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Judo: Iran kämpft vor CAS gegen Sperre

Chuck Penfold
16. September 2020

Der Fall Saeid Mollaei geht in die nächste Runde: Der Sportgerichtshof CAS verhandelt den Einspruch des Iran gegen die Sperre durch den internationalen Judo-Verband. Mollaei sei nicht unter Druck gesetzt worden.

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Vahid Sarklak Judokämpfer Iran
Bild: Archiv Vahid Sarlak

In der Berufungsverhandlung, die seit diesem Mittwoch vor dem in der Schweiz ansässigen Court of Arbitration for Sport (CAS) begonnen hat, geht es um die Sperre des iranischen Judo-Verband für internationale Wettbewerbe, die der Internationale Judo-Verband (IJF) vor einem Jahr verhängt hat. Die Sanktion wurde nur wenige Wochen nach einem Vorfall bei der Judo-Weltmeisterschaft 2019 in Tokio verhängt, als der iranische Titelverteidiger Saeid Mollaei seinen Halbfinalkampf absichtlich verlor, um im Finale ein mögliches Duell mit einem israelischen Gegner zu vermeiden.

Ungeschriebenes Gesetz

Mollaei, der nach dem Turnier nicht in den Iran zurückkehrte, sondern nach Deutschland ausreiste, gab später an, er habe sich nach einigen Telefonaten und einem Videoanruf von hochrangigen Funktionären des iranischen Regimes, den sein Trainer vor dem Kampf erhalten habe, dafür entschieden, den Kampf absichtlich zu verlieren.

Die Offiziellen hätten ihn durch seinen Trainer davor gewarnt, zu gewinnen, da ein Finale gegen den israelischen Judoka Sagi Muki, den Favoriten im zweiten Halbfinale, sehr wahrscheinlich sei. Ein sportliches Duell zwischen Iranern und Israelis ist in der islamischen Republik durch eine ungeschriebene Regel seit mehr als vier Jahrzehnten effektiv verboten.

"Ich musste mich an die Anweisungen halten", sagte Mollaei. "Nicht nur ich, sondern die ganze Welt weiß, welche Folgen es gehabt hätte, wenn ich mich geweigert hätte. Also habe ich mich an das Gesetz gehalten, um Probleme für mich oder meine Familie zu vermeiden. 

Judo-  Saeid Mollaei
Saeid Mollaei: Verzweiflung nach der absichtlichen Niederlage bei der Judo-WeltmeisterschaftBild: Getty Images/AFP/C. Triballeau

Der iranische Judo-Verband wies den Vorwurf zurück: "Der iranische Judo-Verband stellt fest, dass Herr Saeid Mollaei niemals von den iranischen Behörden und dem iranischen Judo-Verband angewiesen worden ist, sich aus dem Wettkampf zurückzuziehen, um einen möglichen Wettkampf gegen einen israelischen Athleten zu vermeiden", heißt es in einer Erklärung des Internationalen Judo-Verband vom Oktober 2019, in der die Suspendierung der iranischen Judoka bekannt gegeben wurde.

Kein isolierter Vorfall

Mollaei ist einer von drei Iranern, die bei der Berufungsverhandlung vor dem CAS in Lausanne aussagen werden. Bei den beiden anderen handelt es sich um Mohammad Mansouri, den ehemaligen Trainer der iranischen Judo-Nationalmannschaft, und den ehemaligen iranischen Judoka Vahid Sarlak, der mittlerweile Trainer Tadschikistans ist. Sarlak wurde zehn Jahre vor Mollaei ebenfalls verboten, gegen einen israelischen Gegner anzutreten, worauf er sich entschloss, nach den Weltmeisterschaften 2009 nicht aus den Niederlanden in sein Heimatland zurückzukehren. 

Wie Mollaei und Sarlak haben in den vergangenen Jahren mehrere iranische Spitzensportler beschlossen, aus Protest gegen die "Israel-Regel", nicht in die Islamische Republik zurückzukehren. "Die Athleten sagen: 'Wir wollen das nicht mehr und wir wollen das autokratische Mullah-Regime nicht unterstützen', sagte der deutsch-iranische Journalist Farid Ashrafian, der für die persische Redaktion der DW arbeitet. "Aber sie betonen immer ihre iranische Identität, die nichts mit der islamischen Republik zu tun hat." 

Druck auf iranische Zeugen

Sarlak, der Mollaei von klein auf kennt, war in Tokio und hörte die Aufrufe aus Teheran an den iranischen Trainer, der Mollaei befahl, sein Halbfinale nicht zu gewinnen. Im Gespräch mit der DW sagt Sarlak, dass er als jemand, der ebenfalls unter dieser Politik gelitten habe, als er noch aktiver Judoka war, beschlossen habe, gegen den Iran auszusagen, um zu versuchen, der Politik Teherans und den Eingriffen in den Sport ein Ende zu setzen.

Judoka Vahid Sarlak
Ex-Judoka Vahid SarlakBild: Archiv Vahid Sarlak

"Iranische Athleten wollen in der Lage sein, gegen Athleten aus allen anderen Nationen, einschließlich Israelis, anzutreten", sagt Sarlak. Vor der Anhörung am Mittwoch waren Sarlak, Mollaei und Mansouri an einem geheimen Ort in der Gegend von Lausanne unter Polizeischutz gestellt worden. "In den letzten Wochen hat das iranische Regime den Druck auf mich verstärkt, bei der Berufungsanhörung nicht auszusagen, nicht die Wahrheit über die Geschehnisse zu sagen und zu sagen, dass ich, wenn ich es täte, ein Verräter an meinem Land wäre", sagte Sarlak gegenüber der DW.

Ein klarer Fall?

Der ehemalige Judoka, der jetzt eingebürgerter deutscher Staatsbürger ist, sagte jedoch, dass er sich nicht nur nicht einschüchtern lassen wolle, sondern dass er auch überzeugt sei, dass die iranische Seite keine Chance habe, ihren Fall vor Gericht zu gewinnen. "Die Beweise sind so eindeutig, dass ich überhaupt keine Chance sehe, dass das Sportschiedsgericht die Suspendierung des iranischen Judo-Verbandes aufheben wird", sagt Sarlak. "Dies wird in einem Fiasko für die Islamische Republik und die iranischen Steuerzahler enden, da sie diese Berufung mit Sicherheit verlieren werden und dann gezwungen sein werden, die Gerichtskosten zu bezahlen".

Das CAS hat nur einen Tag für die Berufung vorgesehen, obwohl das Gericht nicht nur die drei Iraner, sondern auch mehrere andere Zeugen hören soll.