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Kämpfe nach der Wahl in Gabun

1. September 2016

Nach der Ausrufung von Staatschef Ali Bongo zum Sieger der Präsidentenwahl in Gabun eskaliert die Lage. Bei Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und der Opposition soll es Tote und Verletzte gegeben haben.

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Auschreitungen in Libreville (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images/AFP/M. Longari

DW-Korrespondentin Konstanze von Kotze bestätigte die Gewalt in Libreville, der Hauptstadt des westafrikanischen Staates. Sie interviewte ein Mitglied der Oppositionspartei von Jean Ping, das während des Interviews noch im Hauptquartier der Wahlkampagne war.

"Die Präsidentengarde war gegen ein Uhr in die Zentrale gekommen. Um fünf Uhr morgens haben sie angefangen, das Mobiliar zu zerstören. Dabei wurden auch Menschen getötet. Jetzt ist die Polizei da und zerschlägt weiter Möbel", sagte der Augenzeuge. Er habe sich in der vierten Etage versteckt. Verschiedene Führungsfiguren der Partei seien verhaftet worden.

Auschreitungen in Libreville (Foto: AFP/Getty Images)
Auschreitungen in LibrevilleBild: Getty Images/AFP/M. Longari

Der Vorsitzende der Oppositionspartei Nationale Union, Zacharie Myboto, erlebte die Erstürmung nach eigenen Angaben in dem Gebäude mit. Die Sicherheitskräfte seien dabei extrem gewaltsam vorgegangen, berichtete er. Es werde scharf geschossen und Tränengas eingesetzt.

Dramatische Entwicklung

François Obiang, einer der Berater von Oppositionskandidat Ping, ist erschüttert über die Lage in der Hauptstadt. "Ich bin nicht in Libreville, da ich im Landesinneren gewählt habe. Aber ich bin über alles auf dem Laufenden, da ich mit meinen Mitstreitern in ständigem Kontakt bin. Es hat ein Blutbad gegeben, wie man es noch nie zuvor gesehen hat. Sie haben das Hauptquartier gestürmt, auf Leute geschossen und alles kaputt gemacht. Es sind nicht nur zwei Tote, sondern viel mehr. Die genaue Zahl kenne ich noch nicht. Aber es ist ein Blutbad", sagte Obiang gegenüber der Deutschen Welle. Die Polizei in Libreville erklärte hingegen, sie habe keine Kenntnis über mögliche Todesopfer.

Nach Informationen der französischen Nachrichtenagentur AFP war dichter Rauch über der Hauptstadt zu sehen. Die "Republikanische Garde" habe die Oppositionszentrale aus Hubschraubern bombardiert und vom Boden aus angegriffen. Oppositionschef Jean Ping hielt sich nach eigenen Angaben bei der Erstürmung nicht in dem Hauptquartier auf.

"Kriminelle und Ganoven"

Regierungssprecher Alain-Claude Bilie-By-Nze rechtfertigte das Vorgehen der Sicherheitskräfte. In der Oppositionszentrale hätten sich Bewaffnete verschanzt, die zuvor das Parlament angezündet hätten, sagte er. Zudem würden sich dort "hunderte Kriminelle und Ganoven" verstecken. "Das sind keine politischen Demonstranten, sondern Verbrecher", sagte Bilie-By-Nze. Laut Polizeichef jean-Thierry Oye Zue wurden mehr als 200 Personen festgenommen.

Feuer über Libreville (Foto: Getty Images/AFP)
Feuer über LibrevilleBild: Getty Images/AFP/M. Longari

Hauchdünner Sieg oder Wahlbetrug?

Nach dem veröffentlichten vorläufigen amtlichen Wahlergebnis holte Bongo 49,80 Prozent der Stimmen, während Oppositionskandidat Ping auf 48,23 Prozent kam. Bongos Vorsprung lag demnach bei nur 5594 Stimmen. Bereits nach Bekanntgabe des Ergebnisses waren tausende Oppositionsanhänger auf die Straße gegangen, sie lieferten sich Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften. Dabei wurden mindestens sechs Menschen verletzt. "Ali muss weg!", rief die Menge.

Ali Bongo Ondimba (Foto: picture alliance/abaca/I.Obiang)
Will das Erbe seines Vaters antreten : Ali BongoBild: Getty Images/AFP/M. Longari

Pings Lager hatte schon vor der Wahl von Betrug gesprochen, weil ein Gericht erlaubt hatte, dass zusätzliche Wählerlisten für Soldaten erstellt wurden. Diese durften auch außerhalb ihres Stimmbezirks wählen. Die Opposition kritisierte, dass dadurch mehrfache Stimmabgaben möglich seien. Landesweit lag die Wahlbeteiligung bei 59,46 Prozent, in der Provinz Haut-Ogooué wurde hingegen eine außerordentlich hohe Beteiligung von 99,93 Prozent registriert. Bongo gewann dort 95,5 Prozent der Stimmen.

"Sozialistische" Wahlergebnisse

Die Opposition verlangte eine Neuauszählung der Stimmen. "Es wird schwierig werden, die Leute davon zu überzeugen, diese Ergebnisse zu akzeptieren", sagte ein Mitglied der Wahlkommission. "Wir haben noch nie solche Ergebnisse gesehen, nicht einmal in der Regierungszeit seines Vaters.

Frankreich zeigt sich als frühere Kolonialmacht besorgt über die Gewalt in Gabun. "Die Konfrontation muss so schnell wie möglich enden, und die Sicherheit von Menschen muss gewährleistet sein", erklärte Außenminister Jean-Marc Ayrault.Auch das Auswärtige Amt in Berlin und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini verurteilten die Gewalt in dem westafrikanischen Land.

Gabun wird seit fast 50 Jahren von der Familie Bongo beherrscht. Ali Bongo trat das Präsidentenamt 2009 nach dem Tod seines Vaters Omar an, der 41 Jahre lang Staatschef war. Trotz reicher Ölvorkommen lebt ein Drittel der Bevölkerung Gabuns in Armut. Wegen des Niedergangs des Erdölsektors wurden tausende Arbeiter entlassen. Sowohl Ping, der unter Omar Bongo mehrmals Minister war, als auch Amtsinhaber Ali Bongo hatten im Wahlkampf einen Neuanfang angekündigt.

cgn/qu/gri (afp, dpa)