Jean Paul Gaultier: Haute Couture in der Kunsthalle München
Seit vier Jahren ist die Jean Paul Gaultier Ausstellung auf Welttournee: Montreal, New York, Madrid, Stockholm, Paris. Jetzt ist die Ausstellung in München zu sehen. Wir blättern für Sie durch die Modewelt von Gaultier.
Die Welt der Supermodels
"In der Mode geht es um Sehnsüchte", sagt Modedesigner Jean Paul Gaultier. Er versteht es meisterhaft, genau damit zu spielen: Seine Entwürfe sind nur bedingt alltagstauglich, aber äußerst phantasievoll. Die Models, die seine ausgefallene Mode über den Laufsteg tragen, sind Teil dieser Phantasiewelt. "Ich wäre nie in die Modebranche gegangen, wenn es keine Models gäbe", erklärt der Franzose.
Schrille Mode für schrille Stars
Nach Paris, wo die Schau 420.000 Besucher anlockte, bietet die Kunsthalle München die letzte Chance, die umfassende Kollektion zu bewundern. Für die Pariser Station seiner Welttournee hatte Gaultier extra neue Ausstellungsstücke aus seinem Fundus geholt: zum Beispiel das lange schwarze Tüllkleid, in dem er ESC-Gewinnerin und Travestiestar Conchita Wurst 2014 über den Laufsteg schickte.
Das Ausnahmetalent
Gaultier hat keine Ausbildung als Modezeichner, aber er wusste, was er wollte. Selbstbewusst und mit einer Portion Frechheit schickte er Skizzen von ausgedachten Modellen an die berühmten Modeschöpfer seiner Heimatstadt Paris. Pierre Cardin engagierte ihn schließlich 1970 als Assistenten - Startpunkt einer steilen und schillernden Karriere. Sechs Jahre später stellte er seine erste Kollektion vor.
Streifen sind sein Markenzeichen
Jeder große Modeschöpfer hat sein Branding: bei Jean Paul Gautier sind es Streifen. Geringelte T-Shirts im Marinestil, wie sie hier das Künstlerpärchen Pierre et Gilles trägt, sind sein persönliches Markenzeichen. Inspirieren ließ Gaultier sich dazu von Fassbinders Kinostreifen "Querelle", dem Kultfilm der Schwulenszene. Auch Matrosenuniformen gehören zu seinen Kollektionen.
Das Enfant Terrible
Selbst unter den extrovertierten Modemachern ist Gaultier ein Paradiesvogel. Einflüsse aus der Kunst, der Musikszene und der Alltagskultur saugt er begierig auf und verwandelt sie in kreative Entwürfe. Seine Retrospektive führt durch rund 30 Jahre Modegeschichte, hier mit Punk aus den 80ern. Gaultier hatte sich zunächst gesträubt, schon jetzt zurückzublicken: Er fühlte sich mit Anfang 60 zu jung.
Unbeschreiblich weiblich
Die Ausstellung ist schrill und elegant und präsentiert Abendroben für mutige Haute-Couture-Kundinnen. Gaultier war der Erste, der androgyne Models auf den Laufsteg schickte und Männern tiefe Ausschnitte und Röcke verpasste. "Ich habe schon immer Schönheit geschätzt, die besonders ist", sagt er im Interview. "Man sollte sich nicht hinter der Mode verstecken, sondern sich selbst zeigen."
Ein Spiel mit Licht und Makeup
Für das Modewunderkind Gaultier ist Entwerfen immer ein Spiel mit Farben und Material. Als Kind hat er oft Tage im Schönheitssalon seiner Großmutter verbracht und gesehen, was eine Frau mit Makeup aus sich machen kann. Er arbeitet aber nicht nur mit superdünnen Models, sondern lässt auch ältere und übergewichtige Mädchen mit Piercings seine Mode präsentieren.
Outfits für provokante Frauen
Seine gewagten Entwürfe sind zum Teil wegbereitend gewesen - die radikale Befreiung einer provokanten Weiblichkeit. Einige sind davon in München zu sehen: kunstvoll drapiert. Weltstars wie Beyoncé oder Sängerin Madonna schneiderte Gaultier Bühnenkostüme quasi auf den Leib. Madonnnas knallenge Corsage, die sie bei ihrer Konzerttournee 1990 trug, machte damals selbst in der Welt der Popmusik Furore.
Mode als Kunstform
Schon auf den vorhergehenden Stationen war die Ausstellung "The Fashion World of Jean Paul Gaultier: From Sidewalk to the Catwalk" ein Riesenerfolg. Gezeigt werden neben den Modeentwürfen, auch persönliche Fotos, Zeichnungen, Skizzen für neue Kollektionen und kunstvolle Bühnenkostüme. Hier sind verschiedene Outfits als Hommage an die Malerin Frieda Karlo zusammengestellt.
Der Vielseitige
Auch zum Film hat Jean Paul Gaultier eine enge künstlerische Beziehung. 2012 war er sogar in der Jury der Filmfestspiele in Cannes. "Es inspiriert mich, mit Regisseuren wie Pedro Aldovar oder Luc Besson zu arbeiten", sagt er. "Ich arbeite mit Künstlern zusammen, aber ich selbst bin keiner." Wer die Ausstellung in München sieht, die noch bis zum 14.2.2016 geht, wird vermutlich anderer Meinung sein.