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Kabinett bringt Asylpaket II auf den Weg

3. Februar 2016

Nach wochenlangem Streit in der Koalition hat das Bundeskabinett jetzt das sogenannte Asylpaket II beschlossen. Die Maghreb-Staaten sollen als sichere Herkunftsländer eingestuft werden.

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Sittzung des Bundeskabinetts in Berlin (dpa-Foto vom 16. Januar 2016)
Bild: picture-alliance/dpa/Jesco Denzel/Bundesregierung

Erst in der vergangenen Woche hatten sich die Spitzen der Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD endgültig auf Neuregelungen des Asylrechts Asylpaket II geeinigt. Jetzt billigte das Bundeskabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf des Innenministeriums.

Aufnahmezentren und weniger Familiennachzug

Darin vorgesehen sind spezielle Aufnahmezentren, in denen bestimmte Gruppen von Flüchtlingen beschleunigte Asylverfahren durchlaufen sollen. Dies betrifft etwa Personen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten. Für Flüchtlinge, die nicht als persönlich verfolgt gelten und daher einen eingeschränkten ("subsidiären") Schutzstatus erhalten, soll der Familiennachzug für zwei Jahre ausgesetzt werden. Weiter ist vorgesehen, dass Asylbewerber sich mit zehn Euro Eigenanteil an Integrationskursen beteiligen müssen.

Zudem verständigte die Ministerrunde sich darauf, Marokko, Algerien und Tunesien zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, um Migranten aus diesen Staaten schneller in ihre Heimat abschieben zu können. Diese Neuregeung muss der Bundesrat billigen; das Asylpaket ist nicht zustimmungspflichtg.

Ankunfts- und Rückführungseinrichtung für Flüchtlinge im bayerischen Manching (Foto: dpa)
Ankunfts- und Rückführungseinrichtung für Flüchtlinge in BayernBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Langer Streit um Details

Auf die Eckpunkte des Asylpakets II hatten sich die Parteichefs von CDU, CSU und SPD, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, bereits im November 2015 verständigt. Bei der Ausarbeitung der Details gab es dann aber Streit zwischen den Koalitionsparteien.

Erst vor einer Woche hatte das Kabinett eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht, um kriminelle Ausländer leichter abschieben zu können. Dabei wurde das Strafmaß gesenkt, von dem an Verurteilte aus Deutschland ausgewiesen werden können.

"Nicht hilfreich für die Integration"

Die Grünen kritisierten das Asylpaket II scharf. Ihr Bundestagsabgeordneter und Bildungsexperte Özcan Mutlu sagte der Deutschen Welle, die Neuregelung des Familiennachzugs sei "alles andere als hilfreich für die Integration".

Vor allem die vielen unbegleiteten jugendlichen Flüchtlinge in Deutschland "denken an nichts anderes als an ihre Familien und können sich deshalb nicht auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist für eine Integration: Schule und das Erlernen der deutschen Sprache".

"Rechte werden ausgehebelt"

Auch der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, übte scharfe Kritik an der in der Koalition vereinbarten Begrenzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge. Dies begünstige auch den möglichen Missbrauch von Flüchtlingskindern, sagte Hilgers der "Frankfurter Rundschau". "Denn die ganzen Kinder- und Frauenrechte werden ausgehebelt mit dem Taschenspielertrick, dass es ein paar Menschen in Syrien gibt, die einen subsidiären Schutz haben."

Kinderrechte seien für den Ernstfall da, betonte Hilgers. Und obwohl dieser jetzt eingetreten sei, würden sie nicht geachtet. Der Präsident des Kinderschutzbundes fügte mit Blick auf die von der europäischen Polizeibehörde Europol genannte Zahl von 10.000 verschwundenen Flüchtlingskindern in Europa hinzu: "Es sind durch die Umstände sehr leichte Opfer." Solange die Kinder nicht registriert und in Obhut genommen seien, "sind sie recht- und schutzlos".

Der Präsident des Kinderschutzbundes, Hilgers (Foto: picture-alliance)
Der Präsident des Kinderschutzbundes, HilgersBild: picture-alliance

Kritik an "Politik der Härte"

Amnesty International, der Deutsche Anwaltsverein und Pro Asyl kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung, die Bundesregierung setze mit dem Asylpaket II "auf eine Politik von Härte und Unverhältnismäßigkeit gegenüber Menschen auf der Flucht". Besonders die neuen beschleunigten Asylverfahren gefährdeten "massiv" die Menschenrechte von Flüchtlingen.

wl/sti/gri (dpa, afp, rtr)