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Ist Lettlands Notenbankchef korrupt?

29. Juni 2018

Nach der Ankündigung, den Chef der lettischen Notenbank wegen Bestechung anzuklagen, gab die Staatsanwaltschaft nun Details bekannt. Gegen Geld soll er versucht haben, die Finanzaufsicht von der Arbeit abzuhalten.

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Lettlands Zentralbankchef Ilmars Rimsevics
"Konnte nicht liefern": Ilmars Rimsevics (Archivbild)Bild: picture alliance/dpa/A. Welscher

Ilmars Rimsevics, Chef der lettischen Notenbank und in dieser Funktion auch Mitglied im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), soll 500.000 Euro Schmiergeld gefordert und teilweise erhalten haben, sagte Staatsanwältin Viorika Jirgena am Freitag in Riga.

Die Vorwürfe reichen Jahre zurück. Laut Jirgena haben zwei nicht namentlich genannte Teilhaber der Privatbank Trasta Komercbanka gegen Rimsevics ausgesagt.

Schon 2010 habe Rimsevics der Bank bei Problemen mit der lettischen Finanzaufsicht geholfen. 2012 habe er dann eine halbe Million Euro verlangt, um im Gegenzug die Finanzaufsicht dazu zu bringen, nicht gegen die Bank zu ermitteln.

Rimsevic sagte dem lettischen Rundfunk, er weise sämtliche Anschuldigungen zurück.

Gewaschene Milliarden

Trasta Komercbanka, ein moldauisches Institut mit Sitz in Lettlands Hauptstadt Riga, wurden damals Geldwäsche und Betrug vorgeworfen. Im Jahr 2016 wurde die Bank deswegen geschlossen.

Nach Angaben der Organisation OCCRP, die sich der Berichterstattung über organisierte Kriminalität und Korruption widmet, sollen Scheinfirmen zwischen 2011 und 2014 die Dienste der Trasta Komercbanka genutzt haben, um mehr als 13 Milliarden Euro an Schwarzgeld aus illegalen Geschäften in der Republik Moldau zu waschen.

"Rimsevics konnte nicht in vollem Umfang liefern, was er versprochen hatte", sagte Jirgena. "Ihm wurde deshalb nur die Hälfte ausgezahlt: 250.000 Euro."

Außer Rimsevics erhob die Staatsanwaltschaft auch Anklage gegen den lettischen Unternehmer Maris Martinsons. "Martinsons war ein Vermittler, der zehn Prozent der Gesamtsumme erhielt. Das Bestechnungsgeld wurde in bar ausgezahlt", so Staatsanwältin Jirgina. Sie fügte hinzu, dass die Telefone der Beteiligten abgehört wurden.

Rimsevics und Martinsons droht eine Haftstrafe von bis zu elf Jahren, sollten sie verurteilt werden. Die Anklage gegen die beiden Teilhaber der Trasta Komercbanka wurde dagegen fallengelassen, weil sie mit den Ermittlern kooperieren und nun als Zeugen auftreten.

Lettlands Ruf

Seitdem die Vorwürfe gegen Rimsevics im Februar bekannt wurden, hat der Fall für internationales Aufsehen gesorgt. Lettlands Regierung suspendierte den Notenbankchef, kann ihn aber nach EU-Recht nicht seines Amtes entheben, solange er nicht verurteilt ist.

Seine Suspendierung schränkt die Handlungsfähigkeit der Europäischen Zentralbank ein, weil das Euro-Mitglied Lettland im EZB-Rat sein Stimmrecht nicht ausüben kann. Im April schaltete die EZB deshalb den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg ein.

Der Ruf des Euro- und NATO-Mitglieds Lettland wird durch den Fall weiter beschädigt. Erst im Februar hatte die US-Regierung die drittgrößte Bank des Landes beschuldigt, in großem Stil Geld aus Russland und Nordkorea gewaschen zu haben. Die lettische Regierung bemüht sich seitdem, den Finanzsektor des Landes zu bereinigen.

bea/jj (afp, AP)