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Film

Jean-Paul Belmondo ist tot

6. September 2021

Jean-Paul Belmondo war eine Ikone der Nouvelle Vague und ein Actionstar des europäischen Kinos. Jetzt ist der Schauspieler im Alter von 88 Jahren gestorben.

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Porträt eines lächelnden Jean-Paul Belmondo
Filmheld mit sympathischem Lächeln: Jean-Paul BelmondoBild: Apaydin Alain/ABACA/picture alliance

 "Jean-Paul ist heute gestorben. Er ist gegangen, um seine alten Komplizen vom Konservatorium wiederzutreffen. Sein ehrliches Lächeln wird immer da sein", hieß es in einer von Belmondos Familie veröffentlichten Erklärung zum Tod des Schauspielers. 

In Frankreich war er eine Ikone, der sich mit dem Satz "Du bist wirklich zum Kotzen!" ein frühes Denkmal setzet. Er sagte ihn am Ende eines Films, in dem er den Kleinganoven Michel Poiccard spielt - einen Lebemann, der dummerweise einen Polizisten ermordet und von seiner Freundin Patricia (Jean Seberg) verraten wird. "Außer Atem" (Originaltitel: "À bout de souffle", 1960) war nicht Belmondos erster Film.

Filmstill Jean-Paul Belmondo und Jean Seberg in "Außer Atem"
Gefährliche Liebe: Jean-Paul Belmondo und Jean Seberg in "Außer Atem"Bild: Imago/Cinema Publishers Collection

Doch mit dem Schwarzweiß-Werk, das der damals 29-jährige Jean-Luc Godard mit geringem Budget in und um Paris realisierte, gelang dem erst 26-jährigen Schauspieler der Durchbruch. Er verkörperte für die jungen Franzosen den Revoluzzer und Freigeist, den rebellischen Außenseiter, der so gut wie keine Regeln akzeptiert. Damit wurde er auch eine zentrale Figur der französischen"Nouvelle Vague".

Eine "Neue Welle" waren diese Filme der späten 1950er-Jahre in der Tat: unkonventionell, unabhängig, unvorhersehbar. Die Regisseure trauten sich an Neues heran, schafften durch Schnitt- und Kameratechniken ganz neue Ästhetiken. Wichtige Vertreter waren neben Godard François Truffaut, Claude Chabrol, Louis Malle undAlain Resnais. Sie alle hatten Jean-Paul Belmondo vor der Kamera.

Aus guten Verhältnissen

Geboren wurde Belmondo am 9. April 1933 in Neuilly-sur-Seine, einem wohlhabenden Vorort von Paris. Seine Mutter Madeleine war Tänzerin, sein Vater Paul, der als Jugendlicher aus Sizilien nach Paris gekommen war, ein berühmter Bildhauer. Bekannte Schriftsteller und Künstler wie Albert Camus waren bei den Belmondos regelmäßige Gäste.

Sein Vater gab seine Begeisterung für Kunst und Kultur an Jean-Paul weiter. Den Entschluss, Schauspieler zu werden, fasste er bereits mit 16 Jahren - bei einem Aufenthalt in der Auvergne. Schon früh arbeitete Jean-Paul als Amateurschauspieler. Und obwohl ihm von einem Freund seines Vaters, einem Mitglied der renommierten Comédie Française, Talentfreiheit bescheinigt worden war, bewarb er sich später am Pariser Konservatorium für Musik und Tanz. "Die Schauspielerei ist nicht allzu schwer, aber man muss sie lernen", hat Belmondo später immer wieder gesagt. "Ich dachte nie daran, eines Tages berühmt zu werden. Mit meinem Gesicht hatte ich nichts von einem Verführer an mir, und zu jener Zeit spielte das Äußere noch eine große Rolle."

1959 heiratete Belmondo die Tänzerin Renée Constant. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor; 1965 ließ sich das Paar scheiden. Von 1966 bis 1974 lebte er mit der Schweizer Schauspielerin Ursula Andress zusammen, die 1962 in "James Bond jagt Dr. No" als erstes Bondgirl berühmt wurde.

2002 heiratete Belmondo erneut, doch auch die Ehe mit seiner zweiten Frau Nathalie Tardivel, mit der er eine weitere Tochter hatte, hielt nur sechs Jahre.

Jean-Paul Belmondo mit seiner Ehefrau Renée und Tochter Florence
Familienurlaub in der Schweiz 1964: der Schauspieler mit seiner Ehefrau Renée und Tochter FlorenceBild: picture-alliance/Farabola/Leemage

Von den Franzosen verehrt

Ein Blick auf Belmondos Filmografie zeigt: Der Mann war enorm produktiv. Von seinen gut 80 Filmen drehte er die Hälfte in den 1960er-Jahren - allein zwischen 1960 und 1964 waren es 28.

Belmondo profilierte sich in den unterschiedlichsten Rollen. Vorzugsweise spielte er zwar in Gaunerfilmen (etwa 1962 in "Cartouche, der Bandit"), er glänzte aber auch im Melodram "Stunden voller Zärtlichkeit" (1960). Die größten Stars wie Romy Schneider oder Alain Delon standen mit ihm vor der Kamera.

Neben letzterem avancierte er zum beliebtesten französischen Schauspieler seiner Generation - seine Landsleute gaben ihm liebevoll den Spitznamen "Bébel".

Ab den frühen 1970er Jahren drehte Belmondo außerdem verstärkt Thriller und Polizeifilme und hatte damit seine Lieblingsrolle gefunden. Sein international erfolgreichster Film war der Agententhriller "Der Profi" (1981). Die Musik dazu hatte Ennio Morricone komponiert, der Titelsong ist weltberühmt. Die Stunts für die zahlreichen spektakulären und gefährlichen Szenen machte Belmondo alle selbst.

Jean-Paul Belmondo mit Waffe und geschwärztem Gesicht in "Der Profi"
Jean-Paul Belmondo als Ex-Geheimagent Joss Beaumont in "Der Profi"Bild: picture-alliance/United Archives

Zahlreiche Auszeichnungen für sein Lebenswerk

In den 1980er-Jahren tauschte Belmondo das Filmset vermehrt gegen die Theaterbühne ein und kehrte damit zu seinen schauspielerischen Wurzeln zurück.

Große Sorge um seinen Gesundheitszustand kam Mitte des Jahres 2001 auf, als Belmondo mit einem Schlaganfall in ein Pariser Krankenhaus eingeliefert wurde. Er musste das Sprechen und Gehen mühsam wieder erlernen und kehrte erst acht Jahre später vor die Kamera zurück: "Ein Mann und sein Hund" (2009) war sein letzter Film und fiel beim Publikum und bei den Kritikern durch. Belmondo entschuldigte sich später dafür, allerdings habe ihm der Film dabei geholfen, die Folgen seines Schlaganfalls zu überwinden.

2010 wurde Belmondo durch die Los Angeles Film Critics Association für sein Lebenswerk geehrt, ein Jahr später erhielt er dafür in Cannes die Goldene Palme. Auch Venedig ehrte den Schauspieler 2016 mit einem Goldenen Löwen und in Paris erhielt er 2017 den César.

Jean-Paul Belmondo beim 64. Cannes Film Festival
Grund zur Freude - Jean-Paul Belmondo bei der Verleihung der Goldenen Palme in Cannes 2011Bild: picture-alliance/abaca/Hahn-Nebinger-Genin

Belmondos Schaffen liest sich fast wie eine Zusammenfassung der französischen Filmgeschichte. Mit "Belmondo von Belmondo: Eine Hommage an den Vater" setzte Belmondos Sohn Paul seinem Vater 2014 ein filmisches Denkmal.

In den letzten Jahren war es ruhiger um den beliebten Schauspieler geworden. In Frankreich wurde "Bébel" jedoch bis zuletzt - wenn er denn noch öffentlich auftrat - wie ein Superstar gefeiert. Auf die Frage, was man ihm am besten wünschen solle, hatte er schon an seinem 80. Geburtstag im April 2013 geantwortet: "Das Leben, das Leben, das Leben, das Leben."

Dieser Wunsch ist ihm nun nicht mehr erfüllt worden: Jean-Paul Belmondo sei "ruhig eingeschlafen", zitierte die französische Nachrichtenagentur AFP seinen Anwalt Michel Godest auf Twitter. 

Am Donnerstag (09.09.2021) will Frankreich mit einer Trauerfeier im Pariser Invalidendom Abschied von der Schauspiel-Legende nehmen. Staatspräsident Emmanuel Macron bezeichnete Belmondo auf Twitter 
als "nationalen Schatz" und würdigte ihn später in einer offiziellen Verlautbarung ausführlich: "Der Präsident der Republik und seine Frau verneigen sich vor dem Mann, dessen Gesicht ein Stück unseres Erbes ist, dessen
Energie eine Hymne an das Leben ist und dessen Talent ein Plädoyer für die siebte Kunst ist. Ihr Beileid gilt seiner Familie und seinen Freunden sowie all den Franzosen, die er mehr als 60 Jahre lang zum Lachen gebracht und bewegt hat."

Nikolas Fischer, Redakteur
Nikolas Fischer Reporter und Redakteur