Jeroen Dubbeldam ist Europameister
23. August 2015Kein Happy-End für die deutschen Springreiter bei der Reit-EM in Aachen: Im Einzel-Finale leisteten sich die Deutschen zu viele Fehler, um doch noch in die Medaillenränge zu springen. Im mit 40.000 Zuschauern ausverkauften Aachener Reitstadion siegte Jeroen Dubbeldam aus den Niederlanden auf Zenith (3,68 Fehlerpunkte) vor Gregory Wathelet aus Belgien auf Conrad de Hus (5,04) und dem Franzosen Simon Delestre auf Ryan des Hayettes (7,67). Dubbeldam gelang damit das Kunststück, innerhalb eines Jahres mit demselben Pferd Doppel-Weltmeister und Doppel-Europameister zu werden. Außerdem ist er nun neben Legende Hans Günter Winkler der einzige Springreiter, der Einzel-Gold bei Olympia, der WM und der EM gewonnen hat. Bester deutscher Akteur war Christian Ahlmann, der auf Taloubet Z mit 9,56 Fehlerpunkten auf den 7. Rang ritt.
Zwei Tage nachdem die deutschen Springreit-Equipe in der Mannschaftswertung Gold nur knapp verpasst hatte, gingen mit Daniel Deußer, Meredith Michaels-Beerbaum, Ahlmann und Ludger Beerbaum alle vier deutschen Reiter auch im Einzelfinale, für das nur noch die 25 besten Reiter der vorangegangenen Prüfungen qualifiziert waren, in den Parcours. Der Aachener Parcoursbauer Frank Rothenberger forderte das Können der Teilnehmer dabei im ersten Umlauf mit vielen kurzen Abständen zwischen den einzelnen Sprüngen heraus. Außerdem beinhaltete der Parcours eine dreifache Kombination aus fast komplett weißen Hindernissen, die für die Pferde nur schwer zu taxieren waren, so dass etliche Paare hier Fehler sammelten.
Kein deutscher Reiter ohne Fehler
Ihre Schwierigkeiten hatten damit auch die ersten drei deutschen Reiter, Deußer auf Cornet d'Amour, Michaels-Beerbaum auf Fibonacci und Ahlmann auf Taloubet Z: Deußer unterlief in der dreifachen und der zweifachen Kombination jeweils am zweiten Sprung ein Fehler. Michaels-Beerbaum patzte ebenfalls am zweiten Sprung der dreifachen Kombination. Auch Ahlmann scheiterte an der dreifachen Kombination und verließ den Parcours mit vier Fehlerpunkten. Beerbaum vergab seine Chancen auf den EM-Titel durch einen vermeidbaren Fehler am Wassergraben, den er als einziger Reiter des Tages nicht fehlerfrei übersprang.
Sehr nervös zeigte sich Zenith, das Ausnahmepferd von Doppelweltmeister Dubbeldam, das zunächst gar nicht in den Parcours wollte und auf dem Weg ins Stadion scheute. Als es schließlich doch auf die Strecke ging, absolvierte es den Kurs aber fehlerfrei. Da der führende Sergio Alvaro Moya auf Carlo einmal patzte, übernahm Dubbeldam mit weiterhin 2,68 Fehlerpunkten die Führung vor Wathelet und Moya.
Disqualifikation für Deußer
Im zweiten Umlauf durfte Deußer nicht mehr antreten, weil er im ersten Umlauf in den Augen der Kampfrichter die Sporen zu sehr eingesetzt hatte und sein Pferd eine kleine Wunde davongetragen hatte. Er wurde daraufhin disqualifiziert. "Ich habe einen Steigbügel verloren", sagte der 34-Jährige zu seiner Verteidigung. Michaels-Beerbaum und Ahlmann blieben im zweiten Umlauf fehlerfrei. Michaels-Beerbaum wurde hinter Ahlmann mit 10,09 Fehlerpunkten Achte.
Beerbaum riss direkt das erste Hindernis und beendete das Finale mit 12,75 Fehlerpunkten nur als Zwölfter. Ohne seine beiden Fehler hätte er Silber gewonnen. Doch der spannende Kampf um die Medaillen fand stattdessen ohne ihn statt. Moya leistete sich sich einen Abwurf, Delestre schob sich mit nur einem Zeitfehler auf den dritten Rang vor. Wathelet blieb fehlerfrei und setzte Dubbeldam damit unter Druck. Schon ein Abwurf hätte den niederländischen Top-Favorit den EM-Titel gekostet. Doch Dubbeldams und Zeniths Nerven hielten erneut: Zwar heimsten sie einen Zeitfehler ein, der aber nicht mehr ins Gewicht fiel, und so durfte sich Dubbeldam, lautstark bejubelt vom Aachener Publikum, nach Mannschaftsgold über seinen zweiten EM-Titel innerhalb von zwei Tagen freuen.
Nach der EM ist vor Rio 2016
Wegen des enttäuschenden Abschneidens im Einzel nach Team-Silber fiel die Bilanz von Bundestrainer Otto Becker durchwachsen aus. "Natürlich waren wir am Freitag nach dem Mannschaftswettbewerb erst mal enttäuscht, aber alle Paare waren gut drauf. Wir haben keine schlechte Runde gesehen", hatte er vor dem Einzel-Finale noch gesagt. Nach Abschluss der EM klang das Fazit dann eher ratlos: "Wir drehen gute Runden, doch es fehlt einfach das Glück für ganz vorne. Wir haben den letzten Schritt nicht gemacht."
Nach der EM haben der Bundestrainer und seine Equipe nun ein Jahr Zeit, bis mit den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro das nächste ganz große Event ansteht. "Alles, was in diesem Jahr passiert, ist von Rio noch relativ weit weg", sagte Janne Friederike Meyer, die bei der EM als deutsche Ersatzreiterin dabei war, der DW. "Natürlich empfehlen sich die Paare, die immer wieder konstant gute Leistungen bringen, auch für nächstes Jahr." Genauere Aussagen könne man aber erst im kommenden Jahr treffen.
Im Januar werde es eine Kadersitzung geben, auf der der genaue Sichtungsverlauf festgelegt werden soll. Zu den entscheidenden Turnieren werden laut Meyer "sicherlich der eine oder andere Nationenpreis gehören, Etappen der Global Champions Tour und vielleicht die Deutsche Meisterschaft." Dabei wolle auch sie selbst mit ihrem noch jungen Pferd Goja angreifen und versuchen, sich für die deutsche Olympiamannschaft zu empfehlen.