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Jedes neunte Kind lebt in Konfliktregion

5. Juli 2016

Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF schlägt Alarm: Rund 250 Millionen Mädchen und Jungen leben in Konfliktregionen. Besonders erschreckend: Gewalt richtet sich zunehmend gezielt gegen Kinder.

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Syrien Waffenruhe Kinder in Homs
Bild: picture-alliance/dpa/H. Ammar

Weltweit wächst eine Generation von Kriegs- und Krisenkindern heran. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, UNICEF, bilanzierte in Berlin in seinem diesjährigen Report, das Ausmaß von Gewalt gegen Kinder übersteige alles, was das Hilfswerk seit seiner Gründung vor 70 Jahren registriert habe.

UNICEF zufolge wächst jedes neunte Kind heute in einer Region auf, in der Gewalt und bewaffnete Konflikte über lange Zeiträume seiner Kindheit an der Tagesordnung sind. 2015 wurden 16 Millionen Kinder in Konfliktregionen geboren. Insgesamt wachsen schätzungsweise 250 Millionen Kinder in Ländern und Regionen auf, in denen bewaffnete Konflikte stattfinden. 75 Millionen Kinder zwischen drei und 18 Jahren können nicht in den Kindergarten und nicht oder nur unregelmäßig in die Schule gehen.

Keine moralischen Grenzen

Allein im Nahen Osten sind nach Schätzung von UNICEF 20 Prozent aller Kinder gefährdet, leichte und drei bis vier Prozent schwere psychische Probleme entwickeln, wenn ihnen nicht geholfen wird. Notschulen und psychosoziale Hilfsangebote seien wirksame Mittel, um Kinder in Krisengebieten zu stabilisieren, so der Unicef-Bericht. Doch seien 2013 nur zwei Prozent der weltweiten Nothilfegelder in solche Programme geflossen.

In vielen Konflikten seien Entführung, Vergewaltigung, Folter und Ermordung von Kindern verbreitete Methoden, um Erwachsene zu demoralisieren, heißt es in dem Report weiter. "Uns liegen viele Berichte vor, wonach Scharfschützen bewusst Kinder anvisieren und Schulen, Kindergärten oder Spielplätze angegriffen werden", sagte der Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, Christian Schneider. Es gebe keinerlei moralische Grenzen mehr: Dass zum Beispiel Anschläge auf Schulen international geächtet sind, spiele für die Kriegführenden allem Anschein nach keine Rolle. So registrierte UNICEF im Jahr 2014 in Afghanistan 164 Angriffe auf Schulen, im Irak waren es 67. In Nigeria habe die Terrormiliz Boko Haram seit 2009 mehr als 1200 Schulen angegriffen und Hunderte Lehrer geötet.

Komplexität und Dauer der Konflikte nimmt zu

In Syrien verifizierte UNICEF im Jahr 2015 mehr als 1500 schwerste Kinderrechtsverletzungen. In 60 Prozent der Fälle seien Kinder durch Bomben in dicht besiedelten Wohngebieten getötet oder verstümmelt worden.

Die Komplexität und Dauer der Konflikte hat nach Angaben der UN-Organisation deutlich zugenommen. Meist gehe es darum, den Widerstand der Bewohner zu brechen, um sie zu vertreiben und die politische Macht zu erobern. "Die Zivilisten in diesen Gebieten haben oft eine enorme Widerstandskraft. Aber wenn es auf dem Schulweg und für das Aufwachsen der Kinder nicht mal ein Mindestmaß an Sicherheit gibt, ist das für viele Familien der ausschlaggebende Grund, um zu fliehen", erklärte Schneider.

cr/sti (dpa, kna, epd)