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James Cook und seine Entdeckungsreise

19. April 2020

Kartograf, Navigator und Kapitän: James Cook verhalf dem Britischen Empire zur Weltmacht. Vor 250 Jahren betrat der Engländer als erster Europäer die Ostküste Australiens. Eine Geschichte, die zwei Perspektiven hat.

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James Cook auf einem Farbdruck in etwa aus dem Jahr 1920
Bild: picture-alliance

Einen geheimnisvollen Riesenkontinent solle es auf der Südhalbkugel geben, so die gängige Theorie der Gelehrten des 18. Jahrhunderts. Als Gegengewicht zu den euro-asiatischen Landmassen warte ein Kontinent im Süden auf die Entdecker des Nordens. Schließlich müsse die Erdkugel bei ihrer Rotation ausbalanciert werden, so die Annahme der Geographen jener Zeit. Eine Annahme getrieben durch die Gier nach Wissen, Abenteuer und vor allem Land.

Das Britische Weltreich wollte als Erstes diesen sagenumwobenen Kontinent entdecken - und die weißen Flecken auf der Landkarte füllen. Mehr noch: Es wollte unter den konkurrierenden Kolonialmächten Portugal, Spanien, Niederlande und Frankreich die Vormacht erlangen. So drängte die Royal Society, die britische Wissenschaftsgesellschaft, 1768 die Admiralität zu schnellem Handeln. Die Wahl für die Leitung dieser Expedition fiel auf den erfahrenen Seemann und Kartographen James Cook.

Captain Cook  als Zeichnung auf seinem Schiff
Eine Zeichnung von James Cook auf einem Schiff. Seine Seemannskarriere begann mit 18 JahrenBild: picture-alliance/dpa/Photo12

Die nächsten zehn Jahre verbringt er auf See - im Dienste der britischen Krone. Mit seinen Entdeckungen geht er in die Geschichte ein: Über 35 geografische Orte sind inzwischen nach ihm benannt - sogar zwei Objekte im Weltall tragen den Namen des weltberühmten Seefahrers. Doch wie ist James Cook, dessen Kindheit keinesfalls für große Abenteuer gedacht war, zu einem der größten Entdecker in der Geschichte geworden?

Wer war James Cook?

Bei Geburt deutete nichts darauf hin, dass er irgendwann mal die Geschichte so prägen würde. Er wird 1728 in Marton, im Nordosten Englands, geboren. Sein Vater ist Tagelöhner, James Cook wächst in armen Verhältnissen mit vielen Geschwistern auf. Er darf nur dank des großzügigen Dienstherren seines Vaters die Dorfschule besuchen, wo er Lesen und Schreiben lernt. Der Junge kann sich schnell Wissen aneignen, er ist neugierig auf Neues.

Mit 18 beginnt seine Seemannskarriere auf einem Kohletransportschiff. Er lernt zu steuern und zu navigieren und am Ende die See zu lieben. Den angebotenen Kapitänsposten auf dem Schiff lehnt er ab. Er hat andere Ziele: die Royal Navy. Innerhalb weniger Jahre beweist er sein außergewöhnliches Talent, Karten detailbesessen zu erstellen. Seine genauen Zeichnungen bringen der Royal Navy sogar militärische Erfolge. James Cook, der Mann aus armen Verhältnissen, wird für die Britische Krone unverzichtbar. Kaum ein anderer Seemann in ihrem Dienst verfügt über seine Kenntnisse oder Fähigkeiten.

Und so sticht James Cook am 26. August 1768 mit der "Endeavour" von Plymouth aus in Richtung Süden. An Bord befinden sich 94 Personen, darunter Botaniker, Zeichner, Tierforscher - und eine Menge technischer Geräte für eine außergewöhnliche Expedition.

Die geheime Mission

Die offizielle Auftrag der Royal Society lautet: die Bemessung des Venusdurchgangs. Im Pazifik soll James Cook die Dauer des Transits des Planeten Venus vor der Sonne beobachten. Mit diesen Daten erhofften sich die Wissenschaftler, die Entfernung der Sonne zur Erde genauer errechnen zu können. Der perfekte Beobachtungspunkt soll auf Tahiti liegen. Die Insel im Südpazifik, wo der Himmel klar ist und die Sonne während der gesamten Dauer des Venustransits über dem Horizont bleibt, war den Seglern schon bekannt. Mittels vier Teleskopen konnte James Cook im Juni 1769 erfolgreich die Venus-Mission erfüllen. Es folgte der geheime Teil der Expedition, der sich in einem bis dahin verschlossenen Umschlag befand: die Entdeckung des sagenumwobenen Südkontinents.

Die Endeavour stach in die See jenseits des 40. südlichen Breitengrades. Mit Präzision lenkte James Cook das Schiff und erreichte nach wenigen Monaten Neuseeland - nicht als erster, etwa 150 Jahre zuvor hatte es ein holländischer Seefahrer gesichtet, doch Cook war der erste, der in akribischer Arbeit die gesamte Insel kartografierte. Seine Vermessungen und Zeichnungen waren nahezu perfekt, bis in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurden Cooks Karten noch von Kapitänen benutzt. Nach sechs Monaten segelte die Endeavour weiter nördlich und stieß auf die Küste Neu-Hollands, wie damals Australien genannt wurde: seine nächste kartographische Herausforderung, die den Beweis lieferte, dass es eben keinen Südkontinent als Gegengewicht gibt, sondern die Südhalbkugel zum größten Teil von Wasser bedeckt ist. Im April 1770 landeten Cook und seine Crew in einer Bucht, die auf den Namen Botany Bay getauft wurde. Der Ort faszinierte die Segler mit seiner ihnen bis dato unbekannten Pflanzen- und Tierwelt. Sie wollten mehr sehen, mehr entdecken und segelten weiter nördlich bis Possession Island. Dort erklärt Cook einseitig das Land zum Besitz des Britischen Empires.

Zwei Perspektiven

Die Geschichte von James Cook, so erfolgreich und wegweisend sie für die Wissenschaft ist, hat zwei Perspektiven - die der Briten und die der Einheimischen.

Captian James Cooks Endeavour
Mit der Endeavour entdeckte Cook die Glass-House Mountains an Australiens OstküsteBild: picture-alliance/Mary Evans

Als die Endeavour im britischen Heimathafen vor Anker geht, wird James Cook als Held gefeiert. Selbst König George II. gratuliert ihm persönlich. Zwar hat der große Entdecker den Riesenkontinent nicht entdeckt, doch dafür neue Länder für die Britische Krone erobert. In den nächsten Jahren werden britische Schiffe in Richtung Australien in See stechen und das Land besetzen. Nur acht Jahre nach James Cooks Beanspruchung wird aus dem Land zunächst eine Strafkolonie gemacht. Dieser Tag ist für die Australier bis heute ein Nationalfeiertag.

In seinem Tagebuch beschreibt James Cook die erste Begegnung mit den Einheimischen, den Gweagal, als eine Aggression ihrerseits. Ein Mann aus dem Volk soll ihn mit einem Stein beworfen haben, Männer hätten sie angegriffen, feuerten Speere in Richtung seiner Crew. Die Briten, so Cook in seinen Schriften, mussten sich verteidigen - mit Schüssen. Man habe aus Notwehr gehandelt.

In einem Artikel für die British Library beschreibt Dr. Shayne T. Williams, ein Vertreter der Gweagal, die Ankunft Cooks allerdings anders: "Wenn sie jedoch dieselbe Begegnung aus unserer Perspektive betrachten, würden sie verstehen, dass zwei Männer aus Gweagal eifrig ihre spirituelle Pflicht gegenüber dem Land erfüllten, indem sie das Land vor der Anwesenheit von Personen schützten, die nicht befugt waren, sich dort aufzuhalten. In unseren Kulturen ist es nicht erlaubt, ohne die erforderliche Zustimmung in das Land einer anderen Kultur einzureisen. Eine solche Zustimmung wurde immer ausgehandelt."

Und so machte James Cook den Weg frei für die Erforschung eines Landes, das nicht erforscht werden wollte und Eroberung eines Volkes, das nicht erobert werden wollte.

Bis heute sind James Cooks Entdeckungen und deren Folgen für die Einheimischen umstritten, nicht jedoch seine Begabung für Kartografie und seine präzisen Kenntnisse der Navigation.

DW Mitarbeiterportrait | Rayna Breuer
Rayna Breuer Multimediajournalistin und Redakteurin