuten Zigarren, Champagner und Schmuck im Wert von insgesamt einer Million Schekel, umgerechnet rund 230.000 Euro, angenommen. Nach Polizeiangaben handelte es sich dabei um illegale Schenkungen des Hollywood-Produzenten Arnon Milchan und des australischen Unternehmers James Packer. Im Gegenzug soll Netanjahu sich unter anderem für ein Gesetz starkgemacht haben, das Milchan Steuervergünstigungen in Millionenhöhe verschaffen sollte. Außerdem habe er ihm dabei geholfen, ein neues US-Visum zu bekommen.

Israel | Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit
Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit: Anklage gegen den PremierBild: picture-alliance/AP Photo/A. Cohen

Zudem soll Netanjahu sich darum bemüht haben, sich in einem Deal mit einem Medienmogul eine positivere Berichterstattung in der regierungskritischen Zeitung "Jediot Achronot" zu sichern. Im Gegenzug habe Netanjahu Hilfe dabei in Aussicht gestellt, den Einfluss der auflagenstarken Gratiszeitung "Israel Hajom" zu schwächen, die lange als sein Sprachrohr galt. 

Premier spricht von Putschversuch

Netanjahu wies in einem kurzen Statement, wie bereits in der Vergangenheit, alle gegen ihn erhobenen Korruptionsvorwürfe zurück. Sie seien falsch und politisch motiviert. Es handele sich um einen "versuchten Putsch" gegen einen Regierungschef. 

Einen Rücktritt im Fall einer Anklage hatte er bereits vorab ausgeschlossen. Rechtlich gesehen muss Netanjahu sein Amt wegen der Anklage auch nicht aufgeben. Ein Rücktritt wird erst bei einer rechtskräftigen Verurteilung zwingend.

Anklage dürfte Regierungsbildung erschweren

Nach Angaben des Justizministeriums hat Generalstaatsanwalt Mandelblit die Anklagen bereits dem Parlamentspräsidenten vorgelegt. Netanjahu bleiben nun regulär 30 Tage Zeit, um beim Parlament Immunität vor Strafverfolgung zu beantragen.

Die Entscheidung des Generalstaatsanwalts fällt mitten in eine Regierungskrise. Israel verfügt nach der Parlamentswahl im September noch nicht über eine neue Regierung. Obwohl seine rechtsgerichtete Likud-Partei nur als zweitplatziertes Bündnis aus der letzten Wahl hervorgegangen war, hatte Präsident Reuven Rivlin zunächst Netanjahu mit der Regierungsbildung beauftragt. Daran scheiterte der Likud-Chef jedoch. 

Israel Gedenkveranstaltung Schimon Peres
Premier Netanjahu mit Präsident Rivlin und Oppositionsführer GantzBild: picture-alliance/Photoshot

Nachdem auch sein Kontrahent Benny Gantz mit dem Mitte-Bündnis Blau Weiß  an der Bildung einer Regierung gescheitert war, beauftragte Rivlin erstmals in der Geschichte des Landes das Parlament damit, einen mehrheitsfähigen Ministerpräsidenten zu suchen. In den nächsten Wochen stehen nun intensive "Hinterzimmer-Verhandlungen" an. Scheitert auch dies innerhalb der nächsten 21 Tage, muss Israel zum dritten Mal innerhalb eines Jahres ein Parlament wählen. Die Neuwahl könnte nach Medienberichten in der ersten Märzhälfte stattfinden. 

Theoretisch könnten auch Gantz oder der geschäftsführende Premierminister Netanjahu in den kommenden drei Wochen noch eine Mehrheit von 61 Abgeordneten hinter sich bringen. Es war allerdings zunächst unklar, ob Netanjahu nach der jüngsten Entwicklung überhaupt noch mit der Bildung einer Regierung beauftragt werden kann.

pgr/qu (rtr, afp, dpa)