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J.K. Rowling zum 50. Geburtstag

Jan Bruck31. Juli 2015

Expelliarmus! Stupor! Cruciatus! Zaubersprüche, die Millionen von Lesern in ihren Bann gezogen haben. Sie sind Teil einer magischen Welt, die J.K. Rowling zu einer der bedeutendsten Autorinnen unserer Zeit gemacht hat.

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J.K. Rowling
Bild: picture-alliance/AP Photo/L. Pitarakis

Wissen Sie, was ein Horkrux ist? Weshalb man einen Dementoren besser nicht küssen sollte? Oder bei welcher Sportart man den goldenen Schnatz fangen muss? Wenn nicht, sind Sie garantiert ein Muggel (eine bedauernswerte Person ohne magische Fähigkeiten) oder haben es erstaunlicherweise - im Gegensatz zu Hunderten Millionen Menschen auf der ganzen Welt - geschafft, kein Harry Potter-Buch zu lesen und keinen Harry Potter-Film zu sehen.

Für diesen Fall kurz ein bisschen Nachhilfe: Harry Potter ist ein Waisenjunge, der bei garstigen Verwandten aufwächst und an seinem elften Geburtstag erfährt, dass er magische Kräfte hat und von nun an im Internat Hogwarts die Zauberei erlernen wird. In insgesamt sieben Bänden erzählt die britische Ausnahmeschriftstellerin Joanne Rowling, besser bekannt als J.K. Rowling, die Abenteuer von Harry und seinen Freunden Ron und Hermine. Die Romane sind die bestverkaufte Bücherserie aller Zeiten und wurden als achtteilige Kinoreihe verfilmt, die zahlreiche Kassenrekorde brach. Die Zauberin, die das magische Harry-Potter-Universum erschaffen hat, wurde am 31. Juli 50 Jahre alt.

Harry-Potter-Erscheinung im Zug

Die Initialen in ihrem Autorenamen waren eine Idee von Rowlings erstem Verlag, der annahm, Harry Potter wäre etwas für Jungs und die wollten keine von einer Frau geschriebenen Bücher lesen. Dieser zweifelhafte Unsinn war obendrein wohl auch absolut unnötig. Weltweit wurden bis 2015 mehr als 450 Millionen Harry-Potter-Bücher verkauft. Die Reihe wurde in mehr als 70 Sprachen übersetzt.

Rowlings eigene Lebensgeschichte liest sich ebenfalls wie ein Märchen. Eine junge, arbeitslose Frau lebt mit vierjähriger Tochter im schottischen Edinburgh von Sozialhilfe. Weil es in ihrer unbeheizten Wohnung zu kalt ist, schreibt sie meist in Cafés. Manchmal kritzelt sie Gedanken auf Servietten, während die Tochter im Kinderwagen schläft. Die Idee für Harry Potter hatte sie nach eigener Aussage 1990 auf einer verspäteten Zugfahrt zwischen Manchester und London. Passenderweise fährt Harry Potters Zug nach Hogwarts immer vom imaginären Bahnsteig 9 ¾ im Londoner King's Cross Bahnhof ab.

"Grandios gescheitert"

Über die "dunkle Phase" ihres Lebens sagte Rowling einmal: "Ich war grandios gescheitert. Meine äußerst kurzlebige Ehe war gescheitert, ich war arbeitslos und alleinerziehend, und so arm wie man es im modernen Großbritannien sein kann, ohne obdachlos zu sein." Diese Offenheit legte sie nicht irgendwo an den Tag, sondern in einer Rede vor Harvard-Absolventen 2008, die sofort zum Internet-Hit wurde. Sie erzählte den Elite-Studenten, denen alle Türen zum Erfolg offen standen, dass ihr Scheitern zur größten Chance wurde: "Ich begann, all meine Energie auf die Vollendung der Arbeit zu konzentrieren, die mir wirklich wichtig war. Wäre ich in anderen Bereichen tatsächlich erfolgreich gewesen, hätte ich vielleicht nie den Mut gehabt, mich an das zu wagen, woran ich wirklich glaubte."

Immer wieder appelliert Rowling in Interviews und Vorträgen an die Macht der Vorstellungskraft, die die Welt verändern kann. Und genau sie ist es auch, die ihre liebevollen Erzählungen um Harry, Hermine und Ron auszeichnet. Sie verbindet die Normalität mit Magie, überträgt Alltäglichkeiten in die Welt der Zauberei.

12 Verlage lehnten Manuskript ab

So beschäftigt sich das in London ansässige "Zaubereiministerium" mit allen politischen und rechtlichen Belangen der Zauberwelt und ist mit seinen etlichen Abteilungen und Ämtern eine Ausgeburt des Bürokratismus, genau wie bei den Nicht-Zauberern. Ein kleiner Zauberball, der sich merken kann, wessen Finger ihn als letztes berührt hat, ist mit "flesh memory" ausgestattet (ein Wortspiel mit dem Ausdruck "flash memory", auf Deutsch: Computer-Speicher). Es sind diese kleinen geistreichen Einfälle, die ihre Erzählungen für Leser weltweit zur Lieblingslektüre haben werden lassen.

Mit der Veröffentlichung des Romandebüts "Harry Potter and the Philosopher's Stone" (auf Deutsch: "Harry Potter und der Stein der Weisen") wurde Rowling 1997, nach fünf Jahren Arbeit am Erstling, schlagartig zur Bestsellerautorin. Aus der mickrigen Startauflage von 500 Exemplaren wurde schnell eine Millionenauflage. 12 Verlage hatten Rowlings erstes Harry-Manuskript abgelehnt, für den Londoner Bloomsbury Verlag wurde die Potter-Reihe zum Lottogewinn. Harry Potter wurde zum größten Kinderbucherfolg des ausgehenden 20. Jahrhunderts. "Ich wusste, dass das Schwierige sein würde, es zu veröffentlichen", sagte Rowling in einem Interview mit Oprah Winfrey, "und dass es dann riesig werden würde".

Die einstige Sozialhilfeempfängerin hat nun ein geschätztes Vermögen von 580 Millionen Pfund (rund 800 Millionen Euro) und gehört zu den reichsten Frauen der Welt. Mit ihrem zweiten Ehemann, zwei Töchtern und einem Sohn lebt sie heute immer noch in Edinburgh, vermutlich in einer ausreichend beheizten Unterkunft. Zu ihren Einnahmen trugen auch die ebenfalls äußert erfolgreichen Verfilmungen der Potter-Romane bei. Lange bevor das letzte Buch der Reihe erschien, kam im Jahr 2000 der erste Film in die Kinos.

Rowling verrät weitere Details

Rowling ließ sich das letzte Wort bei den Drehbüchern der Reihe zusichern und gab auch bei der Besetzung von Harry Potter mit dem inzwischen zum Star avancierten britischen Schauspieler Daniel Radcliffe den Ausschlag. Die Verfilmungen folgten denn auch sehr dicht den Romanvorlagen, sehr zur Freude der Fans, die oftmals kostümiert zu den Vorführungen erschienen.

Und auch heute noch, acht Jahre nach Erscheinen des letzen Bands "Harry Potter and the Deathly Hollows" (auf Deutsch: "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes") hält Rowling das Harry-Potter-Universum geschickt am Leben. Im von ihr gegründeten Web-Portal Pottermore.com veröffentlicht sie weiter exklusive Texte rund um die Charaktere der Potter-Bücher. Auch auf Twitter beantwortet sie regelmäßig Fragen ihrer Leser und offenbart Details der Erzählungen, die nicht in den Büchern vorkamen. So sorgte sie mit ihrer Enthüllung, dass Professor Dumbledore, Leiter der Hogwarts-Schule, schwul sei, international für Schlagzeilen.

(Nicht mehr ganz) geheimes Pseudonym

Nach dem Abschluss der 17 Jahre zuvor erdachten Harry-Potter-Serie sei sie "am Boden zerstört" gewesen und habe "nur noch geheult", erzählte Rowling in einem BBC-Interview. Danach kam erst einmal lange nichts. Erst 2012 publizierte sie unter drastischen Sicherheitsvorkehrungen einen neuen Roman – angeblich hatten nur 30 Personen das Manuskript zuvor gesehen. "The Casual Vacancy" (auf Deutsch: "Ein plötzlicher Todesfall"), das Sittengemälde einer englischen Kleinstadt, wurde von der Kritik weder bejubelt noch verrissen, gut verkauft hat sich ihr erster Roman für Erwachsenen natürlich trotzdem.

Der anschließende Versuch, unter dem Pseudonym Robert Galbraith unerkannt Detektiv-Krimis zu veröffentlichen, ging nicht gut: Ihr Anwalt verriet das Geheimnis seiner Frau, die plauderte mit einer Freundin, schnell war Mr. Galbraith entlarvt. Wer Harry Potter geschaffen hat, wird seinen Ruhm und seine Magie anscheinend nicht so schnell los. Auch Rowling selbst scheint mit dem Zauberlehrling noch nicht ganz abgeschlossen zu haben. Auf die inständige Bitte der Fans, noch einen achten Band der Bücherserie zu schreiben, sagt sie immer wieder geduldig und etwas verklausuliert: "Ich sage nicht, dass ich es definitiv nicht mache." Es könnte also durchaus sein, dass Rowling an ihrem 50. Geburtstag auf ein Wiedersehen mit Harry, Ron und Hermine anstößt.