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Italien: Die Märkte reagieren gelassen

5. Dezember 2016

Die italienischen Wähler haben die Regierung mit Hilfe des Verfassungsreferendums aus dem Amt gejagt, doch an den Märkten blieb das befürchtete Beben aus. Der Dax in Frankfurt startete überraschend im Plus.

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Italien Rom Referendum
Bild: DW/B. Riegert

Eine Katastrophe sieht anders aus: Der Euro sowie Asiens Aktienmärkte verloren zunächst etwas. Das deutsche Aktienbarometer Dax aber lag kurz nach Handelsstart an diesem Montag bald mit einem Prozent im Plus und baute den Gewinn bis zum Mittag noch aus. Dabei hatten Beobachter im Vorfeld schlimme Reaktionen befürchtet. 

Unter Verkaufsdruck gerieten Finanzwerte. Deutsche Bank und Commerzbank verloren jeweils etwa zwei Prozent und der europäische Banken-Index büßte 0,8 Prozent ein. Börsianer befürchten, dass der Sturz der Regierung des Ministerpräsidenten Matteo Renzi es den italienischen Geldhäusern erschwert, dringend benötigtes frisches Kapital aufzutreiben. Die Institute der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone sitzen auf einem 360 Milliarden hohen Berg fauler Kredite. Der Leitindex der Mailänder Börse legte allerdings nach anfänglichen Verlusten wieder zu und zeigte gegen Mittag ein Plus von 0,7 Prozent. 

In Asien hatten  die Verluste zuvor bei unter einem Prozent gelegen. An der Börse in Tokio blieb ein befürchteter Einbruch am Montag aus. Auch die Verluste bei Finanzwerten hielten sich im Rahmen. Der Nikkei-Index für 225 führende Werte gab um 151,09 Punkte oder 0,82 Prozent auf den Stand von 18 274,99 Punkten nach. Unter den zehn größten Verlierern waren auch einige Finanzwerte, darunter die Großbank Mitsubishi UFJ. Bankaktien reagieren besonders sensibel auf Krisen.

Alles in allem fiel die Reaktion an den Finanzmärkten deutlich verhaltener aus als zum Beispiel bei der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im November oder beim Brexit-Votum in Großbritannien im Juni.

Geringe Verluste

Der Euro erholte sich am Morgen von seinen anfänglich etwas deutlicheren Verlusten und lag nicht einmal mehr 1 Prozent im Minus. Zuvor hatte er ein 20-Monatstief erreicht: In Reaktion auf den Ausgang der Abstimmung in Italien war die Gemeinschaftswährung zwischenzeitlich fast bis auf 1,0506 Dollar gefallen.

Nach dem Scheitern seiner Verfassungsreform hatte der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi noch in der Nacht seinen Rücktritt angekündigt. Daraufhin hatte der Euro seine Verluste etwas eingedämmt, da sich mit der Rücktrittsankündigung eine schnelle Entscheidung über Neuwahlen und damit kein lang anhaltendes Machtvakuum andeutet.

Italien | Ministerpräsident Matteo Renzi kündigt nach gescheitertem Referendum seinen Rücktritt an
Italiens Regierungschef Renzi kündigt seinen Rücktritt anBild: REUTERS/A. Bianchi

Rückkehr der Staatsschuldenkrise?

Volkswirte wie Jörg Krämer von der Commerzbank reagierten erleichtert: "Der asiatische Handel hat gefasst reagiert. Der Eurokurs ist nicht eingebrochen. Natürlich ist es tragisch, dass die Italiener die Chance vertan haben, sich einen effizienteren parlamentarischen Entscheidungsprozess zu geben. Aber das bedeutet nicht automatisch eine eurokritische Fünf-Sterne-Regierung und eine Rückkehr der Staatsschuldenkrise." 

Ähnlich äußerte sich Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank aus Vaduz: "Ich würde am heutigen Tag nicht das Wort Euro-Krise in den Mund nehmen. Italien dürfte jetzt eine Technokraten-Regierung bekommen. Das muss nichts Schlechtes bedeuten. Übergangsregierungen in Europa haben manchmal mehr hinbekommen als reguläre Regierungen.“

Auch die Ölpreise haben nach dem Nein beim Verfassungsreferendum in Italien nur leicht nachgegeben. Ein Fass der Nordseesorte Brent kostete am Morgen 54,11 US-Dollar. Das waren 34 Cent weniger als am Freitag. Die Ablehnung des Verfassungsreferendums selbst belastete dabei kaum. Händler verwiesen vielmehr auf Zahlen vom Freitag, nach denen die Zahl der Ölbohrlöcher in den USA die weiter gestiegen ist.

ar/wa (dpa, rtr)