Jamilu Collins - das schwerste Spiel seines Lebens
28. September 2019Jamilu Collins sah aus, als hätte er eine ganz lockere Trainingseinheit hinter sich gebracht. Sein Trikot hatte er ausgezogen und sein Oberkörper wurde geziert von einem Sixpack, das sich sehen lassen kann. Bei dem 25-Jährigen war kein Tropfen Schweiß zu sehen. Dabei hatte er gerade über elf Kilometer auf dem tiefen Rasen in der kleinen Paderborner Arena hinter sich gebracht. "Das war sicher das schwerste Spiel meiner Karriere", sagte der Nigerianer und lächelte dabei etwas gequält.
2:3 hatten er mit dem SC Paderborn nur wenige Augenblicke zuvor gegen den FC Bayern München verloren. Collins und seine Teamkollegen hatten dem Rekordmeister einen bravourösen Kampf geliefert - und viel hätte nicht gefehlt, dann hätte der Aufsteiger sogar einen Punkt gegen den schier übermächtigen Gegner geholt. Und vor allem Collins hatten es die Paderborner zu verdanken, dass die Bayern zumindest ins Wanken gerieten.
Zunächst nur zweiter Sieger
Mit seinem knallharten Treffer zum 2:3 keimte nochmal eine letzte Hoffnung auf an der Pader. "Ich habe es in der ersten Halbzeit schon mal probiert, da ging der Ball noch daneben. Aber ich wollte unbedingt einen Treffer erzielen", sagte er und aus seinem Gesicht sprach dabei die volle Überzeugung. Aus 25 Metern traf er einen von der Münchner Defensive abgewehrten Ball so genau, dass Nationaltorhüter Manuel Neuer der Kugel nur reaktionslos nachschauen konnte, wie sie im Netz einschlug. Am Ende gab es aber wieder keine Punkte für sein Team, das weiterhin als Tabellenletzter der Bundesliga verharrt. "Wir stoßen an Grenzen", sagte Trainer Steffen Baumgart. "Es reicht einfach nicht."
Die Devise hätte auch für Collins in der ersten Hälfte gelten können. Als linker Außenverteidiger hatte er viele Zweikämpfe und Laufduelle mit Bayerns Angreifer Serge Gnabry führen müssen - und häufig war er nur zweiter Sieger in diesen Auseinandersetzungen. Collins und sein Team hatten allerdings Glück, dass Gnabry und die restlichen Bayern-Profis überaus großzügig mit ihren Möglichkeiten umgegangen sind.
"Das war wieder mal ein Spiel, wo wir nur mit einem Tor Unterschied in die Pause gegangen sind, obwohl wir deutlich höher hätten führen können", sagte Bayern-Trainer Niko Kovac und monierte die vielen Unkonzentriertheiten seiner Spieler vor dem gegnerischen Tor. "Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden, aber nicht mit der Art und Weise." Gnabry (15. Minute) nutze immerhin eine seiner Großchancen zur Führung.
Vehemenz im Abschluss
Auch das 2:0 von Philippe Coutinho (55.) warf die Paderborner nicht aus der Bahn. Im Gegenteil, dieser erneute Rückschlag schien sie eher noch zu beflügeln. Sie verfuhren nach dem Motto: Was soll uns jetzt noch passieren. Und auch Collins drehte nun ordentlich auf. Er gewann deutlich mehr Zweikämpfe, fand immer wieder spielerische Lösungen aus den schwierigsten Situationen, rannte die Außenlinie hoch und runter und war einer derjenigen Paderborner, die die Münchner nicht mehr in den Griff bekamen.
Kai Pröger (68.) sorgte mit seinem zwischenzeitlichen Anschlusstreffer zudem für ein plötzliches Gefühl des Aufschwungs, das sich auch Collins zu Herzen nahm - und dem er mit seiner Vehemenz im Abschluss Nachdruck verlieh.
Es war der erste Auftritt auf der ganz großen (Fußball-)Bühne für den im nigerianischen Kaduna geborenen Defensivspezialisten. Sechs Bundesligapartien hat er nun auf seinem Konto, zuvor war er für den SCP in der zweiten Liga und für Rijeka in der kroatischen Liga aktiv.
Collins: "Da kommt noch was"
Sollte Collins künftig allerdings über 90 Minuten stabiler spielen und sein Niveau dauerhafter auf dem Platz zeigen, wird der kleine Klub aus Ostwestfalen sicher nicht die letzte Adresse in der deutschen Eliteliga bleiben. Schon jetzt dürften sich viele Hoffnungen auf den Klassenverbleib des SCP auch eng mit seinen Leistungen verbinden.
Am Selbstbewusstsein mangelt es Collins indes nicht. Ob der Schuss gegen den deutschen Nationaltorhüter sein bisher schönster Treffer gewesen sei, wurde er gefragt oder ab noch schöner anzusehende Tore folgen könnten. "Wir werden sehen, da kommt noch was", sagte er.
Trainer Baumgart wollte nach der unglücklichen Pleite keine einzelnen Spieler hervorheben. Sein Resümee war das Gegenteil vom dem seines Münchner Kollegen. "Ich bin nicht mit dem Ergebnis, aber mit der Leistung meiner Mannschaft zufrieden", sagte Baumgart. Jamilu Collins durfte ganz sicher sein, das auch er an diesem Abend gemeint war.