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Kalte Krieger zurück?

21. Juni 2015

Kremlchef Putin will sein Atomwaffen-Arsenal auffüllen, die NATO berät erstmals seit Jahren wieder über ihre strategischen Optionen einer nuklearen Abschreckung. Das Misstrauen ist groß.

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NATO-Manöver in Polen (foto: Getty Images)
Bild: Getty Images/S. Gallup

Kremlsprecher versichern wiederholt, man habe kein Interesse an einem neuen nuklearen Wettrüsten, allein schon aus Kostengründen. Mit Blick auf die Konfrontation um die Ukraine hat Präsident Wladimir Putin aber damit gedroht, zumindest schon einmal zusätzliche 40 Interkontinentalraketen anzuschaffen. Die NATO wird laut verschiedener Presseberichte Mitte kommender Woche nicht nur über die Stationierung schwerer Waffen in den östlichen Mitgliedsstaaten beraten, sondern auch wieder über ihre Nuklear-Strategie gegenüber Russland.

Grundlage der Gespräche der Verteidigungsminister sei ein geheimes Papier, das die Nato-Führung vorbereitet habe, berichtet die Zeitung "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Brüsseler Kreise. "Wir sind in großer Sorge über die nukleare Strategie Russlands. Atomwaffen spielen in der neuen russischen Strategie der so genannten hybriden Kriegsführung eine wichtige Rolle", zitiert das Blatt einen hochrangigen NATO-Diplomaten.

Das westliche Verteidigungsbündnis will demnach intensiv analysieren, wie Putin Atomwaffen in der aktuellen Situation nutzen könnte, wie stark die nuklearen Fähigkeiten Moskaus sind und welche Konsequenzen die Allianz daraus ziehen soll. Die Beratungen der Verteidigungsminister sollen dafür ein Auftakt sein. Offen sei noch, ob die NATO langfristig eine neue kohärente Abschreckungsstrategie entwickeln werde, die neben konventionellen auch nukleare Fähigkeiten einschließe, heißt es.

Nukleare Aufrüstung im Westen?

Das Nachrichtenportal "Spiegel online" hatte berichtet, die USA dächten als Reaktion auf eine angebliche Verletzung des INF-Abrüstungsvertrags durch russische Raketentests bereits an eine Stationierung landgestützter atomarer Marschflugkörper. Die Verbündeten in Europa hätten dabei aber erhebliche Zweifel. Anfang Februar hätten sich bei einem Treffen der NATO-Verteidigungsminister Deutschland und Frankreich grundsätzlich gegen eine solche Reaktion ausgesprochen-

Bei der deutschen Bundeswehr wurden indes erneut Zweifel geäußert an der aktuellen Kampfkraft der Landstreitkräfte. Nach Ansicht des scheidenden Heeres-Inspekteurs Bruno Kasdorf werden innerhalb der nächsten zehn Jahre zahlreiche neue Waffen und Geräte gebraucht. Im Deutschlandfunk wies Kasdorf darauf hin, dass das Heer momentan nur über 70 bis 80 Prozent der nötigen Ausstattung verfüge.

Diese Lücke sei nicht schnell zu schließen. Dazu fehlten das Geld, aber auch die industriellen Kapazitäten. Die beschlossene Anhebung des Verteidigungshaushalts sei eine Trendwende in die richtige Richtung.

Ablösung im Kosovo?

Kasdorf regte zudem an, dass der soeben verlängerte Einsatz der Bundeswehr im Kosovo demnächst von einem Partnerland aus der NATO übernommen werden solle. Noch gebe es im Kosovo "kritische Gebiete", die die Anwesenheit von NATO-Truppen nötig machten. Man sollte sich aber überlegen, wie man die Arbeitsteilung im Bündnis oder im europäischen Rahmen anders gestalten könne.

SC/uh (rtr, dpa, WamS)