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Justiz-Neuling als Hoffnung im NSU-Prozess

6. Juli 2015

Das Oberlandesgericht München ist der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe im Streit um ihre Verteidigung entgegen gekommen. Auf Wunsch der Angeklagten wurde ein vierter Pflichtverteidiger berufen.

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Umringt von ihren ungeliebten Verteidigern (Foto: dpa/picture alliance)
Umringt von ihren ungeliebten VerteidigernBild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel

Der Münchner Rechtsanwalt Mathias Grasel wird Zschäpes vierter Pflichtverteidiger. "Frau Zschäpe hat mich darum gebeten, ihre Verteidigung zu übernehmen", teilte Grasel in einer Erklärung mit. Diesem Wunsch habe er entsprochen. Auf Grund des fortgeschrittenen Prozessverlaufes und des immensen Aktenvolumens sei die Bestellung eine große Herausforderung, der er sich nun stellen wolle. Er werde dabei "im Hintergrund" von einem renommierten Strafverteidiger mit langjähriger Erfahrung unterstützt, erklärte der erst seit 2011 als Rechtsanwalt zugelassene Jurist, ohne einen Namen zu nennen. Der 30-Jährige ist bisher in keinem Strafverfahren öffentlich in Erscheinung getreten.

Mathias Grasel: das neue Gesicht im NSU-Prozess (Foto: dpa/picture alliance)
Mathias Grasel: das neue Gesicht im NSU-ProzessBild: picture-alliance/dpa/K. Grasel

Hoffnung auf ein Ende des Schweigens

Mit der Berufung Grasels reagierte das Oberlandesgericht München auf die schon seit langem anhaltende Vertrauenskrise zwischen Zschäpe und ihren bisherigen drei Pflichtverteidigern. Das Verhältnis gilt nach mehr als zweijähriger Prozessdauer und über 200 Verhandlungstagen als schwer belastet. Mit der Berufung des neuen Pflichtverteidigers verbindet sich die Hoffnung, dass die konsequent schweigende Zschäpe sich doch noch äußern könnte. Gegenüber dem Gerichtspsychiater hatte sie darüber geklagt, dass sie unter dem ihr von ihren bisherigen drei Verteidigern angeratenen Schweigen leide. In einem Schreiben an das Gericht hatte Zschäpe angeboten, bei einer Änderung ihrer Verteidigung "etwas" sagen zu wollen.

Teures Verfahren: schon jetzt 30 Millionen

Die Berufung eines vierten vom Staat bezahlten Pflichtverteidigers gilt als ungewöhnlich. Allerdings ist in der Strafprozessordnung nur die Zahl der Wahlverteidiger - also der von einem Angeklagten selbst bezahlten Rechtsanwälte - mit der Höchstzahl drei begrenzt. Beim OLG München hieß es bereits im Vorfeld der Entscheidung, dass die Kosten nicht den Ausschlag geben werden.

Der Prozess um die Anschlagserie der rechtsextremen Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) mit zehn Toten, zwei Bombenanschlägen und mehr als einem Dutzend Überfällen gilt als eines der aufwändigsten Verfahren der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Kosten belaufen sich bereits jetzt auf mehr als 30 Millionen Euro.

Zschäpe ist mit vier mutmaßlichen Helfern des NSU angeklagt. Die zwei mutmaßlich für die Morde an neun Migranten und einer deutschen Polizistin verantwortlichen Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hatten sich 2011 den Ermittlungen zufolge nach einem missglückten Überfall selbst das Leben genommen. Zschäpe ist unter anderem als Mittäterin einer Serie von zehn Morden angeklagt.

qu/uh (dpa, rtr, afp)