Bidens Migrationspolitik nimmt Formen an
13. März 2021Bei vielen Wählern mit lateinamerikanischen Wurzeln konnte Joe Biden unter anderem mit dem Versprechen punkten, sich stärker um Lateinamerika zu kümmern. Entsprechend groß sind nun ihre Erwartungen an den neuen US-Präsidenten. Besonders bei der illegalen Einwanderung grenzte sich Biden entschieden von seinem Kontrahenten ab: Während Amtsinhaber Donald Trump eine rigorose Abschottungspolitik vertrat, warb Biden mit einer milderen Migrationspolitik. Nach knapp zwei Monaten im Amt hat Biden bereits einiges geliefert.
Als erstes habe Biden die Rhetorik verändert, schreiben John Hudak und Christine Stenglein, Analysten der Brookings Institution: "Fünf Jahre lang kontrollierte Mr. Trump die Diskussionen um Migrationspolitik weitgehend mit Lügen, Fehlinformationen, Übertreibungen und verdrehten Daten." Trump habe damit vorsätzlich den Eindruck erweckt, Einwanderer seien mehrheitlich Kriminelle und Terroristen. Die neue Regierung dagegen betone die Bereicherung, die Einwanderung für die USA in ihrer Geschichte bedeutet habe und weiterhin bedeute.
Ende der rigoroser Abschiebungen
Gleich in den ersten Wochen seiner Präsidentschaft unterschrieb Biden eine ganze Reihe von Dekreten zum Thema Einwanderung. Unter anderem hob er den Notstand an der Grenze zu Mexiko auf, nahm das Dekret zurück, mit dem Donald Trump die rigorose Abschiebung illegaler Einwanderer vorangetrieben hatte und entzog dem Mauerbau an der Grenze zu Mexiko die Finanzierung.
Biden verfügte einen Abschiebestopp für 100 Tage, in denen die Einwanderungsgesetze der USA überarbeitet werden sollen. Zudem werden Asylsuchende aus Mexiko nun wieder ins Land gelassen. Mitte Februar dann präsentierte der Präsident einen Gesetzesvorschlag, der den schätzungsweise elf Millionen irregulären Einwanderern eine Chance auf einen Aufenthaltstitel und langfristig sogar die US-Staatsbürgerschaft bietet.
Venezolaner könnten als erste profitieren
Zu den ersten, die von Bidens Migrationskurs profitieren könnten, gehören Geflüchtete aus Venezuela. Die Regierung hat angekündigt, ihnen aufgrund der "außergewöhnlichen" Bedingungen in ihrer Heimat ein Bleiberecht samt Arbeitserlaubnis für zunächst 18 Monate einzuräumen.
Venezuela wird von dem autoritären Sozialisten Nicolás Maduro regiert und steckt seit Jahren in einer tiefen wirtschaftlichen und humanitären Krise, die durch die COVID-19 noch verschärft wird. Dafür infrage kommen allerdings nur Venezolaner, die sich zum Stichtag, dem vergangenen Montag, bereits nachweislich in den USA befanden. Nach Schätzungen könnten das rund 320.000 Menschen sein.
Migranten werden registriert
Die zahlenmäßig größere Herausforderung für die USA wartet allerdings weiterhin südlich der Grenze zu Mexiko. Zehntausende Menschen aus Mittel- und Südamerika harren dort seit Monaten und Jahren aus, um in die USA einzureisen. Nun haben US-Behörden begonnen, die Menschen in einzelnen Camps zu registrieren und in die USA einreisen zu lassen.
Doch auch die Zahl der illegalen Grenzübertritte ist in den letzten Wochen gestiegen. Nach Angaben der US-Grenzbehörde CBP hat sich die Zahl der Familien, die über die Grenze zu gelangen versuchen, seit Januar mehr als verdoppelt. Auch unbegleitete Minderjährige wurden häufiger aufgegriffen, sodass die Aufnahmeeinrichtungen für sie an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen.
Der Grund für den Anstieg liegt für den republikanischen Senator Ted Cruz in der Migrationspolitik selbst: "Joe Biden verspricht ihnen Amnestie", twitterte Cruz, der den Bundesstaat Texas in Washington vertritt. Dort liegen fast zwei Drittel der US-Grenze zu Mexiko.
Fluchtursachen bekämpfen
Was das für die Abermillionen Menschen bedeutet, die südlich dieser Grenze von einer besseren Zukunft im Norden träumen, ist jedoch ungewiss. "Die Migranten und Asylsuchenden sollten keinesfalls glauben, dass sich die Grenze plötzlich öffnet", hatten Bidens Berater noch Ende Dezember in einem schriftlichen Interview mit der spanischen Nachrichtenagentur EFE verkündet.
Stattdessen will die neue US-Regierung offenbar die Herkunftsregionen stabilisieren: "Er wird sich wesentlich mehr für den Wohlstand der Region und ihre Fähigkeit engagieren, Probleme - wie Naturkatastrophen und das organisierte Verbrechen - selbst anzugehen", schrieb Michael Camilleri vom Washingtoner Think-Tank "The Dialogue" zu Bidens Amtsantritt. Die Rede ist von vier Milliarden US-Dollar, mit denen Joe Biden Regierungen in Mittelamerika helfen will, Armut und Gewalt in den Griff zu bekommen. Drogenkartelle und kriminelle Banden dort haben Millionen von Menschen zur Flucht getrieben.