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"Versagen beim Klimaschutz ist keine Option!"

17. März 2021

Nach Jahren des Stillstands wollen die USA und Europa beim Klimaschutz Fahrt aufnehmen. Eine Konferenz in Berlin machte den Anfang.

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Kohleausstieg-Betreiber von Kohlekraftwerken erhalten Milliardenentschaedigung
Bild: picture-alliance/SvenSimon/F. Hoemann

Der Mann, auf den alle warteten, sollte seine kurze Videobotschaft an diesem Dienstag in Berlin erst gegen Nachmittag halten, aber schon am frühen Morgen war John Kerry spürbar präsent im Auswärtigen Amt in Berlin. Das deutsche Außenministerium hatte wie jedes Jahr seit 2015 gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium zum Kongress über die globale Energiewende geladen, pandemiebedingt virtuell. 50 Energie- und Umweltminister nahmen an der zweitägigen Veranstaltung teil, und keiner der zugeschalteten Redner vergaß zu erwähnen, wie gut es ist, dass die USA nach den bleiernen vier Jahren unter dem Klima-Ignoranten Donald Trump wieder mit an Bord sind beim weltweiten Schutz des Klimas.

Berlin: Pressekonferenz mit Außenminister Heiko Maas am 5.3.2021.
"Exponentielles Wachstum gibt es in der Pandemie und beim Klima." Außenminister Heiko Maas (SPD).Bild: Christophe Gateau/dpa/picture alliance

Demut nach vier verlorenen Jahren

John Kerry, früherer Außenminister und jetzt der Klimabeauftragte von Präsident Joe Biden, sprach dann später auch von der Demut, die er den Ländern der Welt gegenüber empfinde. Vier Jahre seien verloren worden im gemeinsamen Kampf gegen die Klimagase.

Ein neuer Aufbruch also, und das in Pandemie-Zeiten. Deutschlands Außenminister Heiko Maas (SPD) wies gleich zu Beginn auf die Parallelen zwischen Klima- und Corona-Krise hin: Woran, so Maas, werde man sich in 15 oder 20 Jahren erinnern? "An die Erfahrung, was exponentielles Wachstum bedeutet und welche dramatischen Folgen es haben kann. In einer Pandemie, genauso aber in der Klima-Krise."

Versagen in Glasgow ist keine Option

Hörte man den Rednern zu an diesen zwei Tagen, dann scheint klar zu sein, dass endlich gehandelt werden muss. Kerry sagte, bei der UN-Klimakonferenz Ende des Jahres in Glasgow müssten alle Länder ihre Klimaziele nachbessern. Die USA wollten da eine Führungsrolle übernehmen: "Entweder wir werden in Glasgow ehrgeiziger, oder wir versagen. Aber Versagen ist keine Option."

USA Politiker John Kerry, Klima-Beauftragter von Präsident Joe Biden, in Paris am 10.März 2021.
"Scheitern in Glasgow ist keine Option!" US-Klima-Beauftragter John Kerry.Bild: Aurelien Morissard/imago images

Flasbarth: USA müssen sich an der EU messen lassen

Kerry weiß, wovon er spricht. 2015 in Paris hatte er den gültigen Weltklima-Vertrag mit ausgehandelt, der die Staaten verpflichtet, die Weltdurchschnitts-Temperatur nicht um mehr als zwei Grad, besser nur um 1,5 Grad anwachsen zu lassen. Jedes Land hat dazu eigene Klima-Pläne vorgelegt, die aber jetzt schon nicht mehr ausreichen.

Nachbessern in Glasgow ist deshalb auch nach Ansicht des deutschen Umwelt-Staatssekretärs Jochen Flasbarth eminent wichtig. Er sagte der DW am Mittwoch: "Wir müssen zeigen, dass die Weltgemeinschaft in der Lage ist, gemeinsam wirkungsvolle Antworten auf die Klima-Krise zu finden. Unter dem Pariser Klimaabkommen sind alle Staaten gefordert, sich im Vorfeld der COP 26 zu höheren nationalen Klima-Zielen für 2030 zu verpflichten. Wir in der EU sind mit unserem neuen Ziel, die Emissionen bis 2030 statt wie bisher um 40 Prozent nun um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, diesem Auftrag aus Paris nachgekommen. Andere Staaten, auch die USA, werden sich an diesem Anspruch messen lassen müssen."

Bislang eher Absichtserklärungen aus Washington

Bisher gibt es lediglich den Plan der USA, möglichst bis 2050 klimaneutral zu werden. Das will die EU auf jeden Fall erreichen, andere Länder wie Südkorea und Japan haben sich angeschlossen, China aber hat bekannt gegeben, wohl eher 2060 klimaneutral sein zu können. Dass immer noch eine erhebliche Lücke klafft zwischen dem neuen Anspruch auf schnelles Handeln und der Realität, machten auf der Berliner Konferenz viele Umweltaktivisten vor allem aus Afrika deutlich.

Große Chancen für erneuerbare Energien in Afrika

Selbst trägt der Kontinent nur wenig zum globalen Treibhauseffekt bei, leidet aber besonders darunter. Mehrere Redner betonten, 60 Milliarden Dollar seien notwendig, um die erneuerbaren Energien in Afrika voranzubringen, wobei das Potenzial etwa bei der Geothermie und natürlich bei der Solarenergie wesentlich höher sei als auf anderen Kontinenten. Weltweit aber hätten 700 Millionen Menschen, die Hälfte davon in Afrika, noch keinen Zugang zu sauberer Energie. Flasbarth: "Klar ist dabei auch: Gerade die ärmeren Entwicklungsländer sind im Klimaschutz auch auf internationale Solidarität in Form von Finanzmitteln angewiesen."

Pool in der Nähe von Nairobi, gespeist aus schwefelhaltigen Wasser, das geothermisch gewonnen wird.
Geothermie in der Nähe von Nairobi in Kenia: Afrika hat großes Potenzial bei den erneuerbaren Energien. Bild: DW/Jens Thurau

Energie-Partnerschaft mit Kanada

Ein bisschen praktische Politik wurde am Rande des Kongresses auch noch gemacht: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vereinbarte am Dienstag mit seinem kanadischen Amtskollegen Seamus O'Regan eine deutsch-kanadische Energie-Partnerschaft, dabei geht es etwa um Wasserstoff. Ein großer Teil des Wasserstoffbedarfs in Deutschland muss künftig importiert werden. Kanada will bis 2050 einer der weltweit drei größten Produzenten von Wasserstoff werden. Dem Thema Wasserstoff als Energieträger will Deutschland in Zukunft große Aufmerksamkeit schenken. Außenminister Heiko Maas sagte: "Wenn Erdöl früher das schwarze Gold gewesen ist, dann ist Wasserstoff das unsichtbare Gold der Zukunft."

Deutschland schafft sein Klima-Ziel doch noch

Mitten in die Konferenz platzte dann noch die formelle Bestätigung, dass Deutschland sein selbstgestecktes Ziel, gegenüber 1990 40 Prozent an Klimagasen einzusparen, doch noch geschafft hat. Eigentlich war der Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland einige Jahre lang eher gestiegen, aber im vergangenen Jahr sanken die Emissionen durch die Beschränkungen in der Pandemie. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) beeilte sich dann auf dem Kongress am Mittwoch auch, klarzustellen, dass die Zielerreichung kein Grund sei, sich auszuruhen. Noch so ein enger Zusammenhang von Pandemie und Klimaschutz.

Deutschland Coronavirus: Autofreie Straßen in Dresden am 27.1.2021.
Klimaziel geschafft, aber wegen der Pandemie: Leere Straßen in Dresden im Januar 2021. Bild: Robert Michael/dpa/picture alliance