Justiz schmettert Timoschenko ab
29. August 2012Das Gericht in Kiew erklärte, die Verurteilung der ehemaligen Ministerpräsidentin wegen Amtsmissbrauchs sei Rechtens, dem Berufungsantrag ihrer Anwälte könne daher nicht entsprochen werden. Julia Timoschenko war im Oktober 2011 zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, worden, weil sie 2009 einen für die Ukraine nachteiligen Vertrag mit Russland über Gaslieferungen abgeschlossen haben soll. Timoschenkos Anwälte hatten in ihrem Berufungsantrag argumentiert, in dem Fall sei unzulässigerweise das Strafrecht in einer politischen Angelegenheit angewandt worden. Es habe keine kriminellen Machenschaften Timoschenkos gegeben.
Die 52-Jährige Politikerin gehörte zu den Anführern der sogenannten Revolution in Orange in der Ukraine gegen die Manipulation der Präsidentenwahl 2004. Der bei der Wiederholung der Wahl siegreiche Revolutionsführer Viktor Juschtschenko ernannte sie Anfang 2005 zur Ministerpräsidentin. 2010 verlor Timoschenko die Präsidentenwahl gegen ihren alten Widersacher Viktor Janukowitsch. Danach begann sich die Justiz der ehemaligen Sowjetrepublik mit der Politikerin zu beschäftigen. Timoschenko und auch viele westliche Staaten sehen dahinter politische Motive.
Verhandlung vor Gerichtshof in Straßburg
Am Dienstag hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte über die Haftstrafe gegen Timoschenko verhandelt. Die Politikerin hatte das Gericht angerufen. "In der Ukraine gibt es keine faire Justiz - auch nicht für Frau Timoschenko", sagte ihr Anwalt Sergej Wlasenko in Straßburg.
Bei der Anhörung ging es sowohl um den Prozess als auch um die Haftbedingungen Timoschenkos. Sie war im April zeitweise in einen Hungerstreik getreten, nachdem sie nach eigenen Angaben vom Gefängnispersonal geschlagen worden war.
Vertreter der ukrainischen Regierung wiesen die Vorwürfe zurück. Ein Urteil der Straßburger Richter wird zu einem nicht näher bezeichneten "späteren Zeitpunkt" erwartet.
Timoschenko wird seit Mai wegen eines Rückenleidens in einem Krankenhaus ärztlich behandelt. Gegen sie läuft in der Ukraine ein weiteres Verfahren wegen angeblicher Steuervergehen. Timoschenkos Partei hat sie demonstrativ als Spitzenkandidatin für die Parlamentswahl am 28. Oktober nominiert. Wegen der Haftstrafe darf sie jedoch nicht antreten.
wl/uh (dpa, afp, dadp, rtr)