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Japans Furcht vor China

Martin Fritz aus Tokio 28. November 2013

Chinas Aufrüstung hat Japan lange kalt gelassen. Inzwischen weckt ein Inselstreit in Tokio Bedrohungsängste. Fast ebenso groß ist die Sorge, dass Japan im Verteidigungsfall vom großen Bruder USA im Stich gelassen wird.

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Japanese protesters shout slogans during a rally, opposing China's territorial claim over the disputed islands, called Senkaku in Japan and Diaoyu in China, at a park in Tokyo, Saturday, Sept. 22, 2012. A banner, left, reads " Beef up the control over Senkaku". (Foto:Itsuo Inouye/AP/dapd)
Japan Tokio, Demonstration, Senkaku InselnBild: AP

Jahrelang warnte das japanische Verteidigungsministerium vor der Aufrüstung Chinas, ohne daraus Konsequenzen zu ziehen. Dabei fällt seit Mitte der neunziger Jahre auf, dass China seine Ausgaben für Verteidigung kontinuierlich um zweistellige Prozentzahlen steigert. 2012 beliefen sich Chinas Militärausgaben auf 106 Milliarden Dollar. Dieses Jahr sollen sie um mehr als 10 Prozent auf rund 120 Milliarden Dollar erneut steigen. Dagegen sind die japanischen Aufwendungen für Verteidigung im vergangenen Jahrzehnt gesunken. Aber der Territorialkonflikt mit China hat die Regierung in Tokio wachgerüttelt.

Erstmals seit elf Jahren erhöht Japan die Ausgaben für Verteidigung. In diesem Jahr sollen sie um 0,8 Prozent auf 4,7 Billionen Yen (38 Milliarden Euro) wachsen. Das entspricht etwa 40 Prozent von Chinas Ausgaben. Premierminister Shinzo Abe schwört die Selbstverteidigungstreitkräfte auf die Herausforderung ein. "Im Gegensatz zu vor vier Jahren gibt es dauerhafte Provokationen gegen unser Territorium", erklärte Abe Mitte März bei der Abschlussfeier der Nationalen Verteidigungsakademie.

Strategie der China-Eindämmung

Spätestens seit den ersten Begegnungen mit dem chinesischen Militär in der Nähe der umstrittenen Inseln, die in Japan Senkaku und in China Diaoyu heißen, ist Japan allerdings klar geworden, dass es gegen die chinesische Marine wenig ausrichten könnte. Die schwach bewaffnete Küstenwache wäre bei einem militärischen Konflikt hoffnungslos unterlegen. Japans Gegenstrategie vermeidet daher die direkte Konfrontation mit China, sondern setzt auf politische Eindämmung.

Ein japanisches und ein chinesisches Schiff beobachten sich gegenseitig auf offener See
Japans Küstenwache hat der chinesischen Marine wenig entgegenzusetzenBild: Reuters

Japan verfolge eine "Neo-Kalte-Krieg-"Strategie, meint der Koreaner Lee Jong Won, Professor für Asien-Pazifik-Studien an der Waseda-Universität in Tokio. Das wichtigste Element dieser Eindämmungsstrategie ist die engere Anbindung Japans an seinen Sicherheitspartner USA bei einer gleichzeitigen Erhöhung des japanischen Gewichts innerhalb dieser Allianz. Bei einer Rede im japanischen Parlament Ende Februar bezeichnete Premierminister Shinzo Abe die USA als den "weltgrößten ozeanischen Staat" und Japan als die "größte ozeanische Demokratie" in Asien.

Kollektive Selbstverteidigung gefordert

Innerhalb des Bündnisses mit den USA will Japan die eigene Verteidigungsfähigkeit erweitern und das Recht auf kollektive Selbstverteidigung erhalten. Dies will Abe mit Hilfe einer Änderung der japanischen Verfassung erreichen. Der Premier nutzt den Inseldisput, um die pazifistische Grundstimmung in der japanischen Bevölkerung zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Umfragen zufolge gibt es nämlich nur im Parlament eine Mehrheit für die Verfassungsänderung, nicht jedoch in der Bevölkerung.

Der Bündnisstärkung dient auch der Beitritt Japans zu den Verhandlungen zum transpazifischen Freihandelsabkommen "Trans-Pacific Partnership" (TPP), an dem China nicht teilnimmt. Man wolle für Japan, die USA und ihre Verbündeten zukünftigen Wohlstand in der Asien-Pazifik-Region erzeugen, rechtfertigte Abe den TPP-Einstieg gegen den Widerstand der japanischen Bauern-Lobby, die um ihre Einkünfte fürchtet. Zugleich will Japan näher an das asiatische Bündnis ASEAN heranrücken. Auf diese Weise kann Japan mit Staaten wie Philippinen, Indien und Vietnam kooperieren, die mit China eigene Territorialstreitigkeiten ausfechten.

Verteidigungsplan für Senkakus

Eine große Sorge Japans gilt jedoch der Solidarität ihres Sicherheitspartners USA. Bei seinem Antrittsbesuch in Washington stieß Regierungschef Abe auf wenig Enthusiasmus für seine Abwehrstrategie. Die diplomatische Reaktion auf die japanische Charme-Offensive fiel vergleichsweise kühl aus - zum Beispiel gab es kein gemeinsames Abendessen von Abe mit US-Präsident Barack Obama. Immerhin werden Japan und die USA die militärischen Pläne für die Verteidigung von japanischen Inseln erstmals konkretisieren.

Washington hat Tokio versichert, dass der Sicherheitsvertrag für die umstrittenen Inseln gilt. Doch hinter verschlossenen Türen wurde klargestellt, dass man keinen militärischen Konflikt mit China wegen der unbewohnten Eilande wünsche. Genau diese Doppeldeutigkeit verursacht den Zweifel in Japan, dass die USA für die Inselgruppe keinen Krieg mit ihrem wichtigsten Handelspartner China riskieren werden. Nach Bekanntwerden der militärischen Vorbereitungen ließen die USA jedenfalls verlauten, dies ändere nichts an ihrer Bevorzugung einer friedlichen Lösung.