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IWF senkt weltweiten Konjunkturausblick

19. April 2022

Der Ukraine-Krieg verdunkelt den Wirtschaftsausblick des Internationalen Währungsfonds deutlich. Die Kriegsfolgen seien weitreichend spürbar, verstärkten den Inflationsdruck und verlangten nach politischen Reformen.

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USA Logos des Internationalen Waehrungsfonds
Bild: Thomas Trutschel/photothek/picture alliance

Unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges hatte am Montag bereits die Weltbank ihre Prognose für das weltweite Wirtschaftswachstum 2022 auf 3,2 Prozent abgesenkt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) folgte diesem Beispiel am Dienstag und senkt wegen des Kriegs in der Ukraine ebenfalls seine Prognosen für die Weltwirtschaft.

"Insgesamt haben die konjunkturellen Risiken erheblich zugenommen", sagte IWF-Ökoom Pierre-Oliver Gourinchas. Die Weltwirtschaft habe sich vor dem russischen Angriff auf die Ukraine noch nicht richtig von der Coronavirus-Pandemie erholt gehabt. Vor allem in Europa rechnet der IWF nun mit geringeren Wachstumsraten sowie schweren Rezessionen in Russland und der Ukraine. Der Krieg dürfte auch die ohnehin schon hohe Inflation länger anheizen.

Die Weltwirtschaft wird laut IWF 2022 und 2023 um jeweils 3,6 Prozent zulegen. 2021 waren es 6,1 Prozent. Gegenüber den Schätzungen im Januar hat der IWF seine Prognose für 2022 um satte 0,8 Punkte gesenkt, für 2023 um 0,2 Zähler. Der Westen hat umfangreiche Sanktionen gegen Russland verhängt, weitere Maßnahmen wie ein Öl-Boykott werden diskutiert.

Russland kostet die Weltwirtschaft sehr viel Geld

Russlands Wirtschaft dürfte 2022 um 8,5 Prozent einbrechen und 2023 noch einmal um 2,3 Prozent schrumpfen. 2021 hatte sie noch um 4,7 Prozent zugelegt. Für die Ukraine wird dieses Jahr mit einer Rezession von mindestens zehn Prozent gerechnet.

Infografik Getreide wird immer teurer DE

Russland spielt international vor allem bei Energie und Rohstoffen eine führende Rolle, etwa bei Öl, Gas und Metallen. Wie die Ukraine ist Russland zudem ein wichtiger Exporteur von Weizen und Getreide. Wegen des Kriegs und der Sanktionen steigen die Preise bereits deutlich, was laut IWF vor allem ärmere Staaten treffen wird. Viele Länder müssten eigentlich ihre in der Pandemie sprunghaft gestiegenen Schulden reduzieren, gleichzeitig jetzt aber auch für Flüchtlinge Gelder mobilisieren und ärmeren Haushalten bei den hohen Lebensmittel- und Energiepreisen helfen.

Inflation bereitet Sorgen

Anders als zunächst gedacht stellt sich die Inflation als wesentlich hartnäckiger heraus. Der IWF rechnet dieses Jahr mit einer Rate von 5,7 Prozent in Industriestaaten sowie 8,7 Prozent in Schwellen- und Entwicklungsländern. Seit Januar hat sich die Lage damit deutlich verschlechtert - und der IWF schließt nicht aus, dass sie sich noch einmal signifikant verschlechtern könnte. Die Notenbanken müssen ihre oft seit langem lockere Geldpolitik nun straffen. "Inflation ist zu einer klaren und präsenten Gefahr für viele Staaten geworden", so IWF-Ökonom Gourinchas. In den USA und einigen europäischen Staaten liege sie auf dem höchsten Niveau seit mehr als 40 Jahren.

Immer noch Corona

Auch die häufigen und scharfen Corona-Lockdowns in chinesischen Metropolen wie Shanghai bremsen die Weltwirtschaft. Hierdurch könnten die Lieferkettenprobleme vieler Firmen noch zunehmen. Für China - die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt - sagt der IWF nur noch Wachstumsraten von 4,4 und 5,1 Prozent in diesem und nächstem Jahr voraus. Zum Vergleich: 2021 waren es noch 8,1 Prozent.

Die Störungen im Handel wird neben China aber auch Deutschland zu spüren bekommen. Der Export-Europameister wird laut IWF 2022 nur noch um 2,1 Prozent wachsen, 2023 dann um 2,7 Prozent. Damit wurde die bisherige Schätzung für 2022 um 1,7 Punkte reduziert, einer der höchsten Werte weltweit. Für 2023 wurde die Prognose dagegen leicht angehoben.

Konsequenzen für Berliner Politik?

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat die gesenkte Konjunkturprognose als ein "weiteres Warnsignal" bezeichnet. "Weniger Wachstum in Verbindung mit steigender Inflation ist eine gefährliche Kombination", sagte der FDP-Politiker in Berlin. Es gebe ökonomisch kein "einfaches Weiter so". "Was Preisdruck reduziert und Produktivität stärkt, muss Priorität haben. Dagegen müssen wir Subventionen prüfen, die angesichts von bestehenden Knappheiten etwa im Bausektor noch zusätzlichen Druck aufbauen."

Mit Blick auf Deutschland sagte Lindner, in der Haushaltspolitik müsse angesichts der wirtschaftlich fragilen Lage die Konsolidierung in den Blick genommen werden, Ausgaben müssten begrenzt werden. "Die aktuellen Schocks kann der Staat nur im Sinne eines Stoßdämpfers abfangen, aber nicht dauerhaft kompensieren."

dk/ehl (rtr, dpa)